andern, wenn man es mit diesem arglistigen Ge- schlecht zu thun hat. Wie leicht kan ein Mäd- chen, das der Mannsperson die geringste Hoff- nung giebt, wider seinen Willen um seine Frey- heit gebracht werden. Aus seinen Brieffen soll- te man auf die Gedancken kommen, als wenn ich mich gegen ihn erklärt hätte, daß ich Herrn Solmes aus Zuneigung zu ihm ausschlüge.
Das fürchterlichste und schlimmste ist, daß wenn ich seine Nachrichten von den Absichten der Meinigen, (die jedoch von dem bestimmten Tage noch nichts melden) mit dem zusammen halte, was ich von meiner Base und von Eli- sabeth weiß, mir nicht die geringste Hoffnung übrig gelassen wird, Herrn Solmes zu entge- hen, wenn ich hier bleibe.
Auf die Weise wäre es für mich besser gewe- sen, nach meines Onckles Gut zu reisen. Jch würde wenigstens Zeit gewonnen haben. Die- ses ist die Frucht von seiner Klugheit.
Er redet schon davon, was wir künftig thun wollen; wie er sich bessern will; wie ich alle sei- ne Tritte und Schritte ihm vorschreiben soll. Das alles zeiget an, daß er sich versichert hält, mich zu erhalten.
Jch habe ihm eine Antwort dieses Jnhalts geschrieben: "ob ich ihm gleich Hoffnung ge- "macht hätte, mich in den Schutz seiner Base "zu begeben, so wollte ich mich doch durch dieses "Versprechen nicht völlig binden, noch ihm ein "Recht geben, mich zur Rechenschaft zu fodern.
wenn
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der Clariſſa.
andern, wenn man es mit dieſem argliſtigen Ge- ſchlecht zu thun hat. Wie leicht kan ein Maͤd- chen, das der Mannsperſon die geringſte Hoff- nung giebt, wider ſeinen Willen um ſeine Frey- heit gebracht werden. Aus ſeinen Brieffen ſoll- te man auf die Gedancken kommen, als wenn ich mich gegen ihn erklaͤrt haͤtte, daß ich Herrn Solmes aus Zuneigung zu ihm ausſchluͤge.
Das fuͤrchterlichſte und ſchlimmſte iſt, daß wenn ich ſeine Nachrichten von den Abſichten der Meinigen, (die jedoch von dem beſtimmten Tage noch nichts melden) mit dem zuſammen halte, was ich von meiner Baſe und von Eli- ſabeth weiß, mir nicht die geringſte Hoffnung uͤbrig gelaſſen wird, Herrn Solmes zu entge- hen, wenn ich hier bleibe.
Auf die Weiſe waͤre es fuͤr mich beſſer gewe- ſen, nach meines Onckles Gut zu reiſen. Jch wuͤrde wenigſtens Zeit gewonnen haben. Die- ſes iſt die Frucht von ſeiner Klugheit.
Er redet ſchon davon, was wir kuͤnftig thun wollen; wie er ſich beſſern will; wie ich alle ſei- ne Tritte und Schritte ihm vorſchreiben ſoll. Das alles zeiget an, daß er ſich verſichert haͤlt, mich zu erhalten.
Jch habe ihm eine Antwort dieſes Jnhalts geſchrieben: „ob ich ihm gleich Hoffnung ge- „macht haͤtte, mich in den Schutz ſeiner Baſe „zu begeben, ſo wollte ich mich doch durch dieſes „Verſprechen nicht voͤllig binden, noch ihm ein „Recht geben, mich zur Rechenſchaft zu fodern.
wenn
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der Clariſſa.
andern, wenn man es mit dieſem argliſtigen Ge-
ſchlecht zu thun hat. Wie leicht kan ein Maͤd-
chen, das der Mannsperſon die geringſte Hoff-
nung giebt, wider ſeinen Willen um ſeine Frey-
heit gebracht werden. Aus ſeinen Brieffen ſoll-
te man auf die Gedancken kommen, als wenn
ich mich gegen ihn erklaͤrt haͤtte, daß ich Herrn
Solmes aus Zuneigung zu ihm ausſchluͤge.
Das fuͤrchterlichſte und ſchlimmſte iſt, daß
wenn ich ſeine Nachrichten von den Abſichten
der Meinigen, (die jedoch von dem beſtimmten
Tage noch nichts melden) mit dem zuſammen
halte, was ich von meiner Baſe und von Eli-
ſabeth weiß, mir nicht die geringſte Hoffnung
uͤbrig gelaſſen wird, Herrn Solmes zu entge-
hen, wenn ich hier bleibe.
Auf die Weiſe waͤre es fuͤr mich beſſer gewe-
ſen, nach meines Onckles Gut zu reiſen. Jch
wuͤrde wenigſtens Zeit gewonnen haben. Die-
ſes iſt die Frucht von ſeiner Klugheit.
Er redet ſchon davon, was wir kuͤnftig thun
wollen; wie er ſich beſſern will; wie ich alle ſei-
ne Tritte und Schritte ihm vorſchreiben ſoll.
Das alles zeiget an, daß er ſich verſichert haͤlt,
mich zu erhalten.
Jch habe ihm eine Antwort dieſes Jnhalts
geſchrieben: „ob ich ihm gleich Hoffnung ge-
„macht haͤtte, mich in den Schutz ſeiner Baſe
„zu begeben, ſo wollte ich mich doch durch dieſes
„Verſprechen nicht voͤllig binden, noch ihm ein
„Recht geben, mich zur Rechenſchaft zu fodern.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/447>, abgerufen am 23.11.2024.
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