Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



findet, daß sie eine höhere und ungewöhnliche Schreib-
Art angenommen hat, so glaubt sie beynahe, daß
dieses göttliche Eingebungen sind, dadurch ihre nie-
dergeschlagene Freundin getröstet und aufgerichtet
werden soll; die vielleicht durch die Versuchungen,
welche sie so frühzeitig überfallen, allzusehr gedemü-
thiget und muthlos gemacht wird, in der Dämme-
rung fortzugehen, auf welche ein heiterer Tag folget:
Jch will nichts weiter hinzu thun, als dieses, daß
ich bin

Jhre ewige ergebene und getreue
Anna Howe.


Der fünfte Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Jch muß zu dem Lobe stille schweigen, dadurch
ich nur gedemüthiget werde, weil ich es mir
bewußt bin, daß ich es nicht verdiene, ob mich gleich
Jhre gütige Absicht, die Sie dabey haben, tröstet und
muthig macht: denn es ist sehr angenehm, von denen,
die wir lieben, hochgeschätzet zu werden, und zu er-
fahren, daß einige Freundschaften stärcker sind als
alle Unglücks-Fälle, und sich nicht blos nach Leib,
Blut, und Verwandschaft richten. Mein Unglück
mag mich grösser oder kleiner machen; so bin ich
doch davon versichert, daß Sie nie grösser und

schöner
C 3



findet, daß ſie eine hoͤhere und ungewoͤhnliche Schreib-
Art angenommen hat, ſo glaubt ſie beynahe, daß
dieſes goͤttliche Eingebungen ſind, dadurch ihre nie-
dergeſchlagene Freundin getroͤſtet und aufgerichtet
werden ſoll; die vielleicht durch die Verſuchungen,
welche ſie ſo fruͤhzeitig uͤberfallen, allzuſehr gedemuͤ-
thiget und muthlos gemacht wird, in der Daͤmme-
rung fortzugehen, auf welche ein heiterer Tag folget:
Jch will nichts weiter hinzu thun, als dieſes, daß
ich bin

Jhre ewige ergebene und getreue
Anna Howe.


Der fuͤnfte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Jch muß zu dem Lobe ſtille ſchweigen, dadurch
ich nur gedemuͤthiget werde, weil ich es mir
bewußt bin, daß ich es nicht verdiene, ob mich gleich
Jhre guͤtige Abſicht, die Sie dabey haben, troͤſtet und
muthig macht: denn es iſt ſehr angenehm, von denen,
die wir lieben, hochgeſchaͤtzet zu werden, und zu er-
fahren, daß einige Freundſchaften ſtaͤrcker ſind als
alle Ungluͤcks-Faͤlle, und ſich nicht blos nach Leib,
Blut, und Verwandſchaft richten. Mein Ungluͤck
mag mich groͤſſer oder kleiner machen; ſo bin ich
doch davon verſichert, daß Sie nie groͤſſer und

ſchoͤner
C 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0043" n="37"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
findet, daß &#x017F;ie eine ho&#x0364;here und ungewo&#x0364;hnliche Schreib-<lb/>
Art angenommen hat, &#x017F;o glaubt &#x017F;ie beynahe, daß<lb/>
die&#x017F;es go&#x0364;ttliche Eingebungen &#x017F;ind, dadurch ihre nie-<lb/>
derge&#x017F;chlagene Freundin getro&#x0364;&#x017F;tet und aufgerichtet<lb/>
werden &#x017F;oll; die vielleicht durch die Ver&#x017F;uchungen,<lb/>
welche &#x017F;ie &#x017F;o fru&#x0364;hzeitig u&#x0364;berfallen, allzu&#x017F;ehr gedemu&#x0364;-<lb/>
thiget und muthlos gemacht wird, in der Da&#x0364;mme-<lb/>
rung fortzugehen, auf welche ein heiterer Tag folget:<lb/>
Jch will nichts weiter hinzu thun, als die&#x017F;es, daß<lb/>
ich bin</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Jhre ewige ergebene und getreue<lb/><hi rendition="#fr">Anna Howe.</hi></hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der fu&#x0364;nfte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Freytags den 12ten May.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>ch muß zu dem Lobe &#x017F;tille &#x017F;chweigen, dadurch<lb/>
ich nur gedemu&#x0364;thiget werde, weil ich es mir<lb/>
bewußt bin, daß ich es nicht verdiene, ob mich gleich<lb/>
Jhre gu&#x0364;tige Ab&#x017F;icht, die Sie dabey haben, tro&#x0364;&#x017F;tet und<lb/>
muthig macht: denn es i&#x017F;t &#x017F;ehr angenehm, von denen,<lb/>
die wir lieben, hochge&#x017F;cha&#x0364;tzet zu werden, und zu er-<lb/>
fahren, daß einige Freund&#x017F;chaften &#x017F;ta&#x0364;rcker &#x017F;ind als<lb/>
alle Unglu&#x0364;cks-Fa&#x0364;lle, und &#x017F;ich nicht blos nach Leib,<lb/>
Blut, und Verwand&#x017F;chaft richten. Mein Unglu&#x0364;ck<lb/>
mag mich gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er oder kleiner machen; &#x017F;o bin ich<lb/>
doch davon ver&#x017F;ichert, daß Sie nie gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;cho&#x0364;ner</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0043] findet, daß ſie eine hoͤhere und ungewoͤhnliche Schreib- Art angenommen hat, ſo glaubt ſie beynahe, daß dieſes goͤttliche Eingebungen ſind, dadurch ihre nie- dergeſchlagene Freundin getroͤſtet und aufgerichtet werden ſoll; die vielleicht durch die Verſuchungen, welche ſie ſo fruͤhzeitig uͤberfallen, allzuſehr gedemuͤ- thiget und muthlos gemacht wird, in der Daͤmme- rung fortzugehen, auf welche ein heiterer Tag folget: Jch will nichts weiter hinzu thun, als dieſes, daß ich bin Jhre ewige ergebene und getreue Anna Howe. Der fuͤnfte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Freytags den 12ten May. Jch muß zu dem Lobe ſtille ſchweigen, dadurch ich nur gedemuͤthiget werde, weil ich es mir bewußt bin, daß ich es nicht verdiene, ob mich gleich Jhre guͤtige Abſicht, die Sie dabey haben, troͤſtet und muthig macht: denn es iſt ſehr angenehm, von denen, die wir lieben, hochgeſchaͤtzet zu werden, und zu er- fahren, daß einige Freundſchaften ſtaͤrcker ſind als alle Ungluͤcks-Faͤlle, und ſich nicht blos nach Leib, Blut, und Verwandſchaft richten. Mein Ungluͤck mag mich groͤſſer oder kleiner machen; ſo bin ich doch davon verſichert, daß Sie nie groͤſſer und ſchoͤner C 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/43
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/43>, abgerufen am 21.11.2024.