So legt ich denn mein Haupt erblaßt: Zur kalten Erde legt ichs nieder. Die Seele, frey von ihrer Last, Flog irgend seltsam hin und wieder. Ach Thörinn! sprach ich, als ich sah, Daß sie zum Kerker wiederkehrte Und die gebrochnen Ketten ehrte, Wie? Seele! bist du wieder da? Willst du hier noch das Ruder ziehn, Und so bestimmt, verdammt zu klagen, O Thörinn! zu betrübten Tagen Zurück zu deinem Körper fliehn?
O Fräulein Howe, gefall ich dir, So hilf mir, daß ich Trost gewinne. Denn meine Seele kämpft in mir Bis zur Betäubung meiner Sinne. Am Friedensufer steh ich zwar: Doch weiß ich keinen Fuß zu fassen. Nur du wirst mich nicht sinken lassen. Errette mich bey der Gefahr!
Jst man der Ehre schon beraubt: So ist es nur ein Trost zu sterben. Dadurch wird noch das Glück erlaubt, Hier nicht in Schande zu verderben.
Jch könnte dir sehr viel erzählen - - Es würde dich zu herzlich quälen.
Wie werd ich von des Unglücks Wuth So eilend und so scharf bestürmet, Daß sich, wie Wellen rascher Fluth, Ein Unfall auf den andern thürmet!
So fahre wohl, der Jugend Pracht! So gute Nacht den frohen Stunden, Die sonst die Jugend hier gefunden! So selbst dem Leben gute Nacht!
Denn selbst das Leben kann auf Erden Niemals vollkommen glücklich werden. Der Himmel straft die böse Bruth Und spricht der Frommen Werke gut.
Bey
So legt ich denn mein Haupt erblaßt: Zur kalten Erde legt ichs nieder. Die Seele, frey von ihrer Laſt, Flog irgend ſeltſam hin und wieder. Ach Thoͤrinn! ſprach ich, als ich ſah, Daß ſie zum Kerker wiederkehrte Und die gebrochnen Ketten ehrte, Wie? Seele! biſt du wieder da? Willſt du hier noch das Ruder ziehn, Und ſo beſtimmt, verdammt zu klagen, O Thoͤrinn! zu betruͤbten Tagen Zuruͤck zu deinem Koͤrper fliehn?
O Fraͤulein Howe, gefall ich dir, So hilf mir, daß ich Troſt gewinne. Denn meine Seele kaͤmpft in mir Bis zur Betaͤubung meiner Sinne. Am Friedensufer ſteh ich zwar: Doch weiß ich keinen Fuß zu faſſen. Nur du wirſt mich nicht ſinken laſſen. Errette mich bey der Gefahr!
Jſt man der Ehre ſchon beraubt: So iſt es nur ein Troſt zu ſterben. Dadurch wird noch das Gluͤck erlaubt, Hier nicht in Schande zu verderben.
Jch koͤnnte dir ſehr viel erzaͤhlen ‒ ‒ Es wuͤrde dich zu herzlich quaͤlen.
Wie werd ich von des Ungluͤcks Wuth So eilend und ſo ſcharf beſtuͤrmet, Daß ſich, wie Wellen raſcher Fluth, Ein Unfall auf den andern thuͤrmet!
So fahre wohl, der Jugend Pracht! So gute Nacht den frohen Stunden, Die ſonſt die Jugend hier gefunden! So ſelbſt dem Leben gute Nacht!
Denn ſelbſt das Leben kann auf Erden Niemals vollkommen gluͤcklich werden. Der Himmel ſtraft die boͤſe Bruth Und ſpricht der Frommen Werke gut.
Bey
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So legt ich denn mein Haupt erblaßt:
Zur kalten Erde legt ichs nieder.
Die Seele, frey von ihrer Laſt,
Flog irgend ſeltſam hin und wieder.
Ach Thoͤrinn! ſprach ich, als ich ſah,
Daß ſie zum Kerker wiederkehrte
Und die gebrochnen Ketten ehrte,
Wie? Seele! biſt du wieder da?
Willſt du hier noch das Ruder ziehn,
Und ſo beſtimmt, verdammt zu klagen,
O Thoͤrinn! zu betruͤbten Tagen
Zuruͤck zu deinem Koͤrper fliehn?
O Fraͤulein Howe, gefall ich dir,
So hilf mir, daß ich Troſt gewinne.
Denn meine Seele kaͤmpft in mir
Bis zur Betaͤubung meiner Sinne.
Am Friedensufer ſteh ich zwar:
Doch weiß ich keinen Fuß zu faſſen.
Nur du wirſt mich nicht ſinken laſſen.
Errette mich bey der Gefahr!
Jſt man der Ehre ſchon beraubt:
So iſt es nur ein Troſt zu ſterben.
Dadurch wird noch das Gluͤck erlaubt,
Hier nicht in Schande zu verderben.
Jch koͤnnte dir ſehr viel erzaͤhlen ‒ ‒
Es wuͤrde dich zu herzlich quaͤlen.
Wie werd ich von des Ungluͤcks Wuth
So eilend und ſo ſcharf beſtuͤrmet,
Daß ſich, wie Wellen raſcher Fluth,
Ein Unfall auf den andern thuͤrmet!
So fahre wohl, der Jugend Pracht!
So gute Nacht den frohen Stunden,
Die ſonſt die Jugend hier gefunden!
So ſelbſt dem Leben gute Nacht!
Denn ſelbſt das Leben kann auf Erden
Niemals vollkommen gluͤcklich werden.
Der Himmel ſtraft die boͤſe Bruth
Und ſpricht der Frommen Werke gut.
Bey
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/632>, abgerufen am 21.11.2024.
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