Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



dern könnte. Vielleicht betriegen Sie sich. Sie
hoffen, daß es nicht ohnmöglich sey, Jhren guten
Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen
wieder zu erlangen. Beydes zusammen werden
Sie nie wieder erhalten; und schwerlich eins von
beyden. Alle die Personen, die Sie beleidiget
haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe-
mahls liebeten, müssen erst unter einen Hut gebracht
werden, ehe sie wieder angenommen werden kön-
nen. Jst es möglich, daß dieses jemahls geschehe,
nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au-
gen leuchtet?

Es würde Jhnen leyd thun, schreiben Sie, wenn
Sie zu solchen Veränderungen gezwungen würden,
die die Aussöhnung unmöglicher machten. Jst es
nun erst Zeit für Sie, dergleichen zu befürchten?
Jetzt ist es ohnmöglich, an eine Versöhnung zu ge-
dencken, wenn sie auch künstig möglich werden könn-
te. Man muß erst sehen, was aus Jhrer vorigen
Uebereilung für Früchte entstehen. Es ist nicht
ohnmöglich, daß noch Blut darüber vergossen wird.
Wird der Mensch in dessen Gewalt Sie sich befin-
den, Sie ohne sich zur Wehre zu setzen fahren las-
sen? Wenn er dieses nicht will, so mag ich an die
Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, so
scheue ich mich an das vorhergehende, und an die
Ursachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch
will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu-
gendhaftes Hertz bekannt ist. Allein ich frage Sie,
sind Sie nicht von allem Schutz entblösset? Sind
Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht selbst,

gera-
B b 3



dern koͤnnte. Vielleicht betriegen Sie ſich. Sie
hoffen, daß es nicht ohnmoͤglich ſey, Jhren guten
Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen
wieder zu erlangen. Beydes zuſammen werden
Sie nie wieder erhalten; und ſchwerlich eins von
beyden. Alle die Perſonen, die Sie beleidiget
haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe-
mahls liebeten, muͤſſen erſt unter einen Hut gebracht
werden, ehe ſie wieder angenommen werden koͤn-
nen. Jſt es moͤglich, daß dieſes jemahls geſchehe,
nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au-
gen leuchtet?

Es wuͤrde Jhnen leyd thun, ſchreiben Sie, wenn
Sie zu ſolchen Veraͤnderungen gezwungen wuͤrden,
die die Ausſoͤhnung unmoͤglicher machten. Jſt es
nun erſt Zeit fuͤr Sie, dergleichen zu befuͤrchten?
Jetzt iſt es ohnmoͤglich, an eine Verſoͤhnung zu ge-
dencken, wenn ſie auch kuͤnſtig moͤglich werden koͤnn-
te. Man muß erſt ſehen, was aus Jhrer vorigen
Uebereilung fuͤr Fruͤchte entſtehen. Es iſt nicht
ohnmoͤglich, daß noch Blut daruͤber vergoſſen wird.
Wird der Menſch in deſſen Gewalt Sie ſich befin-
den, Sie ohne ſich zur Wehre zu ſetzen fahren laſ-
ſen? Wenn er dieſes nicht will, ſo mag ich an die
Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, ſo
ſcheue ich mich an das vorhergehende, und an die
Urſachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch
will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu-
gendhaftes Hertz bekannt iſt. Allein ich frage Sie,
ſind Sie nicht von allem Schutz entbloͤſſet? Sind
Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht ſelbſt,

gera-
B b 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <p><pb facs="#f0403" n="389"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
dern ko&#x0364;nnte. Vielleicht betriegen Sie &#x017F;ich. Sie<lb/>
hoffen, daß es nicht ohnmo&#x0364;glich &#x017F;ey, Jhren guten<lb/>
Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen<lb/>
wieder zu erlangen. Beydes zu&#x017F;ammen werden<lb/>
Sie nie wieder erhalten; und &#x017F;chwerlich eins von<lb/>
beyden. Alle die Per&#x017F;onen, die Sie beleidiget<lb/>
haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe-<lb/>
mahls liebeten, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;t unter einen Hut gebracht<lb/>
werden, ehe &#x017F;ie wieder angenommen werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen. J&#x017F;t es mo&#x0364;glich, daß die&#x017F;es jemahls ge&#x017F;chehe,<lb/>
nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au-<lb/>
gen leuchtet?</p><lb/>
              <p>Es wu&#x0364;rde Jhnen leyd thun, &#x017F;chreiben Sie, wenn<lb/>
Sie zu &#x017F;olchen Vera&#x0364;nderungen gezwungen wu&#x0364;rden,<lb/>
die die Aus&#x017F;o&#x0364;hnung unmo&#x0364;glicher machten. J&#x017F;t es<lb/>
nun er&#x017F;t Zeit fu&#x0364;r Sie, dergleichen zu befu&#x0364;rchten?<lb/>
Jetzt i&#x017F;t es ohnmo&#x0364;glich, an eine Ver&#x017F;o&#x0364;hnung zu ge-<lb/>
dencken, wenn &#x017F;ie auch ku&#x0364;n&#x017F;tig mo&#x0364;glich werden ko&#x0364;nn-<lb/>
te. Man muß er&#x017F;t &#x017F;ehen, was aus Jhrer vorigen<lb/>
Uebereilung fu&#x0364;r Fru&#x0364;chte ent&#x017F;tehen. Es i&#x017F;t nicht<lb/>
ohnmo&#x0364;glich, daß noch Blut daru&#x0364;ber vergo&#x017F;&#x017F;en wird.<lb/>
Wird der Men&#x017F;ch in de&#x017F;&#x017F;en Gewalt Sie &#x017F;ich befin-<lb/>
den, Sie ohne &#x017F;ich zur Wehre zu &#x017F;etzen fahren la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en? Wenn er die&#x017F;es nicht will, &#x017F;o mag ich an die<lb/>
Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;cheue ich mich an das vorhergehende, und an die<lb/>
Ur&#x017F;achen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch<lb/>
will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu-<lb/>
gendhaftes Hertz bekannt i&#x017F;t. Allein ich frage Sie,<lb/>
&#x017F;ind Sie nicht von allem Schutz entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et? Sind<lb/>
Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gera-</fw><lb/></p>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0403] dern koͤnnte. Vielleicht betriegen Sie ſich. Sie hoffen, daß es nicht ohnmoͤglich ſey, Jhren guten Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen wieder zu erlangen. Beydes zuſammen werden Sie nie wieder erhalten; und ſchwerlich eins von beyden. Alle die Perſonen, die Sie beleidiget haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe- mahls liebeten, muͤſſen erſt unter einen Hut gebracht werden, ehe ſie wieder angenommen werden koͤn- nen. Jſt es moͤglich, daß dieſes jemahls geſchehe, nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au- gen leuchtet? Es wuͤrde Jhnen leyd thun, ſchreiben Sie, wenn Sie zu ſolchen Veraͤnderungen gezwungen wuͤrden, die die Ausſoͤhnung unmoͤglicher machten. Jſt es nun erſt Zeit fuͤr Sie, dergleichen zu befuͤrchten? Jetzt iſt es ohnmoͤglich, an eine Verſoͤhnung zu ge- dencken, wenn ſie auch kuͤnſtig moͤglich werden koͤnn- te. Man muß erſt ſehen, was aus Jhrer vorigen Uebereilung fuͤr Fruͤchte entſtehen. Es iſt nicht ohnmoͤglich, daß noch Blut daruͤber vergoſſen wird. Wird der Menſch in deſſen Gewalt Sie ſich befin- den, Sie ohne ſich zur Wehre zu ſetzen fahren laſ- ſen? Wenn er dieſes nicht will, ſo mag ich an die Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, ſo ſcheue ich mich an das vorhergehende, und an die Urſachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu- gendhaftes Hertz bekannt iſt. Allein ich frage Sie, ſind Sie nicht von allem Schutz entbloͤſſet? Sind Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht ſelbſt, gera- B b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/403
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/403>, abgerufen am 15.06.2024.