gesagt. Er hoffete, ich würde auf einen Ort den- cken, nach dem ich mich begeben könnte, und der nach meinem Sinne wäre. Er müsse sich indessen die Freyheit nehmen zu sagen, daß er nicht glaube durch seine Aufführung es verdient zu haben, daß ich so ernstlich auf seine Entfernung dränge, son- derlich, da ich mich fast ewig einschlösse, ob er gleich nie unerbauet und ohne einen neuen Vorsatz sich zu bessern von mir ginge.
Jch schließe mich ewig ein? (sagte ich.) Jch hoffe doch, sie werden es mir nicht ungütig deu- ten, daß ich mich nicht will überfallen lassen, wenn ich vor mich bin. Sie werden mich doch nicht vor so schwach ansehen, (ohngeachtet ich mich in einer wichtigen Sache so jung aufgeführt habe) daß sie glauben, ich sey begierig ihre artigen Reden zu hören, wenn keine neue Umstände den öftern Be- such nöthig machen. Wollen sie etwan so mit mir umgehen, als hielte ich für unentbehrlich, daß mir ihre Ehrlichkeit alle Stunden durch neue Eidschwü- re versichert werde?
Er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte.
Jch fuhr fort, sie wissen die Ursache wohl, wes- wegen ich so ernstlich auf ihre Entfernung dringe: damit nehmlich die Welt glauben möge, daß ich ihnen nicht verpflichtet sey; und es mir leichter wer- de, mich mit meinen Freunden auszusöhnen. Damit ihnen diese Versöhnung nicht so fürchterlich vorkom- men möge, so verspreche ich ihnen, nachdem ich das Glück genieße, bey ihren vornehmen Anver-
wanten
geſagt. Er hoffete, ich wuͤrde auf einen Ort den- cken, nach dem ich mich begeben koͤnnte, und der nach meinem Sinne waͤre. Er muͤſſe ſich indeſſen die Freyheit nehmen zu ſagen, daß er nicht glaube durch ſeine Auffuͤhrung es verdient zu haben, daß ich ſo ernſtlich auf ſeine Entfernung draͤnge, ſon- derlich, da ich mich faſt ewig einſchloͤſſe, ob er gleich nie unerbauet und ohne einen neuen Vorſatz ſich zu beſſern von mir ginge.
Jch ſchließe mich ewig ein? (ſagte ich.) Jch hoffe doch, ſie werden es mir nicht unguͤtig deu- ten, daß ich mich nicht will uͤberfallen laſſen, wenn ich vor mich bin. Sie werden mich doch nicht vor ſo ſchwach anſehen, (ohngeachtet ich mich in einer wichtigen Sache ſo jung aufgefuͤhrt habe) daß ſie glauben, ich ſey begierig ihre artigen Reden zu hoͤren, wenn keine neue Umſtaͤnde den oͤftern Be- ſuch noͤthig machen. Wollen ſie etwan ſo mit mir umgehen, als hielte ich fuͤr unentbehrlich, daß mir ihre Ehrlichkeit alle Stunden durch neue Eidſchwuͤ- re verſichert werde?
Er ſchien nicht recht zu wiſſen, was er ſagen ſollte.
Jch fuhr fort, ſie wiſſen die Urſache wohl, wes- wegen ich ſo ernſtlich auf ihre Entfernung dringe: damit nehmlich die Welt glauben moͤge, daß ich ihnen nicht verpflichtet ſey; und es mir leichter wer- de, mich mit meinen Freunden auszuſoͤhnen. Damit ihnen dieſe Verſoͤhnung nicht ſo fuͤrchterlich vorkom- men moͤge, ſo verſpreche ich ihnen, nachdem ich das Gluͤck genieße, bey ihren vornehmen Anver-
wanten
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geſagt. Er hoffete, ich wuͤrde auf einen Ort den-
cken, nach dem ich mich begeben koͤnnte, und der
nach meinem Sinne waͤre. Er muͤſſe ſich indeſſen
die Freyheit nehmen zu ſagen, daß er nicht glaube
durch ſeine Auffuͤhrung es verdient zu haben, daß
ich ſo ernſtlich auf ſeine Entfernung draͤnge, ſon-
derlich, da ich mich faſt ewig einſchloͤſſe, ob er gleich
nie unerbauet und ohne einen neuen Vorſatz ſich zu
beſſern von mir ginge.
Jch ſchließe mich ewig ein? (ſagte ich.) Jch
hoffe doch, ſie werden es mir nicht unguͤtig deu-
ten, daß ich mich nicht will uͤberfallen laſſen, wenn
ich vor mich bin. Sie werden mich doch nicht vor
ſo ſchwach anſehen, (ohngeachtet ich mich in einer
wichtigen Sache ſo jung aufgefuͤhrt habe) daß ſie
glauben, ich ſey begierig ihre artigen Reden zu
hoͤren, wenn keine neue Umſtaͤnde den oͤftern Be-
ſuch noͤthig machen. Wollen ſie etwan ſo mit mir
umgehen, als hielte ich fuͤr unentbehrlich, daß mir
ihre Ehrlichkeit alle Stunden durch neue Eidſchwuͤ-
re verſichert werde?
Er ſchien nicht recht zu wiſſen, was er ſagen
ſollte.
Jch fuhr fort, ſie wiſſen die Urſache wohl, wes-
wegen ich ſo ernſtlich auf ihre Entfernung dringe:
damit nehmlich die Welt glauben moͤge, daß ich
ihnen nicht verpflichtet ſey; und es mir leichter wer-
de, mich mit meinen Freunden auszuſoͤhnen. Damit
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/269>, abgerufen am 22.11.2024.
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