Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



schlossen haben, ohngeachtet meines billigen Mis-
vergnügens, an einem heiligeren Orte als der Spei-
se-Saal ist, mit ihm zu erscheinen. Das aber ist
mein vester Entschluß: er soll mit meiner Bewilli-
gung diese Nacht nicht in dem Hause bleiben. Jch
habe nun stärckere Gründe, als vorhin, bey diesem
Entschluß zu beharren.



Was für Eitelkeit ist es, wenn wir von Entschlies-
sen reden? Sobald wir uns mit dem andern Ge-
schlecht eingelassen haben, können wir uns nicht
mehr auf eine dauerhafte Art zu etwas entschliessen.
Er gieng zu den Leuten in dem Hause hinunter, und
blieb unten bis es Zeit zum Abend-Essen war. Er
bat sich hierauf aus, daß er auf einen Augenblick
vor mich kommen dürfte, (wie er es nannte)
und bat mich um Erlaubniß, nur diese eintzige Nacht
in dem Hause zu bleiben: er wolle morgen gleich
nach dem Caffee das Haus verlassen, und entweder
zu dem Lord M. oder nach Eogware reisen-Wenn
ich aber dieses nicht billigte, so wolle er nicht einmahl
das Abend-Essen abwarten, sondern ausser Hause
schlafen, und mich morgen früh um acht Uhr wieder
sprechen. Allein eine abschlägige Antwort von mir
würde unten in dem Hause wegen dessen, was er
erzählt hätte, einer sonderbaren Auslegung unter-
worffen seyn: sonderlich da er um der angeführten
Ursache willen als Zimmer auf einen Monath ge-
miethet hätte. Jch könnte aber dem ohngeachtet
in ein paar Tagen ausziehen, wenn mir morgen die
Witwe und ihre Basen nicht gefielen.

Ohn-



ſchloſſen haben, ohngeachtet meines billigen Mis-
vergnuͤgens, an einem heiligeren Orte als der Spei-
ſe-Saal iſt, mit ihm zu erſcheinen. Das aber iſt
mein veſter Entſchluß: er ſoll mit meiner Bewilli-
gung dieſe Nacht nicht in dem Hauſe bleiben. Jch
habe nun ſtaͤrckere Gruͤnde, als vorhin, bey dieſem
Entſchluß zu beharren.



Was fuͤr Eitelkeit iſt es, wenn wir von Entſchlieſ-
ſen reden? Sobald wir uns mit dem andern Ge-
ſchlecht eingelaſſen haben, koͤnnen wir uns nicht
mehr auf eine dauerhafte Art zu etwas entſchlieſſen.
Er gieng zu den Leuten in dem Hauſe hinunter, und
blieb unten bis es Zeit zum Abend-Eſſen war. Er
bat ſich hierauf aus, daß er auf einen Augenblick
vor mich kommen duͤrfte, (wie er es nannte)
und bat mich um Erlaubniß, nur dieſe eintzige Nacht
in dem Hauſe zu bleiben: er wolle morgen gleich
nach dem Caffee das Haus verlaſſen, und entweder
zu dem Lord M. oder nach Eogware reiſen-Wenn
ich aber dieſes nicht billigte, ſo wolle er nicht einmahl
das Abend-Eſſen abwarten, ſondern auſſer Hauſe
ſchlafen, und mich morgen fruͤh um acht Uhr wieder
ſprechen. Allein eine abſchlaͤgige Antwort von mir
wuͤrde unten in dem Hauſe wegen deſſen, was er
erzaͤhlt haͤtte, einer ſonderbaren Auslegung unter-
worffen ſeyn: ſonderlich da er um der angefuͤhrten
Urſache willen als Zimmer auf einen Monath ge-
miethet haͤtte. Jch koͤnnte aber dem ohngeachtet
in ein paar Tagen ausziehen, wenn mir morgen die
Witwe und ihre Baſen nicht gefielen.

Ohn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0468" n="454"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en haben, ohngeachtet meines billigen Mis-<lb/>
vergnu&#x0364;gens, an einem heiligeren Orte als der Spei-<lb/>
&#x017F;e-Saal i&#x017F;t, mit ihm zu er&#x017F;cheinen. Das aber i&#x017F;t<lb/>
mein ve&#x017F;ter Ent&#x017F;chluß: er &#x017F;oll mit meiner Bewilli-<lb/>
gung die&#x017F;e Nacht nicht in dem Hau&#x017F;e bleiben. Jch<lb/>
habe nun &#x017F;ta&#x0364;rckere Gru&#x0364;nde, als vorhin, bey die&#x017F;em<lb/>
Ent&#x017F;chluß zu beharren.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Was fu&#x0364;r Eitelkeit i&#x017F;t es, wenn wir von Ent&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en reden? Sobald wir uns mit dem andern Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht eingela&#x017F;&#x017F;en haben, ko&#x0364;nnen wir uns nicht<lb/>
mehr auf eine dauerhafte Art zu etwas ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Er gieng zu den Leuten in dem Hau&#x017F;e hinunter, und<lb/>
blieb unten bis es Zeit zum Abend-E&#x017F;&#x017F;en war. Er<lb/>
bat &#x017F;ich hierauf aus, daß er auf einen Augenblick<lb/><hi rendition="#fr">vor mich kommen</hi> du&#x0364;rfte, (wie er es nannte)<lb/>
und bat mich um Erlaubniß, nur die&#x017F;e eintzige Nacht<lb/>
in dem Hau&#x017F;e zu bleiben: er wolle morgen gleich<lb/>
nach dem <hi rendition="#fr">Caffee</hi> das Haus verla&#x017F;&#x017F;en, und entweder<lb/>
zu dem Lord M. oder nach <hi rendition="#fr">Eogware</hi> rei&#x017F;en-Wenn<lb/>
ich aber die&#x017F;es nicht billigte, &#x017F;o wolle er nicht einmahl<lb/>
das Abend-E&#x017F;&#x017F;en abwarten, &#x017F;ondern au&#x017F;&#x017F;er Hau&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chlafen, und mich morgen fru&#x0364;h um acht Uhr wieder<lb/>
&#x017F;prechen. Allein eine ab&#x017F;chla&#x0364;gige Antwort von mir<lb/>
wu&#x0364;rde unten in dem Hau&#x017F;e wegen de&#x017F;&#x017F;en, was er<lb/>
erza&#x0364;hlt ha&#x0364;tte, einer &#x017F;onderbaren Auslegung unter-<lb/>
worffen &#x017F;eyn: &#x017F;onderlich da er um der angefu&#x0364;hrten<lb/>
Ur&#x017F;ache willen als Zimmer auf einen Monath ge-<lb/>
miethet ha&#x0364;tte. Jch ko&#x0364;nnte aber dem ohngeachtet<lb/>
in ein paar Tagen ausziehen, wenn mir morgen die<lb/>
Witwe und ihre Ba&#x017F;en nicht gefielen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ohn-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0468] ſchloſſen haben, ohngeachtet meines billigen Mis- vergnuͤgens, an einem heiligeren Orte als der Spei- ſe-Saal iſt, mit ihm zu erſcheinen. Das aber iſt mein veſter Entſchluß: er ſoll mit meiner Bewilli- gung dieſe Nacht nicht in dem Hauſe bleiben. Jch habe nun ſtaͤrckere Gruͤnde, als vorhin, bey dieſem Entſchluß zu beharren. Was fuͤr Eitelkeit iſt es, wenn wir von Entſchlieſ- ſen reden? Sobald wir uns mit dem andern Ge- ſchlecht eingelaſſen haben, koͤnnen wir uns nicht mehr auf eine dauerhafte Art zu etwas entſchlieſſen. Er gieng zu den Leuten in dem Hauſe hinunter, und blieb unten bis es Zeit zum Abend-Eſſen war. Er bat ſich hierauf aus, daß er auf einen Augenblick vor mich kommen duͤrfte, (wie er es nannte) und bat mich um Erlaubniß, nur dieſe eintzige Nacht in dem Hauſe zu bleiben: er wolle morgen gleich nach dem Caffee das Haus verlaſſen, und entweder zu dem Lord M. oder nach Eogware reiſen-Wenn ich aber dieſes nicht billigte, ſo wolle er nicht einmahl das Abend-Eſſen abwarten, ſondern auſſer Hauſe ſchlafen, und mich morgen fruͤh um acht Uhr wieder ſprechen. Allein eine abſchlaͤgige Antwort von mir wuͤrde unten in dem Hauſe wegen deſſen, was er erzaͤhlt haͤtte, einer ſonderbaren Auslegung unter- worffen ſeyn: ſonderlich da er um der angefuͤhrten Urſache willen als Zimmer auf einen Monath ge- miethet haͤtte. Jch koͤnnte aber dem ohngeachtet in ein paar Tagen ausziehen, wenn mir morgen die Witwe und ihre Baſen nicht gefielen. Ohn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/468
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/468>, abgerufen am 22.11.2024.