Jedoch eine Schwierigkeit, wie ich mich besin- ne, kam mir vor, weil es sich der Wahrscheinlich- keit nach zutragen könnte, daß eine Frau schwanger wäre. Aber diese habe ich auf folgende Art ge- hoben.
Es sollte keinem Manne in dem Falle erlaubt seyn, ohne seines dermaligen Weibes Einwilligung eine andere zu heyrathen, bis sie niedergekommen wäre, und er alle vorfallende Kosten ersetzet hätte, auch beyde unter sich einig geworden, ob das Kind ihm, ihr oder dem Staate zugehören sollte. Die Wei- ber sollten unter solchen Umständen die freye Wahl haben, Einspruch zu thun: denn ich möchte es auch nicht gern dem Manne in seiner Gewalt lassen, ein schelmischer Hund zu seyn.
Jn der That habe ich in allen Stücken bey mei- nem entworfenen Vorschlage den Weibern den Vor- theil eingeräumet, den Ausschlag zu geben. Jch lie- be ja die süßen Kinder herzlich.
Wie unendlich viele Vorzüge hat dieser mein Vorschlag vor der Vielweiberey der Erzväter, welche Weiber und Beyschläferinnen ohne Zahl hatten! Jch glaube, David und Salomon hatten ihrer hun- dert auf einmal. War es nicht so, Bruder?
Jch will endlich nur noch dieses beyfügen, daß jährige Parlamenter und jährige Ehen die Vor- schläge sind, welche mir am nächsten am Herzen lie- gen. Wie weitläuftig könnte ich die Vortheile, welche aus beyden entstehen würden, vorstellen!
Der
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Jedoch eine Schwierigkeit, wie ich mich beſin- ne, kam mir vor, weil es ſich der Wahrſcheinlich- keit nach zutragen koͤnnte, daß eine Frau ſchwanger waͤre. Aber dieſe habe ich auf folgende Art ge- hoben.
Es ſollte keinem Manne in dem Falle erlaubt ſeyn, ohne ſeines dermaligen Weibes Einwilligung eine andere zu heyrathen, bis ſie niedergekommen waͤre, und er alle vorfallende Koſten erſetzet haͤtte, auch beyde unter ſich einig geworden, ob das Kind ihm, ihr oder dem Staate zugehoͤren ſollte. Die Wei- ber ſollten unter ſolchen Umſtaͤnden die freye Wahl haben, Einſpruch zu thun: denn ich moͤchte es auch nicht gern dem Manne in ſeiner Gewalt laſſen, ein ſchelmiſcher Hund zu ſeyn.
Jn der That habe ich in allen Stuͤcken bey mei- nem entworfenen Vorſchlage den Weibern den Vor- theil eingeraͤumet, den Ausſchlag zu geben. Jch lie- be ja die ſuͤßen Kinder herzlich.
Wie unendlich viele Vorzuͤge hat dieſer mein Vorſchlag vor der Vielweiberey der Erzvaͤter, welche Weiber und Beyſchlaͤferinnen ohne Zahl hatten! Jch glaube, David und Salomon hatten ihrer hun- dert auf einmal. War es nicht ſo, Bruder?
Jch will endlich nur noch dieſes beyfuͤgen, daß jaͤhrige Parlamenter und jaͤhrige Ehen die Vor- ſchlaͤge ſind, welche mir am naͤchſten am Herzen lie- gen. Wie weitlaͤuftig koͤnnte ich die Vortheile, welche aus beyden entſtehen wuͤrden, vorſtellen!
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Jedoch eine Schwierigkeit, wie ich mich beſin-
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keit nach zutragen koͤnnte, daß eine Frau ſchwanger
waͤre. Aber dieſe habe ich auf folgende Art ge-
hoben.
Es ſollte keinem Manne in dem Falle erlaubt
ſeyn, ohne ſeines dermaligen Weibes Einwilligung
eine andere zu heyrathen, bis ſie niedergekommen
waͤre, und er alle vorfallende Koſten erſetzet haͤtte,
auch beyde unter ſich einig geworden, ob das Kind ihm,
ihr oder dem Staate zugehoͤren ſollte. Die Wei-
ber ſollten unter ſolchen Umſtaͤnden die freye Wahl
haben, Einſpruch zu thun: denn ich moͤchte es auch
nicht gern dem Manne in ſeiner Gewalt laſſen, ein
ſchelmiſcher Hund zu ſeyn.
Jn der That habe ich in allen Stuͤcken bey mei-
nem entworfenen Vorſchlage den Weibern den Vor-
theil eingeraͤumet, den Ausſchlag zu geben. Jch lie-
be ja die ſuͤßen Kinder herzlich.
Wie unendlich viele Vorzuͤge hat dieſer mein
Vorſchlag vor der Vielweiberey der Erzvaͤter, welche
Weiber und Beyſchlaͤferinnen ohne Zahl hatten!
Jch glaube, David und Salomon hatten ihrer hun-
dert auf einmal. War es nicht ſo, Bruder?
Jch will endlich nur noch dieſes beyfuͤgen, daß
jaͤhrige Parlamenter und jaͤhrige Ehen die Vor-
ſchlaͤge ſind, welche mir am naͤchſten am Herzen lie-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/571>, abgerufen am 21.11.2024.
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