Jch kann nachher ja noch meinen Entschluß fas- sen, wie ich will. Jedoch was hat der arme Hickmann mir zuwider gethan, wodurch er dieß an mir verschuldet hätte? - - Allein es würde dadurch nicht nur die Tochter, sondern auch die Mutter für ihren niederträchtigen Geiz, und für ihren Ungehorsam gegen den ehrlichen Herrn Howe, den sie wirklich bis auf den Tod gekrän- ket hat, auf eine rühmliche Art gestraft werden. Jch bin fast im Begriffe, Bruder! mich auf die- sen Anschlag einzulassen - - Jst nicht ein Land so gut für mich, als das andre, wenn ich etwa darüber genöthigt werden sollte, eine Wandrung zu thun?
Aber ich will es nicht wagen. Herr Hick- mann ist ein guter Mann, wie mir gesagt ist. Jch bin ein Freund von guten Leuten. Jch hoffe noch einmal selbst ein guter Mann zu wer- den. Außerdem habe ich in dieser Woche etwas von dem ehrlichen Manne gehört, woraus man sehen kann, daß er eine Seele hat. Jch bin da- bey auf die Gedanken gekommen, daß, wenn er eine hat, sie ein wenig sehr tief vergraben lieget: weswegen sie sich nicht anders, als bey sehr au- ßerordentlichen Gelegenheiten, zeigen kann, und alsdenn im Augenblicke wieder in ihr Kämmer- chen von Fett zurücke sinket - - Er ist ein fetter Wanst. Hast du ihn jemals gesehen, Bruder?
Allein
Jch kann nachher ja noch meinen Entſchluß faſ- ſen, wie ich will. Jedoch was hat der arme Hickmann mir zuwider gethan, wodurch er dieß an mir verſchuldet haͤtte? ‒ ‒ Allein es wuͤrde dadurch nicht nur die Tochter, ſondern auch die Mutter fuͤr ihren niedertraͤchtigen Geiz, und fuͤr ihren Ungehorſam gegen den ehrlichen Herrn Howe, den ſie wirklich bis auf den Tod gekraͤn- ket hat, auf eine ruͤhmliche Art geſtraft werden. Jch bin faſt im Begriffe, Bruder! mich auf die- ſen Anſchlag einzulaſſen ‒ ‒ Jſt nicht ein Land ſo gut fuͤr mich, als das andre, wenn ich etwa daruͤber genoͤthigt werden ſollte, eine Wandrung zu thun?
Aber ich will es nicht wagen. Herr Hick- mann iſt ein guter Mann, wie mir geſagt iſt. Jch bin ein Freund von guten Leuten. Jch hoffe noch einmal ſelbſt ein guter Mann zu wer- den. Außerdem habe ich in dieſer Woche etwas von dem ehrlichen Manne gehoͤrt, woraus man ſehen kann, daß er eine Seele hat. Jch bin da- bey auf die Gedanken gekommen, daß, wenn er eine hat, ſie ein wenig ſehr tief vergraben lieget: weswegen ſie ſich nicht anders, als bey ſehr au- ßerordentlichen Gelegenheiten, zeigen kann, und alsdenn im Augenblicke wieder in ihr Kaͤmmer- chen von Fett zuruͤcke ſinket ‒ ‒ Er iſt ein fetter Wanſt. Haſt du ihn jemals geſehen, Bruder?
Allein
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Jch kann nachher ja noch meinen Entſchluß faſ-
ſen, wie ich will. Jedoch was hat der arme
Hickmann mir zuwider gethan, wodurch er dieß
an mir verſchuldet haͤtte? ‒ ‒ Allein es wuͤrde
dadurch nicht nur die Tochter, ſondern auch die
Mutter fuͤr ihren niedertraͤchtigen Geiz, und fuͤr
ihren Ungehorſam gegen den ehrlichen Herrn
Howe, den ſie wirklich bis auf den Tod gekraͤn-
ket hat, auf eine ruͤhmliche Art geſtraft werden.
Jch bin faſt im Begriffe, Bruder! mich auf die-
ſen Anſchlag einzulaſſen ‒ ‒ Jſt nicht ein Land
ſo gut fuͤr mich, als das andre, wenn ich etwa
daruͤber genoͤthigt werden ſollte, eine Wandrung
zu thun?
Aber ich will es nicht wagen. Herr Hick-
mann iſt ein guter Mann, wie mir geſagt iſt.
Jch bin ein Freund von guten Leuten. Jch
hoffe noch einmal ſelbſt ein guter Mann zu wer-
den. Außerdem habe ich in dieſer Woche etwas
von dem ehrlichen Manne gehoͤrt, woraus man
ſehen kann, daß er eine Seele hat. Jch bin da-
bey auf die Gedanken gekommen, daß, wenn er
eine hat, ſie ein wenig ſehr tief vergraben lieget:
weswegen ſie ſich nicht anders, als bey ſehr au-
ßerordentlichen Gelegenheiten, zeigen kann, und
alsdenn im Augenblicke wieder in ihr Kaͤmmer-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/172>, abgerufen am 22.11.2024.
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