Lord M. der sich wieder ins Mittel schlug, als wir beyde hinaus gehen wollten. Und was wird das helfen, meine Herren? Gesetzt, sie tödten einander: wird die Sache dadurch bes- ser oder schlimmer werden? Was meynen sie: wird die Fräulein durch eines von ihnen oder ih- rer beyder Tod glücklicher oder unglücklicher wer- den? Jhre Gemüthsarten sind allzuwohl bekannt, daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von ihnen beyden brauchen sollte. Und ich denke, Herr Obrist; wo sie auf die Ehre der Fräulein ihr Au- genmerk gerichtet haben, daß diese auf keine Wei- se so nachdrücklich, als durch die Ehe befördert werden kann. Wollten sie, mein Herr, das, was sie bey ihr vermögen, anwenden, sie zu gewin- nen: so ist es sehr wahrscheinlich, daß sie zu dem gewünschten Zweck kommen mögen; ob es gleich sonst niemand kann.
Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles gesagt habe, was ein Mensch sagen kann: da das, was geschehen ist, sich nicht zurückrufen läßt. Sie sehen aber, daß der Herr Obrist Morden bestän- dig um so viel heftiger wird, als ich gelassener bin, bis ich genöthigt werde, meine Person zu behau- pten: sonst würde er mich gar verachten.
Lord M. Erlauben sie mir, Herr Obrist, sie zu fragen: Wissen sie einen Weg, ein Mittel, das sie für vernünftig und anständig zu einem Vorschlage ansehen, um eine Aussöhnung mit der Fräulein zu Stande zu bringen? Das ist, was wir alle wünschen. Und ich kann ihnen sagen,
mein
Lord M. der ſich wieder ins Mittel ſchlug, als wir beyde hinaus gehen wollten. Und was wird das helfen, meine Herren? Geſetzt, ſie toͤdten einander: wird die Sache dadurch beſ- ſer oder ſchlimmer werden? Was meynen ſie: wird die Fraͤulein durch eines von ihnen oder ih- rer beyder Tod gluͤcklicher oder ungluͤcklicher wer- den? Jhre Gemuͤthsarten ſind allzuwohl bekannt, daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von ihnen beyden brauchen ſollte. Und ich denke, Herr Obriſt; wo ſie auf die Ehre der Fraͤulein ihr Au- genmerk gerichtet haben, daß dieſe auf keine Wei- ſe ſo nachdruͤcklich, als durch die Ehe befoͤrdert werden kann. Wollten ſie, mein Herr, das, was ſie bey ihr vermoͤgen, anwenden, ſie zu gewin- nen: ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſie zu dem gewuͤnſchten Zweck kommen moͤgen; ob es gleich ſonſt niemand kann.
Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles geſagt habe, was ein Menſch ſagen kann: da das, was geſchehen iſt, ſich nicht zuruͤckrufen laͤßt. Sie ſehen aber, daß der Herr Obriſt Morden beſtaͤn- dig um ſo viel heftiger wird, als ich gelaſſener bin, bis ich genoͤthigt werde, meine Perſon zu behau- pten: ſonſt wuͤrde er mich gar verachten.
Lord M. Erlauben ſie mir, Herr Obriſt, ſie zu fragen: Wiſſen ſie einen Weg, ein Mittel, das ſie fuͤr vernuͤnftig und anſtaͤndig zu einem Vorſchlage anſehen, um eine Ausſoͤhnung mit der Fraͤulein zu Stande zu bringen? Das iſt, was wir alle wuͤnſchen. Und ich kann ihnen ſagen,
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Lord M. der ſich wieder ins Mittel
ſchlug, als wir beyde hinaus gehen wollten.
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ſer oder ſchlimmer werden? Was meynen ſie:
wird die Fraͤulein durch eines von ihnen oder ih-
rer beyder Tod gluͤcklicher oder ungluͤcklicher wer-
den? Jhre Gemuͤthsarten ſind allzuwohl bekannt,
daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von
ihnen beyden brauchen ſollte. Und ich denke, Herr
Obriſt; wo ſie auf die Ehre der Fraͤulein ihr Au-
genmerk gerichtet haben, daß dieſe auf keine Wei-
ſe ſo nachdruͤcklich, als durch die Ehe befoͤrdert
werden kann. Wollten ſie, mein Herr, das, was
ſie bey ihr vermoͤgen, anwenden, ſie zu gewin-
nen: ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſie zu dem
gewuͤnſchten Zweck kommen moͤgen; ob es gleich
ſonſt niemand kann.
Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles
geſagt habe, was ein Menſch ſagen kann: da das,
was geſchehen iſt, ſich nicht zuruͤckrufen laͤßt. Sie
ſehen aber, daß der Herr Obriſt Morden beſtaͤn-
dig um ſo viel heftiger wird, als ich gelaſſener bin,
bis ich genoͤthigt werde, meine Perſon zu behau-
pten: ſonſt wuͤrde er mich gar verachten.
Lord M. Erlauben ſie mir, Herr Obriſt, ſie
zu fragen: Wiſſen ſie einen Weg, ein Mittel,
das ſie fuͤr vernuͤnftig und anſtaͤndig zu einem
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/211>, abgerufen am 23.11.2024.
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