So stehen sie denn auf, mein Engel, und blei- ben, was sie sind, und alles was sie zu seyn wün- schen! Nur sprechen sie mich los und verzeihen mir alles, was vorgegangen ist; sagen sie mir nur, daß sie mich ferner mit eben dem günstigen und freundlichen Auge ansehen wollen, womit ich einige Tage her beglückt gewesen bin: so will ich mich meiner geliebten Siegerinn unterwerfen, de- ren Gewalt niemals so stark, als eben itzo, über mich gewesen ist, und in mein Zimmer zurück- gehen.
Gott der Allmächtige, sprach sie, erhöre ihr Gebet in ihren härtesten Stunden, wie sie meine Bitte erhöret haben. Und nun überlassen sie mich, diesen Augenblick überlassen sie mich mei- ner Betrachtung, daß ich wieder zu mir selbst komme. Sie werden mich dabey einem Elende überlassen, das groß genug und weit größer ist, als sie ihren bittersten Feinden wünschen dürften.
Schreiben sie, meine Allerliebste, nicht alles einem Vorsatze zu: denn es ist kein Vorsatz ge- wesen. - -
O Herr Lovelace! - -
Bey meiner Seele, Fräulein, das Feuer war nicht erdichtet - Und das ist auch wahr, Bru- der! - Das Haus hätte leicht davon in Rauch aufgehen können, wie sie morgen vor Augen sehen und überzeugt seyn werden.
O Herr Lovelace! -
Lassen sie meine große Liebe zu ihnen, Fräu- lein, und den unerwarteten Anblick von ihnen bey
ihrer
Fünfter Theil. F
So ſtehen ſie denn auf, mein Engel, und blei- ben, was ſie ſind, und alles was ſie zu ſeyn wuͤn- ſchen! Nur ſprechen ſie mich los und verzeihen mir alles, was vorgegangen iſt; ſagen ſie mir nur, daß ſie mich ferner mit eben dem guͤnſtigen und freundlichen Auge anſehen wollen, womit ich einige Tage her begluͤckt geweſen bin: ſo will ich mich meiner geliebten Siegerinn unterwerfen, de- ren Gewalt niemals ſo ſtark, als eben itzo, uͤber mich geweſen iſt, und in mein Zimmer zuruͤck- gehen.
Gott der Allmaͤchtige, ſprach ſie, erhoͤre ihr Gebet in ihren haͤrteſten Stunden, wie ſie meine Bitte erhoͤret haben. Und nun uͤberlaſſen ſie mich, dieſen Augenblick uͤberlaſſen ſie mich mei- ner Betrachtung, daß ich wieder zu mir ſelbſt komme. Sie werden mich dabey einem Elende uͤberlaſſen, das groß genug und weit groͤßer iſt, als ſie ihren bitterſten Feinden wuͤnſchen duͤrften.
Schreiben ſie, meine Allerliebſte, nicht alles einem Vorſatze zu: denn es iſt kein Vorſatz ge- weſen. ‒ ‒
O Herr Lovelace! ‒ ‒
Bey meiner Seele, Fraͤulein, das Feuer war nicht erdichtet ‒ Und das iſt auch wahr, Bru- der! ‒ Das Haus haͤtte leicht davon in Rauch aufgehen koͤnnen, wie ſie morgen vor Augen ſehen und uͤberzeugt ſeyn werden.
O Herr Lovelace! ‒
Laſſen ſie meine große Liebe zu ihnen, Fraͤu- lein, und den unerwarteten Anblick von ihnen bey
ihrer
Fuͤnfter Theil. F
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So ſtehen ſie denn auf, mein Engel, und blei-
ben, was ſie ſind, und alles was ſie zu ſeyn wuͤn-
ſchen! Nur ſprechen ſie mich los und verzeihen
mir alles, was vorgegangen iſt; ſagen ſie mir
nur, daß ſie mich ferner mit eben dem guͤnſtigen
und freundlichen Auge anſehen wollen, womit ich
einige Tage her begluͤckt geweſen bin: ſo will ich
mich meiner geliebten Siegerinn unterwerfen, de-
ren Gewalt niemals ſo ſtark, als eben itzo, uͤber
mich geweſen iſt, und in mein Zimmer zuruͤck-
gehen.
Gott der Allmaͤchtige, ſprach ſie, erhoͤre ihr
Gebet in ihren haͤrteſten Stunden, wie ſie meine
Bitte erhoͤret haben. Und nun uͤberlaſſen ſie
mich, dieſen Augenblick uͤberlaſſen ſie mich mei-
ner Betrachtung, daß ich wieder zu mir ſelbſt
komme. Sie werden mich dabey einem Elende
uͤberlaſſen, das groß genug und weit groͤßer iſt,
als ſie ihren bitterſten Feinden wuͤnſchen duͤrften.
Schreiben ſie, meine Allerliebſte, nicht alles
einem Vorſatze zu: denn es iſt kein Vorſatz ge-
weſen. ‒ ‒
O Herr Lovelace! ‒ ‒
Bey meiner Seele, Fraͤulein, das Feuer war
nicht erdichtet ‒ Und das iſt auch wahr, Bru-
der! ‒ Das Haus haͤtte leicht davon in Rauch
aufgehen koͤnnen, wie ſie morgen vor Augen ſehen
und uͤberzeugt ſeyn werden.
O Herr Lovelace! ‒
Laſſen ſie meine große Liebe zu ihnen, Fraͤu-
lein, und den unerwarteten Anblick von ihnen bey
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/87>, abgerufen am 26.11.2024.
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