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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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stand, auf den Menschen und sein Bezeigen Ach-
tung zu geben. Er jagte mir durch seine Blicke
und seine heftige Regungen, wie er mich starr
ansahe, Schrecken ein. Augenscheinliche Regun-
gen von heimlicher Freude. Darauf habe ich
mich nachher besonnen. Seine Reden waren
kurz und alle so ausgesprochen, als wenn ihm der
Athem zurückgehalten würde. Niemals hatte
ich so abscheuliche Blicke in seinen Augen gese-
hen, als sie damals waren - - Sieg und Froh-
locken mahlte sich in denselben ab. - Sie waren
grimmig und wild, und mir noch mehr zuwider,
als mir die Blicke der Weibsleute in dem schänd-
lichen Hause schienen, da ich sie das erste mal sa-
he. Bisweilen warf er einen so scheelen und
Unglück bedeutenden Blick auf mich! - - Jch
würde die ganze Welt darum gegeben haben, daß
ich hundert Meilen von ihm gewesen wäre. Jn-
zwischen war sein Bezeigen wohlanständig - -
Doch war es ein Wohlstand, weswegen er sich
Gewalt anthun mußte: wie ich wohl hätte ein-
sehen können - - Denn er erhaschte zwey oder
dreymal meine Hand mit einer solchen Heftigkeit
in seinem Zugreifen, daß es mir wehe that, und
sprach dabey durch seine zusammengeschlossene
Zähne, wie es schien, einige zärtliche Worte. Er
ließ zwar auch die Hand wieder los, mit einem
bettlermäßig demüthigen Tone, wie das schänd-
liche Weib eben vorher angenommen hatte, der
halb inwendig schallte: jedoch ließ sich unter sei-
nen Worten und seiner Art zu handeln eine star-

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ſtand, auf den Menſchen und ſein Bezeigen Ach-
tung zu geben. Er jagte mir durch ſeine Blicke
und ſeine heftige Regungen, wie er mich ſtarr
anſahe, Schrecken ein. Augenſcheinliche Regun-
gen von heimlicher Freude. Darauf habe ich
mich nachher beſonnen. Seine Reden waren
kurz und alle ſo ausgeſprochen, als wenn ihm der
Athem zuruͤckgehalten wuͤrde. Niemals hatte
ich ſo abſcheuliche Blicke in ſeinen Augen geſe-
hen, als ſie damals waren ‒ ‒ Sieg und Froh-
locken mahlte ſich in denſelben ab. ‒ Sie waren
grimmig und wild, und mir noch mehr zuwider,
als mir die Blicke der Weibsleute in dem ſchaͤnd-
lichen Hauſe ſchienen, da ich ſie das erſte mal ſa-
he. Bisweilen warf er einen ſo ſcheelen und
Ungluͤck bedeutenden Blick auf mich! ‒ ‒ Jch
wuͤrde die ganze Welt darum gegeben haben, daß
ich hundert Meilen von ihm geweſen waͤre. Jn-
zwiſchen war ſein Bezeigen wohlanſtaͤndig ‒ ‒
Doch war es ein Wohlſtand, weswegen er ſich
Gewalt anthun mußte: wie ich wohl haͤtte ein-
ſehen koͤnnen ‒ ‒ Denn er erhaſchte zwey oder
dreymal meine Hand mit einer ſolchen Heftigkeit
in ſeinem Zugreifen, daß es mir wehe that, und
ſprach dabey durch ſeine zuſammengeſchloſſene
Zaͤhne, wie es ſchien, einige zaͤrtliche Worte. Er
ließ zwar auch die Hand wieder los, mit einem
bettlermaͤßig demuͤthigen Tone, wie das ſchaͤnd-
liche Weib eben vorher angenommen hatte, der
halb inwendig ſchallte: jedoch ließ ſich unter ſei-
nen Worten und ſeiner Art zu handeln eine ſtar-

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[135/0141] ſtand, auf den Menſchen und ſein Bezeigen Ach- tung zu geben. Er jagte mir durch ſeine Blicke und ſeine heftige Regungen, wie er mich ſtarr anſahe, Schrecken ein. Augenſcheinliche Regun- gen von heimlicher Freude. Darauf habe ich mich nachher beſonnen. Seine Reden waren kurz und alle ſo ausgeſprochen, als wenn ihm der Athem zuruͤckgehalten wuͤrde. Niemals hatte ich ſo abſcheuliche Blicke in ſeinen Augen geſe- hen, als ſie damals waren ‒ ‒ Sieg und Froh- locken mahlte ſich in denſelben ab. ‒ Sie waren grimmig und wild, und mir noch mehr zuwider, als mir die Blicke der Weibsleute in dem ſchaͤnd- lichen Hauſe ſchienen, da ich ſie das erſte mal ſa- he. Bisweilen warf er einen ſo ſcheelen und Ungluͤck bedeutenden Blick auf mich! ‒ ‒ Jch wuͤrde die ganze Welt darum gegeben haben, daß ich hundert Meilen von ihm geweſen waͤre. Jn- zwiſchen war ſein Bezeigen wohlanſtaͤndig ‒ ‒ Doch war es ein Wohlſtand, weswegen er ſich Gewalt anthun mußte: wie ich wohl haͤtte ein- ſehen koͤnnen ‒ ‒ Denn er erhaſchte zwey oder dreymal meine Hand mit einer ſolchen Heftigkeit in ſeinem Zugreifen, daß es mir wehe that, und ſprach dabey durch ſeine zuſammengeſchloſſene Zaͤhne, wie es ſchien, einige zaͤrtliche Worte. Er ließ zwar auch die Hand wieder los, mit einem bettlermaͤßig demuͤthigen Tone, wie das ſchaͤnd- liche Weib eben vorher angenommen hatte, der halb inwendig ſchallte: jedoch ließ ſich unter ſei- nen Worten und ſeiner Art zu handeln eine ſtar- ke J 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/141>, abgerufen am 22.11.2024.