Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



und eine über die andere weinete! Jch wollte als-
denn als ein rechtmäßiger Ober-Herr mich auf
meinen Sopha setzen, und wie ein Türckischer
Groß Sultan thun, der sich besinnet, welcher
Schönen er zuerst sein Tuch zuwerfen soll.

Stelle dir das Mädchen vor. Es will vor
Verdruß über die Harlowes von Sinnen
kommen. Es ärgert sich über den kleinen
Geist seiner Mutter. Gegen den albernen
und niederträchtig-hochmüthigen Lovelace
ist es erbittert.
(Albern? die kleine Kröte!
Gott vergebe es mir, daß ich ein tugendhaftes
Mädchen so nenne.) Sie wollen sich aber
doch beyde herunter lassen und mich neh-
men, so gut ich bin, wenn sie sich gleich die
Finger dabey schmutzig machen. Jch ha-
be mich gegen die Fräulein zum wenigsten
nicht unanständig aufgeführet.
Hierüber
scheint sich die Fräulein Howe zu verwundern.
Jch darf mich es auch nicht unterstehen.
Das mag sie glauben! Wenn dem Frauenzimmer
solche Dinge in dem Kopfe herumschwärmen,
warum soll ich sie denn nicht in meinem Hertzen
haben? Ein solcher Teufel bin ich noch nicht.
Wenn ich üble Absichten hätte, so würde
es sich schon längstens gezeiget haben.

Gott helfe!

Sie setzt hierauf ihrer Freundin in den Kopf,
daß sie auf Ehe-Stistung, Trauschein u. s. w.
dringen solle. Alle Blödigkeit soll nun am Ende
seyn. Sie sagt ihr alles, wie sie es anfangen soll,

um



und eine uͤber die andere weinete! Jch wollte als-
denn als ein rechtmaͤßiger Ober-Herr mich auf
meinen Sopha ſetzen, und wie ein Tuͤrckiſcher
Groß Sultan thun, der ſich beſinnet, welcher
Schoͤnen er zuerſt ſein Tuch zuwerfen ſoll.

Stelle dir das Maͤdchen vor. Es will vor
Verdruß uͤber die Harlowes von Sinnen
kommen. Es aͤrgert ſich uͤber den kleinen
Geiſt ſeiner Mutter. Gegen den albernen
und niedertraͤchtig-hochmuͤthigen Lovelace
iſt es erbittert.
(Albern? die kleine Kroͤte!
Gott vergebe es mir, daß ich ein tugendhaftes
Maͤdchen ſo nenne.) Sie wollen ſich aber
doch beyde herunter laſſen und mich neh-
men, ſo gut ich bin, wenn ſie ſich gleich die
Finger dabey ſchmutzig machen. Jch ha-
be mich gegen die Fraͤulein zum wenigſten
nicht unanſtaͤndig aufgefuͤhret.
Hieruͤber
ſcheint ſich die Fraͤulein Howe zu verwundern.
Jch darf mich es auch nicht unterſtehen.
Das mag ſie glauben! Wenn dem Frauenzimmer
ſolche Dinge in dem Kopfe herumſchwaͤrmen,
warum ſoll ich ſie denn nicht in meinem Hertzen
haben? Ein ſolcher Teufel bin ich noch nicht.
Wenn ich uͤble Abſichten haͤtte, ſo wuͤrde
es ſich ſchon laͤngſtens gezeiget haben.

Gott helfe!

Sie ſetzt hierauf ihrer Freundin in den Kopf,
daß ſie auf Ehe-Stiſtung, Trauſchein u. ſ. w.
dringen ſolle. Alle Bloͤdigkeit ſoll nun am Ende
ſeyn. Sie ſagt ihr alles, wie ſie es anfangen ſoll,

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="207"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und eine u&#x0364;ber die andere weinete! Jch wollte als-<lb/>
denn als ein rechtma&#x0364;ßiger Ober-Herr mich auf<lb/>
meinen Sopha &#x017F;etzen, und wie ein Tu&#x0364;rcki&#x017F;cher<lb/>
Groß Sultan thun, der &#x017F;ich be&#x017F;innet, welcher<lb/>
Scho&#x0364;nen er zuer&#x017F;t &#x017F;ein Tuch zuwerfen &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Stelle dir das Ma&#x0364;dchen vor. <hi rendition="#fr">Es will vor<lb/>
Verdruß u&#x0364;ber die Harlowes von Sinnen<lb/>
kommen. Es a&#x0364;rgert &#x017F;ich u&#x0364;ber den kleinen<lb/>
Gei&#x017F;t &#x017F;einer Mutter. Gegen den albernen<lb/>
und niedertra&#x0364;chtig-hochmu&#x0364;thigen Lovelace<lb/>
i&#x017F;t es erbittert.</hi> (Albern? die kleine Kro&#x0364;te!<lb/>
Gott vergebe es mir, daß ich ein tugendhaftes<lb/>
Ma&#x0364;dchen &#x017F;o nenne.) <hi rendition="#fr">Sie wollen &#x017F;ich aber<lb/>
doch beyde herunter la&#x017F;&#x017F;en und mich neh-<lb/>
men, &#x017F;o gut ich bin, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich gleich die<lb/>
Finger dabey &#x017F;chmutzig machen. Jch ha-<lb/>
be mich gegen die Fra&#x0364;ulein zum wenig&#x017F;ten<lb/>
nicht unan&#x017F;ta&#x0364;ndig aufgefu&#x0364;hret.</hi> Hieru&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;cheint &#x017F;ich die Fra&#x0364;ulein Howe zu verwundern.<lb/><hi rendition="#fr">Jch darf mich es auch nicht unter&#x017F;tehen.</hi><lb/>
Das mag &#x017F;ie glauben! Wenn dem Frauenzimmer<lb/>
&#x017F;olche Dinge in dem Kopfe herum&#x017F;chwa&#x0364;rmen,<lb/>
warum &#x017F;oll ich &#x017F;ie denn nicht in meinem Hertzen<lb/>
haben? <hi rendition="#fr">Ein &#x017F;olcher Teufel bin ich noch nicht.<lb/>
Wenn ich u&#x0364;ble Ab&#x017F;ichten ha&#x0364;tte, &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
es &#x017F;ich &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;tens gezeiget haben.</hi><lb/>
Gott helfe!</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;etzt hierauf ihrer Freundin in den Kopf,<lb/>
daß &#x017F;ie auf Ehe-Sti&#x017F;tung, Trau&#x017F;chein u. &#x017F;. w.<lb/>
dringen &#x017F;olle. Alle Blo&#x0364;digkeit &#x017F;oll nun am Ende<lb/>
&#x017F;eyn. Sie &#x017F;agt ihr alles, wie &#x017F;ie es anfangen &#x017F;oll,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0213] und eine uͤber die andere weinete! Jch wollte als- denn als ein rechtmaͤßiger Ober-Herr mich auf meinen Sopha ſetzen, und wie ein Tuͤrckiſcher Groß Sultan thun, der ſich beſinnet, welcher Schoͤnen er zuerſt ſein Tuch zuwerfen ſoll. Stelle dir das Maͤdchen vor. Es will vor Verdruß uͤber die Harlowes von Sinnen kommen. Es aͤrgert ſich uͤber den kleinen Geiſt ſeiner Mutter. Gegen den albernen und niedertraͤchtig-hochmuͤthigen Lovelace iſt es erbittert. (Albern? die kleine Kroͤte! Gott vergebe es mir, daß ich ein tugendhaftes Maͤdchen ſo nenne.) Sie wollen ſich aber doch beyde herunter laſſen und mich neh- men, ſo gut ich bin, wenn ſie ſich gleich die Finger dabey ſchmutzig machen. Jch ha- be mich gegen die Fraͤulein zum wenigſten nicht unanſtaͤndig aufgefuͤhret. Hieruͤber ſcheint ſich die Fraͤulein Howe zu verwundern. Jch darf mich es auch nicht unterſtehen. Das mag ſie glauben! Wenn dem Frauenzimmer ſolche Dinge in dem Kopfe herumſchwaͤrmen, warum ſoll ich ſie denn nicht in meinem Hertzen haben? Ein ſolcher Teufel bin ich noch nicht. Wenn ich uͤble Abſichten haͤtte, ſo wuͤrde es ſich ſchon laͤngſtens gezeiget haben. Gott helfe! Sie ſetzt hierauf ihrer Freundin in den Kopf, daß ſie auf Ehe-Stiſtung, Trauſchein u. ſ. w. dringen ſolle. Alle Bloͤdigkeit ſoll nun am Ende ſeyn. Sie ſagt ihr alles, wie ſie es anfangen ſoll, um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/213
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/213>, abgerufen am 24.11.2024.