Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



sen, sondern weil sie den schändlichen Verhaft
verursachet, und in des Gerichtsdieners Hause,
auf eine übermüthige Art, ihren Spott mit ihr
getrieben hatten.

Jch putzte mich mit einem noch niemals ge-
tragenen Anzug aus, den ich zu einen von mei-
nen Hochzeitskleidern bestimmt hatte: - - und
gefiel mir darinn so wohl, daß ich anfing mit dir
zu denken, die äußerliche Seite wäre bey mir die
beste.

Jch nahm eine Sänste, mich zu Smithens
Hause tragen zu lassen, und mein Herz schlug, daß
ich sein Klopfen beynahe hören konnte, bis an mei-
ne Kehle, vor gewisser Erwartung, meine Gelieb-
te zu sehen. Jch schlug meine Finger zusammen,
wie man mit mir forttanzte. Jch befahl mei-
nen Augen, wechselsweise matt und feurig zu seyn.
Jch schwatzte mit meinen Knieen und sagte ihnen,
wie sie sich beugen müßten. Jch spielte, in der
Sprache eines, der etwas rührend zu beschreiben
weiß, meine Rolle so wohl in Gedanken, als in
Worten, die ich zu mir selbst redete:

So will ich zärtlich knieend klagen;
So schmeichelnd um Erbarmen flehn;
So, meine Sache vorzutragen,
Auf meines Kummers Macht bestehn;
So den vermuthlich scheelen Blicken
Durch Seufzen, auf dem Fall, entfliehn;
Und so ein günstiges Erquicken
Aus ihren sanften Augen ziehn.
Auf



ſen, ſondern weil ſie den ſchaͤndlichen Verhaft
verurſachet, und in des Gerichtsdieners Hauſe,
auf eine uͤbermuͤthige Art, ihren Spott mit ihr
getrieben hatten.

Jch putzte mich mit einem noch niemals ge-
tragenen Anzug aus, den ich zu einen von mei-
nen Hochzeitskleidern beſtimmt hatte: ‒ ‒ und
gefiel mir darinn ſo wohl, daß ich anfing mit dir
zu denken, die aͤußerliche Seite waͤre bey mir die
beſte.

Jch nahm eine Saͤnſte, mich zu Smithens
Hauſe tragen zu laſſen, und mein Herz ſchlug, daß
ich ſein Klopfen beynahe hoͤren konnte, bis an mei-
ne Kehle, vor gewiſſer Erwartung, meine Gelieb-
te zu ſehen. Jch ſchlug meine Finger zuſammen,
wie man mit mir forttanzte. Jch befahl mei-
nen Augen, wechſelsweiſe matt und feurig zu ſeyn.
Jch ſchwatzte mit meinen Knieen und ſagte ihnen,
wie ſie ſich beugen muͤßten. Jch ſpielte, in der
Sprache eines, der etwas ruͤhrend zu beſchreiben
weiß, meine Rolle ſo wohl in Gedanken, als in
Worten, die ich zu mir ſelbſt redete:

So will ich zaͤrtlich knieend klagen;
So ſchmeichelnd um Erbarmen flehn;
So, meine Sache vorzutragen,
Auf meines Kummers Macht beſtehn;
So den vermuthlich ſcheelen Blicken
Durch Seufzen, auf dem Fall, entfliehn;
Und ſo ein guͤnſtiges Erquicken
Aus ihren ſanften Augen ziehn.
Auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0800" n="794"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;en, &#x017F;ondern weil &#x017F;ie den &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Verhaft<lb/>
verur&#x017F;achet, und in des Gerichtsdieners Hau&#x017F;e,<lb/>
auf eine u&#x0364;bermu&#x0364;thige Art, ihren Spott mit ihr<lb/>
getrieben hatten.</p><lb/>
          <p>Jch putzte mich mit einem noch niemals ge-<lb/>
tragenen Anzug aus, den ich zu einen von mei-<lb/>
nen Hochzeitskleidern be&#x017F;timmt hatte: &#x2012; &#x2012; und<lb/>
gefiel mir darinn &#x017F;o wohl, daß ich anfing mit dir<lb/>
zu denken, die a&#x0364;ußerliche Seite wa&#x0364;re bey mir die<lb/>
be&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>Jch nahm eine Sa&#x0364;n&#x017F;te, mich zu Smithens<lb/>
Hau&#x017F;e tragen zu la&#x017F;&#x017F;en, und mein Herz &#x017F;chlug, daß<lb/>
ich &#x017F;ein Klopfen beynahe ho&#x0364;ren konnte, bis an mei-<lb/>
ne Kehle, vor gewi&#x017F;&#x017F;er Erwartung, meine Gelieb-<lb/>
te zu &#x017F;ehen. Jch &#x017F;chlug meine Finger zu&#x017F;ammen,<lb/>
wie man mit mir forttanzte. Jch befahl mei-<lb/>
nen Augen, wech&#x017F;elswei&#x017F;e matt und feurig zu &#x017F;eyn.<lb/>
Jch &#x017F;chwatzte mit meinen Knieen und &#x017F;agte ihnen,<lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;ich beugen mu&#x0364;ßten. Jch &#x017F;pielte, in der<lb/>
Sprache eines, der etwas ru&#x0364;hrend zu be&#x017F;chreiben<lb/>
weiß, meine Rolle &#x017F;o wohl in Gedanken, als in<lb/>
Worten, die ich zu mir &#x017F;elb&#x017F;t redete:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#fr">So</hi> will ich za&#x0364;rtlich knieend klagen;</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">So</hi> &#x017F;chmeichelnd um Erbarmen flehn;</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">So</hi>, meine Sache vorzutragen,</l><lb/>
            <l>Auf meines Kummers Macht be&#x017F;tehn;</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">So</hi> den vermuthlich &#x017F;cheelen Blicken</l><lb/>
            <l>Durch Seufzen, auf dem Fall, entfliehn;</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o ein gu&#x0364;n&#x017F;tiges Erquicken</l><lb/>
            <l>Aus ihren &#x017F;anften Augen ziehn.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Auf</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[794/0800] ſen, ſondern weil ſie den ſchaͤndlichen Verhaft verurſachet, und in des Gerichtsdieners Hauſe, auf eine uͤbermuͤthige Art, ihren Spott mit ihr getrieben hatten. Jch putzte mich mit einem noch niemals ge- tragenen Anzug aus, den ich zu einen von mei- nen Hochzeitskleidern beſtimmt hatte: ‒ ‒ und gefiel mir darinn ſo wohl, daß ich anfing mit dir zu denken, die aͤußerliche Seite waͤre bey mir die beſte. Jch nahm eine Saͤnſte, mich zu Smithens Hauſe tragen zu laſſen, und mein Herz ſchlug, daß ich ſein Klopfen beynahe hoͤren konnte, bis an mei- ne Kehle, vor gewiſſer Erwartung, meine Gelieb- te zu ſehen. Jch ſchlug meine Finger zuſammen, wie man mit mir forttanzte. Jch befahl mei- nen Augen, wechſelsweiſe matt und feurig zu ſeyn. Jch ſchwatzte mit meinen Knieen und ſagte ihnen, wie ſie ſich beugen muͤßten. Jch ſpielte, in der Sprache eines, der etwas ruͤhrend zu beſchreiben weiß, meine Rolle ſo wohl in Gedanken, als in Worten, die ich zu mir ſelbſt redete: So will ich zaͤrtlich knieend klagen; So ſchmeichelnd um Erbarmen flehn; So, meine Sache vorzutragen, Auf meines Kummers Macht beſtehn; So den vermuthlich ſcheelen Blicken Durch Seufzen, auf dem Fall, entfliehn; Und ſo ein guͤnſtiges Erquicken Aus ihren ſanften Augen ziehn. Auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/800
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 794. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/800>, abgerufen am 23.11.2024.