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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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nicht daran, daß Sie diese Vorschläge billigen
würden, und in dieser Hoffnung habe ich schon eine
Antwort geschrieben, die für ihn fertig lieget.
Wenn wir nun wieder zerfallen, so muß er sich
gewiß recht bemühen, die Sache aufzuschieben, und
mich in solcher Absicht zu beleidigen.

Er verlanget mit großem Ungestüm, mich zu
sprechen. Er hat sich Erlaubniß ausgebeten,
mich in die Kirche zu begleiten. Er ist ungehal-
ten, daß ich ihm abgeschlagen habe, den Thee bey
ihm zu trincken: allein wenn ich ihm das gestattet
hätte, so hätte ich zum Voraus gewußt, daß er
mich nicht allein würde ausgehen lassen. Jch ließ
ihm durch Dorcas sagen: ich wollte diesen gan-
tzen Tag für mich allein haben; allein morgen
wollte ich ihn so früh als ihn selbst beliebete, spre-
chen. Sie sagte: sie wüßte nicht, was ihm fehlte;
er sey mit jedermann böse.

Er hat noch einmahl zu guter letzt an mich ge-
schickt. Er läßt mich vor Singleton warnen.
Jch ließ ihm aber antworten: da es gestern Abend
nicht gefährlich gewesen sey, in die Comödie zu ge-
hen, so würde es auch heute nicht gefährlich seyn,
die Kirche zu besuchen; da wohl funfzig mahl so
viel Kirchen als Comödien-Häuser in London wä-
ren. Jch habe indessen zugegeben, daß mir sein
Diener nachfolget. Er ist aber gantz verdrießlich
und misvergnügt. Jch frage aber nicht darnach:
ich will mich nicht immer nach dem unhöflichen
Menschen richten. Jch breche jetzt den Brief ab.
Die Sänste ist da. Jch hoffe nicht, daß er mir

in
O 4



nicht daran, daß Sie dieſe Vorſchlaͤge billigen
wuͤrden, und in dieſer Hoffnung habe ich ſchon eine
Antwort geſchrieben, die fuͤr ihn fertig lieget.
Wenn wir nun wieder zerfallen, ſo muß er ſich
gewiß recht bemuͤhen, die Sache aufzuſchieben, und
mich in ſolcher Abſicht zu beleidigen.

Er verlanget mit großem Ungeſtuͤm, mich zu
ſprechen. Er hat ſich Erlaubniß ausgebeten,
mich in die Kirche zu begleiten. Er iſt ungehal-
ten, daß ich ihm abgeſchlagen habe, den Thee bey
ihm zu trincken: allein wenn ich ihm das geſtattet
haͤtte, ſo haͤtte ich zum Voraus gewußt, daß er
mich nicht allein wuͤrde ausgehen laſſen. Jch ließ
ihm durch Dorcas ſagen: ich wollte dieſen gan-
tzen Tag fuͤr mich allein haben; allein morgen
wollte ich ihn ſo fruͤh als ihn ſelbſt beliebete, ſpre-
chen. Sie ſagte: ſie wuͤßte nicht, was ihm fehlte;
er ſey mit jedermann boͤſe.

Er hat noch einmahl zu guter letzt an mich ge-
ſchickt. Er laͤßt mich vor Singleton warnen.
Jch ließ ihm aber antworten: da es geſtern Abend
nicht gefaͤhrlich geweſen ſey, in die Comoͤdie zu ge-
hen, ſo wuͤrde es auch heute nicht gefaͤhrlich ſeyn,
die Kirche zu beſuchen; da wohl funfzig mahl ſo
viel Kirchen als Comoͤdien-Haͤuſer in London waͤ-
ren. Jch habe indeſſen zugegeben, daß mir ſein
Diener nachfolget. Er iſt aber gantz verdrießlich
und misvergnuͤgt. Jch frage aber nicht darnach:
ich will mich nicht immer nach dem unhoͤflichen
Menſchen richten. Jch breche jetzt den Brief ab.
Die Saͤnſte iſt da. Jch hoffe nicht, daß er mir

in
O 4
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[215/0221] nicht daran, daß Sie dieſe Vorſchlaͤge billigen wuͤrden, und in dieſer Hoffnung habe ich ſchon eine Antwort geſchrieben, die fuͤr ihn fertig lieget. Wenn wir nun wieder zerfallen, ſo muß er ſich gewiß recht bemuͤhen, die Sache aufzuſchieben, und mich in ſolcher Abſicht zu beleidigen. Er verlanget mit großem Ungeſtuͤm, mich zu ſprechen. Er hat ſich Erlaubniß ausgebeten, mich in die Kirche zu begleiten. Er iſt ungehal- ten, daß ich ihm abgeſchlagen habe, den Thee bey ihm zu trincken: allein wenn ich ihm das geſtattet haͤtte, ſo haͤtte ich zum Voraus gewußt, daß er mich nicht allein wuͤrde ausgehen laſſen. Jch ließ ihm durch Dorcas ſagen: ich wollte dieſen gan- tzen Tag fuͤr mich allein haben; allein morgen wollte ich ihn ſo fruͤh als ihn ſelbſt beliebete, ſpre- chen. Sie ſagte: ſie wuͤßte nicht, was ihm fehlte; er ſey mit jedermann boͤſe. Er hat noch einmahl zu guter letzt an mich ge- ſchickt. Er laͤßt mich vor Singleton warnen. Jch ließ ihm aber antworten: da es geſtern Abend nicht gefaͤhrlich geweſen ſey, in die Comoͤdie zu ge- hen, ſo wuͤrde es auch heute nicht gefaͤhrlich ſeyn, die Kirche zu beſuchen; da wohl funfzig mahl ſo viel Kirchen als Comoͤdien-Haͤuſer in London waͤ- ren. Jch habe indeſſen zugegeben, daß mir ſein Diener nachfolget. Er iſt aber gantz verdrießlich und misvergnuͤgt. Jch frage aber nicht darnach: ich will mich nicht immer nach dem unhoͤflichen Menſchen richten. Jch breche jetzt den Brief ab. Die Saͤnſte iſt da. Jch hoffe nicht, daß er mir in O 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/221>, abgerufen am 24.11.2024.