Jch bitte um Verzeihung, gnädige Fräulein, ich muß gewiß, mit ihrer Fr. Mutter Erlaubniß, auf einige Augenblicke eine Unterredung mit ih- nen haben; entweder hier, oder in ihrem eignen Hause: und ich ersuche, mir dazu Gelegenheit zu verstatten.
Annchen, sagte meine Mutter, hört, was er euch zu sagen hat. Jn meiner Gegenwart möcht ihr es wohl thun: und besser in dem nächsten Zimmer, wenn es seyn muß, als daß er zu euch in unser eignes Haus komme.
Darauf trat ich in die eine Ecke des Saals. Meine Mutter folgte mir, und er folgte ihr mit Herrn Hickmann, den er unter dem Arm gefaßt hatte - - Nun, mein Herr, sprach ich, was ha- ben sie denn zu sagen? - - Sagen sie es mir hier.
Jch habe mich gegen Herrn Hickmann schon erkläret, fing er an, wie sehr ich wegen der Be- leidigungen, die dem vortrefflichsten Frauenzim- mer in der Welt von mir widerfahren sind, be- kümmert sey: daß sie zwar das letzte mal, da ich die Ehre gehabt sie zu sehen, einen so herrlichen Sieg über mich erhalten habe, der, nebst meiner Reue, billig ihren vorigen Unwillen hätte mäßi- gen sollen; daß ich aber dennoch von ganzem Herzen mir alle Maaßregeln gefallen lassen wol- le, Vergebung von ihr zu erlangen. Meine Ba- sen Montague haben ihnen eben das eröffnet. Die Lady Elisabeth und Lady Sarah, und mein Lord M. haben sich für meine Ehre verbürget.
Jch
Jch bitte um Verzeihung, gnaͤdige Fraͤulein, ich muß gewiß, mit ihrer Fr. Mutter Erlaubniß, auf einige Augenblicke eine Unterredung mit ih- nen haben; entweder hier, oder in ihrem eignen Hauſe: und ich erſuche, mir dazu Gelegenheit zu verſtatten.
Annchen, ſagte meine Mutter, hoͤrt, was er euch zu ſagen hat. Jn meiner Gegenwart moͤcht ihr es wohl thun: und beſſer in dem naͤchſten Zimmer, wenn es ſeyn muß, als daß er zu euch in unſer eignes Haus komme.
Darauf trat ich in die eine Ecke des Saals. Meine Mutter folgte mir, und er folgte ihr mit Herrn Hickmann, den er unter dem Arm gefaßt hatte ‒ ‒ Nun, mein Herr, ſprach ich, was ha- ben ſie denn zu ſagen? ‒ ‒ Sagen ſie es mir hier.
Jch habe mich gegen Herrn Hickmann ſchon erklaͤret, fing er an, wie ſehr ich wegen der Be- leidigungen, die dem vortrefflichſten Frauenzim- mer in der Welt von mir widerfahren ſind, be- kuͤmmert ſey: daß ſie zwar das letzte mal, da ich die Ehre gehabt ſie zu ſehen, einen ſo herrlichen Sieg uͤber mich erhalten habe, der, nebſt meiner Reue, billig ihren vorigen Unwillen haͤtte maͤßi- gen ſollen; daß ich aber dennoch von ganzem Herzen mir alle Maaßregeln gefallen laſſen wol- le, Vergebung von ihr zu erlangen. Meine Ba- ſen Montague haben ihnen eben das eroͤffnet. Die Lady Eliſabeth und Lady Sarah, und mein Lord M. haben ſich fuͤr meine Ehre verbuͤrget.
Jch
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Jch bitte um Verzeihung, gnaͤdige Fraͤulein,
ich muß gewiß, mit ihrer Fr. Mutter Erlaubniß,
auf einige Augenblicke eine Unterredung mit ih-
nen haben; entweder hier, oder in ihrem eignen
Hauſe: und ich erſuche, mir dazu Gelegenheit
zu verſtatten.
Annchen, ſagte meine Mutter, hoͤrt, was er
euch zu ſagen hat. Jn meiner Gegenwart moͤcht
ihr es wohl thun: und beſſer in dem naͤchſten
Zimmer, wenn es ſeyn muß, als daß er zu euch
in unſer eignes Haus komme.
Darauf trat ich in die eine Ecke des Saals.
Meine Mutter folgte mir, und er folgte ihr mit
Herrn Hickmann, den er unter dem Arm gefaßt
hatte ‒ ‒ Nun, mein Herr, ſprach ich, was ha-
ben ſie denn zu ſagen? ‒ ‒ Sagen ſie es mir
hier.
Jch habe mich gegen Herrn Hickmann ſchon
erklaͤret, fing er an, wie ſehr ich wegen der Be-
leidigungen, die dem vortrefflichſten Frauenzim-
mer in der Welt von mir widerfahren ſind, be-
kuͤmmert ſey: daß ſie zwar das letzte mal, da ich
die Ehre gehabt ſie zu ſehen, einen ſo herrlichen
Sieg uͤber mich erhalten habe, der, nebſt meiner
Reue, billig ihren vorigen Unwillen haͤtte maͤßi-
gen ſollen; daß ich aber dennoch von ganzem
Herzen mir alle Maaßregeln gefallen laſſen wol-
le, Vergebung von ihr zu erlangen. Meine Ba-
ſen Montague haben ihnen eben das eroͤffnet.
Die Lady Eliſabeth und Lady Sarah, und mein
Lord M. haben ſich fuͤr meine Ehre verbuͤrget.
Jch
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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