Mutter fortfahren soll zu schreiben: oder sie soll die Folgen erwarten. Ungehorsame Mäd- chens!
Wirst du nicht hiebey sagen: ist dieses spröde und hochmüthige Mädchen eben die Fräulein Ho- we, die nach dem ehrlichen Georg Colmar seuf- zete, und die ihm nachfolgen wollte, als ihn seine Schulden aus dem Königreiche trieben, wenn nicht diese Freundin es gehindert hätte?
Ja, es ist eben die Fräulein Howe! Jch ha- be das bey andern und bey mir gefunden; wenn die erste Liebe völlig besieget wird, so wird der Sieger ein See Räuber in der Liebe, und die Sie- gerin eine Grausame.
Nun kommt noch ein gezwungener artiger Brief, von einer Person, der Fräulein Howe die Ehre gethan hat, zu befehlen u. s. w. Er soll der Fräulein Harlowe berichten, daß die Fräulein Howe sehr bekümmert sey, daß sie sich durch ihren letzten Brief in solche Un- ruhe gesetzt habe.
Jch empfinde hiebey (schreibt der artige Einfalts Pinsel) einen großen Trieb, meinen Kummer oder Unwillen über ihre verdrieß- lichen Umstände zu bezeugen.
Meinen Unwillen bezeugen! Warum fiel er nicht tiefer in diese Versuchung? Darum, weil er nicht wußte, was das für Umstände waren, die bey ihm einen solchen Trieb erwarteten. Er schließet nur, u. s. w.
Hierauf tantzt er in der Schreib-Art eben so
als
Mutter fortfahren ſoll zu ſchreiben: oder ſie ſoll die Folgen erwarten. Ungehorſame Maͤd- chens!
Wirſt du nicht hiebey ſagen: iſt dieſes ſproͤde und hochmuͤthige Maͤdchen eben die Fraͤulein Ho- we, die nach dem ehrlichen Georg Colmar ſeuf- zete, und die ihm nachfolgen wollte, als ihn ſeine Schulden aus dem Koͤnigreiche trieben, wenn nicht dieſe Freundin es gehindert haͤtte?
Ja, es iſt eben die Fraͤulein Howe! Jch ha- be das bey andern und bey mir gefunden; wenn die erſte Liebe voͤllig beſieget wird, ſo wird der Sieger ein See Raͤuber in der Liebe, und die Sie- gerin eine Grauſame.
Nun kommt noch ein gezwungener artiger Brief, von einer Perſon, der Fraͤulein Howe die Ehre gethan hat, zu befehlen u. ſ. w. Er ſoll der Fraͤulein Harlowe berichten, daß die Fraͤulein Howe ſehr bekuͤmmert ſey, daß ſie ſich durch ihren letzten Brief in ſolche Un- ruhe geſetzt habe.
Jch empfinde hiebey (ſchreibt der artige Einfalts Pinſel) einen großen Trieb, meinen Kummer oder Unwillen uͤber ihre verdrieß- lichen Umſtaͤnde zu bezeugen.
Meinen Unwillen bezeugen! Warum fiel er nicht tiefer in dieſe Verſuchung? Darum, weil er nicht wußte, was das fuͤr Umſtaͤnde waren, die bey ihm einen ſolchen Trieb erwarteten. Er ſchließet nur, u. ſ. w.
Hierauf tantzt er in der Schreib-Art eben ſo
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Mutter fortfahren ſoll zu ſchreiben: oder ſie ſoll
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chens!
Wirſt du nicht hiebey ſagen: iſt dieſes ſproͤde
und hochmuͤthige Maͤdchen eben die Fraͤulein Ho-
we, die nach dem ehrlichen Georg Colmar ſeuf-
zete, und die ihm nachfolgen wollte, als ihn ſeine
Schulden aus dem Koͤnigreiche trieben, wenn nicht
dieſe Freundin es gehindert haͤtte?
Ja, es iſt eben die Fraͤulein Howe! Jch ha-
be das bey andern und bey mir gefunden; wenn
die erſte Liebe voͤllig beſieget wird, ſo wird der
Sieger ein See Raͤuber in der Liebe, und die Sie-
gerin eine Grauſame.
Nun kommt noch ein gezwungener artiger
Brief, von einer Perſon, der Fraͤulein Howe
die Ehre gethan hat, zu befehlen u. ſ. w.
Er ſoll der Fraͤulein Harlowe berichten, daß die
Fraͤulein Howe ſehr bekuͤmmert ſey, daß
ſie ſich durch ihren letzten Brief in ſolche Un-
ruhe geſetzt habe.
Jch empfinde hiebey (ſchreibt der artige
Einfalts Pinſel) einen großen Trieb, meinen
Kummer oder Unwillen uͤber ihre verdrieß-
lichen Umſtaͤnde zu bezeugen.
Meinen Unwillen bezeugen! Warum fiel
er nicht tiefer in dieſe Verſuchung? Darum, weil
er nicht wußte, was das fuͤr Umſtaͤnde waren, die
bey ihm einen ſolchen Trieb erwarteten. Er
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/206>, abgerufen am 23.07.2024.
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