in seiner Kutsche mit vier Pferden sich auf den Weg zu machen, und sich vor den Augen der ganzen Welt den Ruhm zu erwerben, daß er eine so be- druckte Unschuld schützete. Ja er ward roth, wie es scheint, und erzitterte so gar, als er den Brief der klagenden Schönen las - - Wie großmüthig ist dieß alles! Die Weibsleute haben herzhafte Männer gern. Es ist kein Wunder, daß seine Thrä- nen, sein Zittern und seine fußfällige Demuth ihm bey der sanftmüthigen Fräulein Howe eine große Achtung zuwege gebracht hat.
Glaubst du wohl, Bruder, daß ich in einem solchen Fall, und wenn ich auf gleiche Art durch das Glend gerühret wäre, es so gemacht haben wür- de? Meynst du, daß ich nicht zuerst das Frauenzim- mer befreyet und hernach, wenn ich sie in meinen Händen gehabt hätte, mich deswegen entschuldigt haben würde, wo es nöthig gewesen wäre? Wür- best du das nicht auch gethan haben, eben wie ich?
Es ist aber am besten so, wie es ist. Der ehr- liche Hickmann kann nun in ganzer Haut schlafen- Das ist inzwischen vielleicht mehr, als er, auch ohne den Versuch, die Fräulein zu befreyen, gewagt zu haben, einmal davon getragen hätte, wenn ich hin- ter seine gesuchte Erlaubniß auf eine andere Art, als durch einen Brief gekommen wäre, den man von mir nicht aufgefangen wissen muß.
Sie bildet sich ein, daß ich durch ein neues Bubenstück, welches auf die Bahn kommen möch- te, leicht abgehalten werden könnte, meine reizende Schöne zu verfolgen. Bubenstück ist ein Wort, worinn sie sich sehr verliebt hat. Jch kann ihr aber erzählen, daß es bey mir unmöglich ist, bis ich meine Absicht bey diesem Bubensiücke erreichet habe. Schwierigkeiten sind für einen solchen Geist, als der meinige ist, nur lauter Triebfedern. Jch dächte, die Fräulein Howe sollte mich besser kennen. Wenn
sie
in ſeiner Kutſche mit vier Pferden ſich auf den Weg zu machen, und ſich vor den Augen der ganzen Welt den Ruhm zu erwerben, daß er eine ſo be- druckte Unſchuld ſchuͤtzete. Ja er ward roth, wie es ſcheint, und erzitterte ſo gar, als er den Brief der klagenden Schoͤnen las ‒ ‒ Wie großmuͤthig iſt dieß alles! Die Weibsleute haben herzhafte Maͤnner gern. Es iſt kein Wunder, daß ſeine Thraͤ- nen, ſein Zittern und ſeine fußfaͤllige Demuth ihm bey der ſanftmuͤthigen Fraͤulein Howe eine große Achtung zuwege gebracht hat.
Glaubſt du wohl, Bruder, daß ich in einem ſolchen Fall, und wenn ich auf gleiche Art durch das Glend geruͤhret waͤre, es ſo gemacht haben wuͤr- de? Meynſt du, daß ich nicht zuerſt das Frauenzim- mer befreyet und hernach, wenn ich ſie in meinen Haͤnden gehabt haͤtte, mich deswegen entſchuldigt haben wuͤrde, wo es noͤthig geweſen waͤre? Wuͤr- beſt du das nicht auch gethan haben, eben wie ich?
Es iſt aber am beſten ſo, wie es iſt. Der ehr- liche Hickmann kann nun in ganzer Haut ſchlafen- Das iſt inzwiſchen vielleicht mehr, als er, auch ohne den Verſuch, die Fraͤulein zu befreyen, gewagt zu haben, einmal davon getragen haͤtte, wenn ich hin- ter ſeine geſuchte Erlaubniß auf eine andere Art, als durch einen Brief gekommen waͤre, den man von mir nicht aufgefangen wiſſen muß.
Sie bildet ſich ein, daß ich durch ein neues Bubenſtuͤck, welches auf die Bahn kommen moͤch- te, leicht abgehalten werden koͤnnte, meine reizende Schoͤne zu verfolgen. Bubenſtuͤck iſt ein Wort, worinn ſie ſich ſehr verliebt hat. Jch kann ihr aber erzaͤhlen, daß es bey mir unmoͤglich iſt, bis ich meine Abſicht bey dieſem Bubenſiuͤcke erreichet habe. Schwierigkeiten ſind fuͤr einen ſolchen Geiſt, als der meinige iſt, nur lauter Triebfedern. Jch daͤchte, die Fraͤulein Howe ſollte mich beſſer kennen. Wenn
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in ſeiner Kutſche mit vier Pferden ſich auf den Weg
zu machen, und ſich vor den Augen der ganzen
Welt den Ruhm zu erwerben, daß er eine ſo be-
druckte Unſchuld ſchuͤtzete. Ja er ward roth, wie
es ſcheint, und erzitterte ſo gar, als er den Brief
der klagenden Schoͤnen las ‒ ‒ Wie großmuͤthig
iſt dieß alles! Die Weibsleute haben herzhafte
Maͤnner gern. Es iſt kein Wunder, daß ſeine Thraͤ-
nen, ſein Zittern und ſeine fußfaͤllige Demuth ihm
bey der ſanftmuͤthigen Fraͤulein Howe eine große
Achtung zuwege gebracht hat.
Glaubſt du wohl, Bruder, daß ich in einem
ſolchen Fall, und wenn ich auf gleiche Art durch
das Glend geruͤhret waͤre, es ſo gemacht haben wuͤr-
de? Meynſt du, daß ich nicht zuerſt das Frauenzim-
mer befreyet und hernach, wenn ich ſie in meinen
Haͤnden gehabt haͤtte, mich deswegen entſchuldigt
haben wuͤrde, wo es noͤthig geweſen waͤre? Wuͤr-
beſt du das nicht auch gethan haben, eben wie ich?
Es iſt aber am beſten ſo, wie es iſt. Der ehr-
liche Hickmann kann nun in ganzer Haut ſchlafen-
Das iſt inzwiſchen vielleicht mehr, als er, auch ohne
den Verſuch, die Fraͤulein zu befreyen, gewagt zu
haben, einmal davon getragen haͤtte, wenn ich hin-
ter ſeine geſuchte Erlaubniß auf eine andere Art,
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Sie bildet ſich ein, daß ich durch ein neues
Bubenſtuͤck, welches auf die Bahn kommen moͤch-
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Schoͤne zu verfolgen. Bubenſtuͤck iſt ein Wort,
worinn ſie ſich ſehr verliebt hat. Jch kann ihr aber
erzaͤhlen, daß es bey mir unmoͤglich iſt, bis ich meine
Abſicht bey dieſem Bubenſiuͤcke erreichet habe.
Schwierigkeiten ſind fuͤr einen ſolchen Geiſt, als der
meinige iſt, nur lauter Triebfedern. Jch daͤchte,
die Fraͤulein Howe ſollte mich beſſer kennen. Wenn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/546>, abgerufen am 22.11.2024.
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