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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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wieder an der Rache, die ich der Harlowischen Fa-
milie schuldig bin. Sally brach bey ihrem Anblick
in die Worte des Drydens aus:

Zum Hohn der Lilie, die durch das frische
Grün
Jhr reitzend Antlitz zeigt: dem Frühling
vorzuziehn,
Wenn er zuerst erwacht, und die geschloß-
ne Blüte
Mit frischen Säfften füllt.

Eine halbe Stunde nach unserer Ankunft lies ich
mich in deinem Hause ansagen, damit ich deinen
Glückwunsch empfangen möchte. Allein du scheinst
zu Edgware gewesen zu seyn.

Meine Geliebte befindet sich jetzund besser, und
vergnüget sich an ihren gewöhnlichen Zeitvertreib,
nehmlich der Feder. Jch muß diesen Zeitvertreib
auch erwählen, bis sie mir erlaubet, daß ich vor sie
kommen darf. Jch habe allen im Hause schon be-
fohlen, wie sie sich aufführen sollen.

Jetzt eben kommt die Witwe, und bringet die
Dorcas mit. Dorcas Wykes soll bey meiner
Schönen Cammer-Kätzgen werden: ich werde sie
beyde auf ihr Verlangen zu meinem Kinde führen.

Jch habe so viele Gelegenheit in Händen, mein
Kind zu fangen, daß ich nicht weiß, welche ich
wählen soll.



Sie hat das ehrliche Mädchen in Dienste genom-
men. Es ist von guten Leuten, allein es ist in der
Erziehung versäumt, und im höchsten Grad un-

wissend.



wieder an der Rache, die ich der Harlowiſchen Fa-
milie ſchuldig bin. Sally brach bey ihrem Anblick
in die Worte des Drydens aus:

Zum Hohn der Lilie, die durch das friſche
Gruͤn
Jhr reitzend Antlitz zeigt: dem Fruͤhling
vorzuziehn,
Wenn er zuerſt erwacht, und die geſchloß-
ne Bluͤte
Mit friſchen Saͤfften fuͤllt.

Eine halbe Stunde nach unſerer Ankunft lies ich
mich in deinem Hauſe anſagen, damit ich deinen
Gluͤckwunſch empfangen moͤchte. Allein du ſcheinſt
zu Edgware geweſen zu ſeyn.

Meine Geliebte befindet ſich jetzund beſſer, und
vergnuͤget ſich an ihren gewoͤhnlichen Zeitvertreib,
nehmlich der Feder. Jch muß dieſen Zeitvertreib
auch erwaͤhlen, bis ſie mir erlaubet, daß ich vor ſie
kommen darf. Jch habe allen im Hauſe ſchon be-
fohlen, wie ſie ſich auffuͤhren ſollen.

Jetzt eben kommt die Witwe, und bringet die
Dorcas mit. Dorcas Wykes ſoll bey meiner
Schoͤnen Cammer-Kaͤtzgen werden: ich werde ſie
beyde auf ihr Verlangen zu meinem Kinde fuͤhren.

Jch habe ſo viele Gelegenheit in Haͤnden, mein
Kind zu fangen, daß ich nicht weiß, welche ich
waͤhlen ſoll.



Sie hat das ehrliche Maͤdchen in Dienſte genom-
men. Es iſt von guten Leuten, allein es iſt in der
Erziehung verſaͤumt, und im hoͤchſten Grad un-

wiſſend.
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[438/0452] wieder an der Rache, die ich der Harlowiſchen Fa- milie ſchuldig bin. Sally brach bey ihrem Anblick in die Worte des Drydens aus: Zum Hohn der Lilie, die durch das friſche Gruͤn Jhr reitzend Antlitz zeigt: dem Fruͤhling vorzuziehn, Wenn er zuerſt erwacht, und die geſchloß- ne Bluͤte Mit friſchen Saͤfften fuͤllt. Eine halbe Stunde nach unſerer Ankunft lies ich mich in deinem Hauſe anſagen, damit ich deinen Gluͤckwunſch empfangen moͤchte. Allein du ſcheinſt zu Edgware geweſen zu ſeyn. Meine Geliebte befindet ſich jetzund beſſer, und vergnuͤget ſich an ihren gewoͤhnlichen Zeitvertreib, nehmlich der Feder. Jch muß dieſen Zeitvertreib auch erwaͤhlen, bis ſie mir erlaubet, daß ich vor ſie kommen darf. Jch habe allen im Hauſe ſchon be- fohlen, wie ſie ſich auffuͤhren ſollen. Jetzt eben kommt die Witwe, und bringet die Dorcas mit. Dorcas Wykes ſoll bey meiner Schoͤnen Cammer-Kaͤtzgen werden: ich werde ſie beyde auf ihr Verlangen zu meinem Kinde fuͤhren. Jch habe ſo viele Gelegenheit in Haͤnden, mein Kind zu fangen, daß ich nicht weiß, welche ich waͤhlen ſoll. Sie hat das ehrliche Maͤdchen in Dienſte genom- men. Es iſt von guten Leuten, allein es iſt in der Erziehung verſaͤumt, und im hoͤchſten Grad un- wiſſend.

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/452>, abgerufen am 22.12.2024.