len zu lassen, als er glauben mußte, daß ich mei- nen Vorsatz ändern könnte?
Clarissa Harlowe.
Der drey und viertzigste Brief von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe.
Sonntag Morgens den 9ten April.
Es scheint, daß heute niemand in die Kirche gehen wird. Man erwartet zu so weltli- chen und so grausamen Absichten keinen Seegen GOttes.
Die Meinigen schöpfen Argwohn, daß ich et- was in dem Sinne haben möchte. Elisabeth hat sich nach meinen Kleidern umgesehen. Jch brachte einen Brief in den Garten, den ich an Lovelacen geschrieben hatte: als ich zurück kam, fand ich sie, daß sie unter meinen Kleidern ge- kramt hatte, und der Schlüssel steckte noch in dem Schrancke. Sie verfärbte sich, und ward bestürtzt darüber, daß ich sie übereilte: ich sagte ihr aber: ich würde mich in alles schicken kön- nen, was die Zeit und mein Unglück mit sich brächte; wenn sie Befehl hätte etwas zu thun, so sey das Entschuldigung genug für sie.
Sie
der Clariſſa.
len zu laſſen, als er glauben mußte, daß ich mei- nen Vorſatz aͤndern koͤnnte?
Clariſſa Harlowe.
Der drey und viertzigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe.
Sonntag Morgens den 9ten April.
Es ſcheint, daß heute niemand in die Kirche gehen wird. Man erwartet zu ſo weltli- chen und ſo grauſamen Abſichten keinen Seegen GOttes.
Die Meinigen ſchoͤpfen Argwohn, daß ich et- was in dem Sinne haben moͤchte. Eliſabeth hat ſich nach meinen Kleidern umgeſehen. Jch brachte einen Brief in den Garten, den ich an Lovelacen geſchrieben hatte: als ich zuruͤck kam, fand ich ſie, daß ſie unter meinen Kleidern ge- kramt hatte, und der Schluͤſſel ſteckte noch in dem Schrancke. Sie verfaͤrbte ſich, und ward beſtuͤrtzt daruͤber, daß ich ſie uͤbereilte: ich ſagte ihr aber: ich wuͤrde mich in alles ſchicken koͤn- nen, was die Zeit und mein Ungluͤck mit ſich braͤchte; wenn ſie Befehl haͤtte etwas zu thun, ſo ſey das Entſchuldigung genug fuͤr ſie.
Sie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0501"n="495"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa</hi>.</hi></fw><lb/>
len zu laſſen, als er glauben mußte, daß ich mei-<lb/>
nen Vorſatz aͤndern koͤnnte?</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Clariſſa Harlowe.</hi></hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Der drey und viertzigſte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hirendition="#fr">Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">Sonntag Morgens den<lb/>
9ten April.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s ſcheint, daß heute niemand in die Kirche<lb/>
gehen wird. Man erwartet zu ſo weltli-<lb/>
chen und ſo grauſamen Abſichten keinen Seegen<lb/>
GOttes.</p><lb/><p>Die Meinigen ſchoͤpfen Argwohn, daß ich et-<lb/>
was in dem Sinne haben moͤchte. <hirendition="#fr">Eliſabeth</hi><lb/>
hat ſich nach meinen Kleidern umgeſehen. Jch<lb/>
brachte einen Brief in den Garten, den ich an<lb/><hirendition="#fr">Lovelacen</hi> geſchrieben hatte: als ich zuruͤck kam,<lb/>
fand ich ſie, daß ſie unter meinen Kleidern ge-<lb/>
kramt hatte, und der Schluͤſſel ſteckte noch in<lb/>
dem Schrancke. Sie verfaͤrbte ſich, und ward<lb/>
beſtuͤrtzt daruͤber, daß ich ſie uͤbereilte: ich ſagte<lb/>
ihr aber: ich wuͤrde mich in alles ſchicken koͤn-<lb/>
nen, was die Zeit und mein Ungluͤck mit ſich<lb/>
braͤchte; wenn ſie Befehl haͤtte etwas zu thun,<lb/>ſo ſey das Entſchuldigung genug fuͤr ſie.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sie</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[495/0501]
der Clariſſa.
len zu laſſen, als er glauben mußte, daß ich mei-
nen Vorſatz aͤndern koͤnnte?
Clariſſa Harlowe.
Der drey und viertzigſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.
Sonntag Morgens den
9ten April.
Es ſcheint, daß heute niemand in die Kirche
gehen wird. Man erwartet zu ſo weltli-
chen und ſo grauſamen Abſichten keinen Seegen
GOttes.
Die Meinigen ſchoͤpfen Argwohn, daß ich et-
was in dem Sinne haben moͤchte. Eliſabeth
hat ſich nach meinen Kleidern umgeſehen. Jch
brachte einen Brief in den Garten, den ich an
Lovelacen geſchrieben hatte: als ich zuruͤck kam,
fand ich ſie, daß ſie unter meinen Kleidern ge-
kramt hatte, und der Schluͤſſel ſteckte noch in
dem Schrancke. Sie verfaͤrbte ſich, und ward
beſtuͤrtzt daruͤber, daß ich ſie uͤbereilte: ich ſagte
ihr aber: ich wuͤrde mich in alles ſchicken koͤn-
nen, was die Zeit und mein Ungluͤck mit ſich
braͤchte; wenn ſie Befehl haͤtte etwas zu thun,
ſo ſey das Entſchuldigung genug fuͤr ſie.
Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/501>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.