Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
andern als ein thätiges Werckzeug des Betruges
gebrauchen läßt. Allein das ist recht die Art der
Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter.
Diese hat ausser ihrem eigenen Kinde niemand
in der Welt, den sie so hoch schätzt, als Sie. Und
dennoch heißt es: was sollen wir uns um an-
derer Leute willen Ungelegenheit machen?

Andere Leute! Wie verhaßt klingen diese
Worte in meinen Ohren, wenn von einer solchen
Freundin die Rede ist, und der Schutz dieser so
nützlich, und uns so unschädlich seyn kan?

Jch freue mich darüber, daß Sie so viel Muth
beweisen: ich erwartete es in Warheit nicht
von Jhnen, eben so wenig als die Jhrigen. Sie
würden ihn auch schwerlich bewiesen haben, wenn
nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes
Kinder-Stube eine solche Wirckung gehabt hät-
te. Jch wundere mich nicht, daß dieser Kerl
immer verliebter in Sie wird. Was für eine
Ehre würde es seyn, eine solche Frau zu haben!
Und wenn Sie fortfahren ihm so zu begegnen,
so kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten.
Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmensch
seyn, wie Sie ihn nennen. Allein er ist doch
noch eher zu entschuldigen, wenn er auf seiner
Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige-
nen Familie, die Sie am meisten verehren.

Es ist gut (das habe ich schon oft gesagt) daß
ich nicht in Jhren Umständen bin: ich möchte
schon längstens den Rath der Fräulein Dorth-
gen
in das Werck gesetzt haben. Allein ich

darf
B b 4

der Clariſſa.
andern als ein thaͤtiges Werckzeug des Betruges
gebrauchen laͤßt. Allein das iſt recht die Art der
Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter.
Dieſe hat auſſer ihrem eigenen Kinde niemand
in der Welt, den ſie ſo hoch ſchaͤtzt, als Sie. Und
dennoch heißt es: was ſollen wir uns um an-
derer Leute willen Ungelegenheit machen?

Andere Leute! Wie verhaßt klingen dieſe
Worte in meinen Ohren, wenn von einer ſolchen
Freundin die Rede iſt, und der Schutz dieſer ſo
nuͤtzlich, und uns ſo unſchaͤdlich ſeyn kan?

Jch freue mich daruͤber, daß Sie ſo viel Muth
beweiſen: ich erwartete es in Warheit nicht
von Jhnen, eben ſo wenig als die Jhrigen. Sie
wuͤrden ihn auch ſchwerlich bewieſen haben, wenn
nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes
Kinder-Stube eine ſolche Wirckung gehabt haͤt-
te. Jch wundere mich nicht, daß dieſer Kerl
immer verliebter in Sie wird. Was fuͤr eine
Ehre wuͤrde es ſeyn, eine ſolche Frau zu haben!
Und wenn Sie fortfahren ihm ſo zu begegnen,
ſo kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten.
Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmenſch
ſeyn, wie Sie ihn nennen. Allein er iſt doch
noch eher zu entſchuldigen, wenn er auf ſeiner
Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige-
nen Familie, die Sie am meiſten verehren.

Es iſt gut (das habe ich ſchon oft geſagt) daß
ich nicht in Jhren Umſtaͤnden bin: ich moͤchte
ſchon laͤngſtens den Rath der Fraͤulein Dorth-
gen
in das Werck geſetzt haben. Allein ich

darf
B b 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0397" n="391"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi></fw><lb/>
andern als ein tha&#x0364;tiges Werckzeug des Betruges<lb/>
gebrauchen la&#x0364;ßt. Allein das i&#x017F;t recht die Art der<lb/>
Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter.<lb/>
Die&#x017F;e hat au&#x017F;&#x017F;er ihrem eigenen Kinde niemand<lb/>
in der Welt, den &#x017F;ie &#x017F;o hoch &#x017F;cha&#x0364;tzt, als Sie. Und<lb/>
dennoch heißt es: <hi rendition="#fr">was &#x017F;ollen wir uns um an-<lb/>
derer Leute willen Ungelegenheit machen?</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Andere Leute!</hi> Wie verhaßt klingen die&#x017F;e<lb/>
Worte in meinen Ohren, wenn von einer &#x017F;olchen<lb/>
Freundin die Rede i&#x017F;t, und der Schutz die&#x017F;er &#x017F;o<lb/>
nu&#x0364;tzlich, und uns &#x017F;o un&#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn kan?</p><lb/>
          <p>Jch freue mich daru&#x0364;ber, daß Sie &#x017F;o viel Muth<lb/>
bewei&#x017F;en: ich erwartete es in Warheit nicht<lb/>
von Jhnen, eben &#x017F;o wenig als die Jhrigen. Sie<lb/>
wu&#x0364;rden ihn auch &#x017F;chwerlich bewie&#x017F;en haben, wenn<lb/>
nicht <hi rendition="#fr">Lovelaces</hi> Nachricht von Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi><lb/>
Kinder-Stube eine &#x017F;olche Wirckung gehabt ha&#x0364;t-<lb/>
te. Jch wundere mich nicht, daß die&#x017F;er Kerl<lb/>
immer verliebter in Sie wird. Was fu&#x0364;r eine<lb/>
Ehre wu&#x0364;rde es &#x017F;eyn, eine &#x017F;olche Frau zu haben!<lb/>
Und wenn Sie fortfahren ihm &#x017F;o zu begegnen,<lb/>
&#x017F;o kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten.<lb/>
Er muß in der That ein <hi rendition="#fr">Wilder/</hi> ein Unmen&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;eyn, wie Sie ihn nennen. Allein er i&#x017F;t doch<lb/>
noch eher zu ent&#x017F;chuldigen, wenn er auf &#x017F;einer<lb/>
Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige-<lb/>
nen Familie, die Sie am mei&#x017F;ten verehren.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t gut (das habe ich &#x017F;chon oft ge&#x017F;agt) daß<lb/>
ich nicht in Jhren Um&#x017F;ta&#x0364;nden bin: ich mo&#x0364;chte<lb/>
&#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;tens den Rath der Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Dorth-<lb/>
gen</hi> in das Werck ge&#x017F;etzt haben. Allein ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 4</fw><fw place="bottom" type="catch">darf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0397] der Clariſſa. andern als ein thaͤtiges Werckzeug des Betruges gebrauchen laͤßt. Allein das iſt recht die Art der Welt: recht die Art meiner eigenen Mutter. Dieſe hat auſſer ihrem eigenen Kinde niemand in der Welt, den ſie ſo hoch ſchaͤtzt, als Sie. Und dennoch heißt es: was ſollen wir uns um an- derer Leute willen Ungelegenheit machen? Andere Leute! Wie verhaßt klingen dieſe Worte in meinen Ohren, wenn von einer ſolchen Freundin die Rede iſt, und der Schutz dieſer ſo nuͤtzlich, und uns ſo unſchaͤdlich ſeyn kan? Jch freue mich daruͤber, daß Sie ſo viel Muth beweiſen: ich erwartete es in Warheit nicht von Jhnen, eben ſo wenig als die Jhrigen. Sie wuͤrden ihn auch ſchwerlich bewieſen haben, wenn nicht Lovelaces Nachricht von Herrn Solmes Kinder-Stube eine ſolche Wirckung gehabt haͤt- te. Jch wundere mich nicht, daß dieſer Kerl immer verliebter in Sie wird. Was fuͤr eine Ehre wuͤrde es ſeyn, eine ſolche Frau zu haben! Und wenn Sie fortfahren ihm ſo zu begegnen, ſo kan er Jhnen gleiches mit gleichem vergelten. Er muß in der That ein Wilder/ ein Unmenſch ſeyn, wie Sie ihn nennen. Allein er iſt doch noch eher zu entſchuldigen, wenn er auf ſeiner Bitte beharret, als diejenigen von Jhrer eige- nen Familie, die Sie am meiſten verehren. Es iſt gut (das habe ich ſchon oft geſagt) daß ich nicht in Jhren Umſtaͤnden bin: ich moͤchte ſchon laͤngſtens den Rath der Fraͤulein Dorth- gen in das Werck geſetzt haben. Allein ich darf B b 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/397
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/397>, abgerufen am 17.05.2024.