[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.behutsam, die eine Zuschauerin abgeben und mit kaltem Blute einen Rath ertheilen kann, den sie selbst nicht beobachten würde, wenn sie in gleichen Umständen wäre. Sie meint, es sey mein eige- ner Vortheil, daß ich ihr ehrlich begegnete. Vortheil! Einfältige Kinder! ich dachte, diese Mädchens wüßten, daß ich meinen Vortheil dem Vergnügen beständig nachsetze. Was wollte ich darum geben, wenn ich die Der folgende Brief ist von dem dritten May. dem N 3
behutſam, die eine Zuſchauerin abgeben und mit kaltem Blute einen Rath ertheilen kann, den ſie ſelbſt nicht beobachten wuͤrde, wenn ſie in gleichen Umſtaͤnden waͤre. Sie meint, es ſey mein eige- ner Vortheil, daß ich ihr ehrlich begegnete. Vortheil! Einfaͤltige Kinder! ich dachte, dieſe Maͤdchens wuͤßten, daß ich meinen Vortheil dem Vergnuͤgen beſtaͤndig nachſetze. Was wollte ich darum geben, wenn ich die Der folgende Brief iſt von dem dritten May. dem N 3
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behutſam, die eine Zuſchauerin abgeben und mit
kaltem Blute einen Rath ertheilen kann, den ſie
ſelbſt nicht beobachten wuͤrde, wenn ſie in gleichen
Umſtaͤnden waͤre. Sie meint, es ſey mein eige-
ner Vortheil, daß ich ihr ehrlich begegnete.
Vortheil! Einfaͤltige Kinder! ich dachte, dieſe
Maͤdchens wuͤßten, daß ich meinen Vortheil dem
Vergnuͤgen beſtaͤndig nachſetze.
Was wollte ich darum geben, wenn ich die
Briefe ſelbſt haͤtte, welche die Fraͤulein Howe
beantwortet!
Der folgende Brief iſt von dem dritten May.
Die naſeweiſe Tochter wundert ſich in dieſem
Briefe ungemein, daß ihre Mutter an die Fraͤulein
Harlowe geſchrieben, und ſich unterſtanden hat,
ihr den Brief-Wechſel mit ihrer Tochter zu ver-
bieten. Sie beruft ſich auf den Herrn Hickman,
welcher der Meinung ſey, daß ſie den Brief-
wechſel nicht aufgeben ſolle. Wie der krie-
gende Schmeichler um die Maͤdchens herum-
ſchleicht! Jch fuͤrchte, ich werde ihn und ſeine Ama-
zonin ſtrafen muͤſſen. Jch habe ſchon einen Ein-
fall, auf den ich nur eine halbe Stunde nachden-
cken und ihn in Ordnung bringen muß, um mich
an beiden zugleich zu raͤchen. Jch kann nicht lei-
den, daß die Vorrechte der Eltern ſo mit Fuͤſſen
getreten werden. Aber nun ſtelle dir das boͤſe
Maͤdchen vor! Es iſt, ſchreibt ſie, fuͤr ihn ein
Gluͤck, daß er gleiche Einſichten mit mir
hat: denn weil mich meine Mutter unwil-
lig gemacht hat, ſo ſuche ich jetzt einen, mit
dem
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