Schwestern, an Sie selbst, wertheste Fräulein, und an Jhre Schwester, eine Bitte ergehen zu lassen. - - Es ist diese, daß Sie alle die Ge- wogenheit haben wollen, Herrn Lovelacen durch Jhr vereinigtes Ansehen und Bestreben dahin zu bringen, daß er mir nicht weiter beschwerlich falle.
Haben Sie die Güte ihm vorzustellen, daß, wo mir die Vorsicht ein längers Leben zuge- dacht hat, es an ihm sehr grausam seyn werde, wenn er mich aus demselben zu jagen versuchen will. Es wird um so viel grausamer seyn, da er weiß, daß ich niemand habe, der mich vor ihm schütze. Jch wünsche auch niemand zu seinem oder desselben eignen Schaden auf meine Seite zu bringen.
Bin ich hingegen zum Tode bestimmet: so wird es nicht weniger grausam seyn, wenn er mich nicht in Ruhe sterben lassen will - - - da ich ihm ein geruhiges und glückliches Ende wün- sche. Jn Wahrheit, ich thue es.
Sie aber, wertheste Fräulein, und alle An- gehörigen der ansehnlichen Familie, überschütte der Himmel mit allen Gütern dieses Lebens. Das ist der Wunsch einer Person, deren Unglück es ist, daß sie genöthigt wird, allen andern Ehrenna- men zu entsagen, außer diesem, wodurch sie sich [verlorenes Material - 2 Zeichen fehlen]nnet
Wertheste Fräulein, Jhre und Derselben verbundne und getreue Dienerinn Clarissa Harlowe.
Der
Schweſtern, an Sie ſelbſt, wertheſte Fraͤulein, und an Jhre Schweſter, eine Bitte ergehen zu laſſen. ‒ ‒ Es iſt dieſe, daß Sie alle die Ge- wogenheit haben wollen, Herrn Lovelacen durch Jhr vereinigtes Anſehen und Beſtreben dahin zu bringen, daß er mir nicht weiter beſchwerlich falle.
Haben Sie die Guͤte ihm vorzuſtellen, daß, wo mir die Vorſicht ein laͤngers Leben zuge- dacht hat, es an ihm ſehr grauſam ſeyn werde, wenn er mich aus demſelben zu jagen verſuchen will. Es wird um ſo viel grauſamer ſeyn, da er weiß, daß ich niemand habe, der mich vor ihm ſchuͤtze. Jch wuͤnſche auch niemand zu ſeinem oder deſſelben eignen Schaden auf meine Seite zu bringen.
Bin ich hingegen zum Tode beſtimmet: ſo wird es nicht weniger grauſam ſeyn, wenn er mich nicht in Ruhe ſterben laſſen will ‒ ‒ ‒ da ich ihm ein geruhiges und gluͤckliches Ende wuͤn- ſche. Jn Wahrheit, ich thue es.
Sie aber, wertheſte Fraͤulein, und alle An- gehoͤrigen der anſehnlichen Familie, uͤberſchuͤtte der Himmel mit allen Guͤtern dieſes Lebens. Das iſt der Wunſch einer Perſon, deren Ungluͤck es iſt, daß ſie genoͤthigt wird, allen andern Ehrenna- men zu entſagen, außer dieſem, wodurch ſie ſich [verlorenes Material – 2 Zeichen fehlen]nnet
Wertheſte Fraͤulein, Jhre und Derſelben verbundne und getreue Dienerinn Clariſſa Harlowe.
Der
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Schweſtern, an Sie ſelbſt, wertheſte Fraͤulein,
und an Jhre Schweſter, eine Bitte ergehen zu
laſſen. ‒ ‒ Es iſt dieſe, daß Sie alle die Ge-
wogenheit haben wollen, Herrn Lovelacen durch
Jhr vereinigtes Anſehen und Beſtreben dahin zu
bringen, daß er mir nicht weiter beſchwerlich falle.
Haben Sie die Guͤte ihm vorzuſtellen, daß,
wo mir die Vorſicht ein laͤngers Leben zuge-
dacht hat, es an ihm ſehr grauſam ſeyn werde,
wenn er mich aus demſelben zu jagen verſuchen
will. Es wird um ſo viel grauſamer ſeyn, da
er weiß, daß ich niemand habe, der mich vor ihm
ſchuͤtze. Jch wuͤnſche auch niemand zu ſeinem
oder deſſelben eignen Schaden auf meine Seite
zu bringen.
Bin ich hingegen zum Tode beſtimmet: ſo
wird es nicht weniger grauſam ſeyn, wenn er
mich nicht in Ruhe ſterben laſſen will ‒ ‒ ‒ da
ich ihm ein geruhiges und gluͤckliches Ende wuͤn-
ſche. Jn Wahrheit, ich thue es.
Sie aber, wertheſte Fraͤulein, und alle An-
gehoͤrigen der anſehnlichen Familie, uͤberſchuͤtte
der Himmel mit allen Guͤtern dieſes Lebens. Das
iſt der Wunſch einer Perſon, deren Ungluͤck es iſt,
daß ſie genoͤthigt wird, allen andern Ehrenna-
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Wertheſte Fraͤulein,
Jhre und Derſelben verbundne und
getreue Dienerinn
Clariſſa Harlowe.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/678>, abgerufen am 22.11.2024.
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