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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.
er sie nach der Erzählung der Elisabeth schon
nennet.

Er wollte mir noch einmahl in den Weg kom-
men, allein ich eilte nach meinem Gefängniß hin-
auf, um ihm aus dem Wege zu gehen. Denn
ich kam eben aus dem Garten zurück.

Eine Neugierigkeit plagte mich, als ich in dem
Garten war, nachzusehen, ob mein Brief abge-
hohlt wäre. Jch kan nicht sagen, daß ich es in
der Absicht that, ihn zurück zu nehmen, wenn
ich ihn noch finden würde, denn ich sehe nicht
was ich darin ändern könnte. Allein was für
ein Eigensinn! Als ich ihn nicht mehr fand, so
wünschte ich eben so, wie gestern Morgen, daß
er noch nicht abgeholt seyn möchte. Jch kan
keine andere Ursache dieses Wunsches angeben,
als daß ich ihn nicht mehr in meiner Macht
hatte.

Eine ungemeine grosse Sorgfalt und Wach-
samkeit von Herrn Lavelacen! Er sagt, er
wohnte fast unter unserer Gartenmauer: und
ich muß es selbst glauben.

Sie werden sehen, daß er in seinem Brieffe
einer vierfachen Verkleidung Erwöhnung thut,
in der er täglich erscheinet. Es ist dem ohnge-
achtet zu verwundern, daß ihn keiner von un-
sern Verwaltern entdecket hat: denn er sieht gar
zu wohl aus, als daß ihn eine Verkleidung ver-
stellen oder unkenntlich machen sollte. Allein
das hilfft ihm, daß alle da herum liegende Ae-
cker unser eigen sind, und um die Gegend des

Gar-

der Clariſſa.
er ſie nach der Erzaͤhlung der Eliſabeth ſchon
nennet.

Er wollte mir noch einmahl in den Weg kom-
men, allein ich eilte nach meinem Gefaͤngniß hin-
auf, um ihm aus dem Wege zu gehen. Denn
ich kam eben aus dem Garten zuruͤck.

Eine Neugierigkeit plagte mich, als ich in dem
Garten war, nachzuſehen, ob mein Brief abge-
hohlt waͤre. Jch kan nicht ſagen, daß ich es in
der Abſicht that, ihn zuruͤck zu nehmen, wenn
ich ihn noch finden wuͤrde, denn ich ſehe nicht
was ich darin aͤndern koͤnnte. Allein was fuͤr
ein Eigenſinn! Als ich ihn nicht mehr fand, ſo
wuͤnſchte ich eben ſo, wie geſtern Morgen, daß
er noch nicht abgeholt ſeyn moͤchte. Jch kan
keine andere Urſache dieſes Wunſches angeben,
als daß ich ihn nicht mehr in meiner Macht
hatte.

Eine ungemeine groſſe Sorgfalt und Wach-
ſamkeit von Herrn Lavelacen! Er ſagt, er
wohnte faſt unter unſerer Gartenmauer: und
ich muß es ſelbſt glauben.

Sie werden ſehen, daß er in ſeinem Brieffe
einer vierfachen Verkleidung Erwoͤhnung thut,
in der er taͤglich erſcheinet. Es iſt dem ohnge-
achtet zu verwundern, daß ihn keiner von un-
ſern Verwaltern entdecket hat: denn er ſieht gar
zu wohl aus, als daß ihn eine Verkleidung ver-
ſtellen oder unkenntlich machen ſollte. Allein
das hilfft ihm, daß alle da herum liegende Ae-
cker unſer eigen ſind, und um die Gegend des

Gar-
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[461/0467] der Clariſſa. er ſie nach der Erzaͤhlung der Eliſabeth ſchon nennet. Er wollte mir noch einmahl in den Weg kom- men, allein ich eilte nach meinem Gefaͤngniß hin- auf, um ihm aus dem Wege zu gehen. Denn ich kam eben aus dem Garten zuruͤck. Eine Neugierigkeit plagte mich, als ich in dem Garten war, nachzuſehen, ob mein Brief abge- hohlt waͤre. Jch kan nicht ſagen, daß ich es in der Abſicht that, ihn zuruͤck zu nehmen, wenn ich ihn noch finden wuͤrde, denn ich ſehe nicht was ich darin aͤndern koͤnnte. Allein was fuͤr ein Eigenſinn! Als ich ihn nicht mehr fand, ſo wuͤnſchte ich eben ſo, wie geſtern Morgen, daß er noch nicht abgeholt ſeyn moͤchte. Jch kan keine andere Urſache dieſes Wunſches angeben, als daß ich ihn nicht mehr in meiner Macht hatte. Eine ungemeine groſſe Sorgfalt und Wach- ſamkeit von Herrn Lavelacen! Er ſagt, er wohnte faſt unter unſerer Gartenmauer: und ich muß es ſelbſt glauben. Sie werden ſehen, daß er in ſeinem Brieffe einer vierfachen Verkleidung Erwoͤhnung thut, in der er taͤglich erſcheinet. Es iſt dem ohnge- achtet zu verwundern, daß ihn keiner von un- ſern Verwaltern entdecket hat: denn er ſieht gar zu wohl aus, als daß ihn eine Verkleidung ver- ſtellen oder unkenntlich machen ſollte. Allein das hilfft ihm, daß alle da herum liegende Ae- cker unſer eigen ſind, und um die Gegend des Gar-

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/467>, abgerufen am 24.05.2024.