Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



gefaßt hatte: so ward sie fester in ihrem Ent-
schlusse; nachdem sie ein oder zweymal queer durch
das Zimmer gegangen war. Sie erklärte sich
wieder, wie sie vorher gethan hatte, daß sie den
Ausschlag von der Fräulein Howe Antwort auf
ihren Brief, den sie von hier abgelassen hatte,
erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen
wollte. Unterdessen wollte sie ihm überlassen,
ihrem Onkel das zu sagen, was er selbst für dien-
lich hielte. Sie zweifelte nach der Gütigkeit des
Capitains Tomlinson im geringsten nicht, daß er
die vortheilhafteste Nachricht, die nur mit der
Wahrheit bestehen könnte, geben würde: und
sie würde sich freuen, wenn sie ein paar Zeilen
von ihm bekäme, wodurch sie dieselbe erfahren
möchte.

Sie wünschte ihm eine glückliche Reise, be-
klagte sich über ihren Kopf und war im Begriff
wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thü-
re bey den Treppen herum: als wenn ich eben
aus dem Garten gekommen wäre. Diesen rühm-
te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff
ihre ringende Hand, da sie hinausgehen wollte.
Mein liebstes Leben, sie werden ja nicht wegge-
hen! - - Was für Hoffnung, Herr Capitain?
- - Haben sie mir keine Hoffnung zur Verzei-
hung und Versöhnung zu geben?

Die Fräulein sagte, sie wollte nicht aufge-
halten seyn. Jnzwischen wollte ich sie doch nicht
eher gehen lassen, bis sie mir wiederzukommen ver-

spro-
G g 3



gefaßt hatte: ſo ward ſie feſter in ihrem Ent-
ſchluſſe; nachdem ſie ein oder zweymal queer durch
das Zimmer gegangen war. Sie erklaͤrte ſich
wieder, wie ſie vorher gethan hatte, daß ſie den
Ausſchlag von der Fraͤulein Howe Antwort auf
ihren Brief, den ſie von hier abgelaſſen hatte,
erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen
wollte. Unterdeſſen wollte ſie ihm uͤberlaſſen,
ihrem Onkel das zu ſagen, was er ſelbſt fuͤr dien-
lich hielte. Sie zweifelte nach der Guͤtigkeit des
Capitains Tomlinſon im geringſten nicht, daß er
die vortheilhafteſte Nachricht, die nur mit der
Wahrheit beſtehen koͤnnte, geben wuͤrde: und
ſie wuͤrde ſich freuen, wenn ſie ein paar Zeilen
von ihm bekaͤme, wodurch ſie dieſelbe erfahren
moͤchte.

Sie wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe, be-
klagte ſich uͤber ihren Kopf und war im Begriff
wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thuͤ-
re bey den Treppen herum: als wenn ich eben
aus dem Garten gekommen waͤre. Dieſen ruͤhm-
te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff
ihre ringende Hand, da ſie hinausgehen wollte.
Mein liebſtes Leben, ſie werden ja nicht wegge-
hen! ‒ ‒ Was fuͤr Hoffnung, Herr Capitain?
‒ ‒ Haben ſie mir keine Hoffnung zur Verzei-
hung und Verſoͤhnung zu geben?

Die Fraͤulein ſagte, ſie wollte nicht aufge-
halten ſeyn. Jnzwiſchen wollte ich ſie doch nicht
eher gehen laſſen, bis ſie mir wiederzukommen ver-

ſpro-
G g 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0475" n="469"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gefaßt hatte: &#x017F;o ward &#x017F;ie fe&#x017F;ter in ihrem Ent-<lb/>
&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e; nachdem &#x017F;ie ein oder zweymal queer durch<lb/>
das Zimmer gegangen war. Sie erkla&#x0364;rte &#x017F;ich<lb/>
wieder, wie &#x017F;ie vorher gethan hatte, daß &#x017F;ie den<lb/>
Aus&#x017F;chlag von der Fra&#x0364;ulein Howe Antwort auf<lb/>
ihren Brief, den &#x017F;ie von hier abgela&#x017F;&#x017F;en hatte,<lb/>
erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen<lb/>
wollte. Unterde&#x017F;&#x017F;en wollte &#x017F;ie ihm u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
ihrem Onkel das zu &#x017F;agen, was er &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r dien-<lb/>
lich hielte. Sie zweifelte nach der Gu&#x0364;tigkeit des<lb/>
Capitains Tomlin&#x017F;on im gering&#x017F;ten nicht, daß er<lb/>
die vortheilhafte&#x017F;te Nachricht, die nur mit der<lb/><hi rendition="#fr">Wahrheit</hi> be&#x017F;tehen ko&#x0364;nnte, geben wu&#x0364;rde: und<lb/>
&#x017F;ie wu&#x0364;rde &#x017F;ich freuen, wenn &#x017F;ie ein paar Zeilen<lb/>
von ihm beka&#x0364;me, wodurch &#x017F;ie <hi rendition="#fr">die&#x017F;elbe</hi> erfahren<lb/>
mo&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>Sie wu&#x0364;n&#x017F;chte ihm eine glu&#x0364;ckliche Rei&#x017F;e, be-<lb/>
klagte &#x017F;ich u&#x0364;ber ihren Kopf und war im Begriff<lb/>
wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thu&#x0364;-<lb/>
re bey den Treppen herum: als wenn ich eben<lb/>
aus dem Garten gekommen wa&#x0364;re. Die&#x017F;en ru&#x0364;hm-<lb/>
te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff<lb/>
ihre ringende Hand, da &#x017F;ie hinausgehen wollte.<lb/>
Mein lieb&#x017F;tes Leben, &#x017F;ie werden ja nicht wegge-<lb/>
hen! &#x2012; &#x2012; Was fu&#x0364;r Hoffnung, Herr Capitain?<lb/>
&#x2012; &#x2012; Haben &#x017F;ie mir keine Hoffnung zur Verzei-<lb/>
hung und Ver&#x017F;o&#x0364;hnung zu geben?</p><lb/>
          <p>Die Fra&#x0364;ulein &#x017F;agte, &#x017F;ie wollte nicht aufge-<lb/>
halten &#x017F;eyn. Jnzwi&#x017F;chen wollte ich &#x017F;ie doch nicht<lb/>
eher gehen la&#x017F;&#x017F;en, bis &#x017F;ie mir wiederzukommen ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;pro-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[469/0475] gefaßt hatte: ſo ward ſie feſter in ihrem Ent- ſchluſſe; nachdem ſie ein oder zweymal queer durch das Zimmer gegangen war. Sie erklaͤrte ſich wieder, wie ſie vorher gethan hatte, daß ſie den Ausſchlag von der Fraͤulein Howe Antwort auf ihren Brief, den ſie von hier abgelaſſen hatte, erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen wollte. Unterdeſſen wollte ſie ihm uͤberlaſſen, ihrem Onkel das zu ſagen, was er ſelbſt fuͤr dien- lich hielte. Sie zweifelte nach der Guͤtigkeit des Capitains Tomlinſon im geringſten nicht, daß er die vortheilhafteſte Nachricht, die nur mit der Wahrheit beſtehen koͤnnte, geben wuͤrde: und ſie wuͤrde ſich freuen, wenn ſie ein paar Zeilen von ihm bekaͤme, wodurch ſie dieſelbe erfahren moͤchte. Sie wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe, be- klagte ſich uͤber ihren Kopf und war im Begriff wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thuͤ- re bey den Treppen herum: als wenn ich eben aus dem Garten gekommen waͤre. Dieſen ruͤhm- te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff ihre ringende Hand, da ſie hinausgehen wollte. Mein liebſtes Leben, ſie werden ja nicht wegge- hen! ‒ ‒ Was fuͤr Hoffnung, Herr Capitain? ‒ ‒ Haben ſie mir keine Hoffnung zur Verzei- hung und Verſoͤhnung zu geben? Die Fraͤulein ſagte, ſie wollte nicht aufge- halten ſeyn. Jnzwiſchen wollte ich ſie doch nicht eher gehen laſſen, bis ſie mir wiederzukommen ver- ſpro- G g 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/475
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/475>, abgerufen am 22.11.2024.