Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



Freude junger Jahre, an meinen weltlichen Vor-
theilen, die ich in Ansehung meiner Glücksum-
stände vor mir habe, und nun ganz neulich an der
reizungsvollen Hoffnung, welche mir die werthe,
dreymal werthe, und auf ewig werthe Fräulein
Harlowe gemacht hat, daß, wenn ich auch ver-
sichert wäre, es würde mir in jener Welt nichts
böses widerfahren, ich doch sehr ungern, ja, wo du
es so haben willst, mit großer Furcht und vielem
Schrecken, mein Leben und alle diese Dinge zu-
gleich hingeben würde: und gleichwohl fürchtet
sich kein rechtschaffener Kerl vor dem Tode weni-
ger, als ich, wann es die Ehre erfordert.

Allein ich habe weder Lust noch Muße, deine
bleyerne Gründe, anders als im Ganzen, oder,
wie du sagen würdest, im Klumpen, auf die
Wagschaale zu legen.

Wo ich deine Briefe zurücksende: so theile
sie mir nach Verlauf einiger Zeit wieder mit;
das soll heißen, wann ich verheyrathet bin; oder
wenn der arme Belton halb vergessen ist; oder
wenn die Zeit den ehrlichen Kerl mit denen in ei-
ne Reihe gebracht hat, die wir so lange verloh-
ren haben, daß wir uns ihrer mit mehrerem Ver-
gnügen als Kummer erinnern können; und als-
denn kann ich sie vielleicht mit Fleiß durchgehen,
und mich so weit, als du willst, in die Untersuchung
ihres Jnhalts mit dir einlassen.

Wann ich verheyrathet bin, sagte ich?
- - Wie klinget das!

Jch



Freude junger Jahre, an meinen weltlichen Vor-
theilen, die ich in Anſehung meiner Gluͤcksum-
ſtaͤnde vor mir habe, und nun ganz neulich an der
reizungsvollen Hoffnung, welche mir die werthe,
dreymal werthe, und auf ewig werthe Fraͤulein
Harlowe gemacht hat, daß, wenn ich auch ver-
ſichert waͤre, es wuͤrde mir in jener Welt nichts
boͤſes widerfahren, ich doch ſehr ungern, ja, wo du
es ſo haben willſt, mit großer Furcht und vielem
Schrecken, mein Leben und alle dieſe Dinge zu-
gleich hingeben wuͤrde: und gleichwohl fuͤrchtet
ſich kein rechtſchaffener Kerl vor dem Tode weni-
ger, als ich, wann es die Ehre erfordert.

Allein ich habe weder Luſt noch Muße, deine
bleyerne Gruͤnde, anders als im Ganzen, oder,
wie du ſagen wuͤrdeſt, im Klumpen, auf die
Wagſchaale zu legen.

Wo ich deine Briefe zuruͤckſende: ſo theile
ſie mir nach Verlauf einiger Zeit wieder mit;
das ſoll heißen, wann ich verheyrathet bin; oder
wenn der arme Belton halb vergeſſen iſt; oder
wenn die Zeit den ehrlichen Kerl mit denen in ei-
ne Reihe gebracht hat, die wir ſo lange verloh-
ren haben, daß wir uns ihrer mit mehrerem Ver-
gnuͤgen als Kummer erinnern koͤnnen; und als-
denn kann ich ſie vielleicht mit Fleiß durchgehen,
und mich ſo weit, als du willſt, in die Unterſuchung
ihres Jnhalts mit dir einlaſſen.

Wann ich verheyrathet bin, ſagte ich?
‒ ‒ Wie klinget das!

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="46"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Freude junger Jahre, an meinen weltlichen Vor-<lb/>
theilen, die ich in An&#x017F;ehung meiner Glu&#x0364;cksum-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde vor mir habe, und nun ganz neulich an der<lb/>
reizungsvollen Hoffnung, welche mir die werthe,<lb/>
dreymal werthe, und auf ewig werthe Fra&#x0364;ulein<lb/><hi rendition="#fr">Harlowe</hi> gemacht hat, daß, wenn ich auch ver-<lb/>
&#x017F;ichert wa&#x0364;re, es wu&#x0364;rde mir in jener Welt nichts<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;es widerfahren, ich doch &#x017F;ehr ungern, ja, wo du<lb/>
es &#x017F;o haben will&#x017F;t, mit großer <hi rendition="#fr">Furcht</hi> und vielem<lb/><hi rendition="#fr">Schrecken,</hi> mein Leben und alle die&#x017F;e Dinge zu-<lb/>
gleich hingeben wu&#x0364;rde: und gleichwohl fu&#x0364;rchtet<lb/>
&#x017F;ich kein recht&#x017F;chaffener Kerl vor dem Tode weni-<lb/>
ger, als ich, wann es die Ehre erfordert.</p><lb/>
          <p>Allein ich habe weder Lu&#x017F;t noch Muße, deine<lb/><hi rendition="#fr">bleyerne</hi> Gru&#x0364;nde, anders als im <hi rendition="#fr">Ganzen,</hi> oder,<lb/>
wie du &#x017F;agen wu&#x0364;rde&#x017F;t, im <hi rendition="#fr">Klumpen,</hi> auf die<lb/>
Wag&#x017F;chaale zu legen.</p><lb/>
          <p>Wo ich deine Briefe zuru&#x0364;ck&#x017F;ende: &#x017F;o theile<lb/>
&#x017F;ie mir nach Verlauf einiger Zeit wieder mit;<lb/>
das &#x017F;oll heißen, wann ich verheyrathet bin; oder<lb/>
wenn der arme Belton halb verge&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t; oder<lb/>
wenn die Zeit den ehrlichen Kerl mit denen in ei-<lb/>
ne Reihe gebracht hat, die wir <hi rendition="#fr">&#x017F;o lange</hi> verloh-<lb/>
ren haben, daß wir uns ihrer mit mehrerem Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen als Kummer erinnern ko&#x0364;nnen; und als-<lb/>
denn kann ich &#x017F;ie vielleicht mit Fleiß durchgehen,<lb/>
und mich &#x017F;o weit, als du will&#x017F;t, in die Unter&#x017F;uchung<lb/>
ihres Jnhalts mit dir einla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Wann ich verheyrathet bin,</hi> &#x017F;agte ich?<lb/>
&#x2012; &#x2012; Wie klinget das!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0052] Freude junger Jahre, an meinen weltlichen Vor- theilen, die ich in Anſehung meiner Gluͤcksum- ſtaͤnde vor mir habe, und nun ganz neulich an der reizungsvollen Hoffnung, welche mir die werthe, dreymal werthe, und auf ewig werthe Fraͤulein Harlowe gemacht hat, daß, wenn ich auch ver- ſichert waͤre, es wuͤrde mir in jener Welt nichts boͤſes widerfahren, ich doch ſehr ungern, ja, wo du es ſo haben willſt, mit großer Furcht und vielem Schrecken, mein Leben und alle dieſe Dinge zu- gleich hingeben wuͤrde: und gleichwohl fuͤrchtet ſich kein rechtſchaffener Kerl vor dem Tode weni- ger, als ich, wann es die Ehre erfordert. Allein ich habe weder Luſt noch Muße, deine bleyerne Gruͤnde, anders als im Ganzen, oder, wie du ſagen wuͤrdeſt, im Klumpen, auf die Wagſchaale zu legen. Wo ich deine Briefe zuruͤckſende: ſo theile ſie mir nach Verlauf einiger Zeit wieder mit; das ſoll heißen, wann ich verheyrathet bin; oder wenn der arme Belton halb vergeſſen iſt; oder wenn die Zeit den ehrlichen Kerl mit denen in ei- ne Reihe gebracht hat, die wir ſo lange verloh- ren haben, daß wir uns ihrer mit mehrerem Ver- gnuͤgen als Kummer erinnern koͤnnen; und als- denn kann ich ſie vielleicht mit Fleiß durchgehen, und mich ſo weit, als du willſt, in die Unterſuchung ihres Jnhalts mit dir einlaſſen. Wann ich verheyrathet bin, ſagte ich? ‒ ‒ Wie klinget das! Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/52
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/52>, abgerufen am 25.11.2024.