Jch kan es Jhnen nicht vergeben, daß Sie die Bezahlung eines Bedienten meiner Mutter übernehmen wollen, und ihn noch dazu so theuer bezahlen. Jch bin deswegen ungehalten, und ich will deswegen ungehalten seyn. Es ist bey nahe der Lohn von einem gantzen Jahre, den Sie ihm geben,* wenn ich nicht das was an dem Lohn fehlte meiner Mutter Bedienten ohne ihr Wissen vergütete, wenn sie es werth sind. Wie erstaunt sahe der Mensch aus, als ich ihm die fünf Guineas gab! Es kan sein Unglück seyn, wenn ich ihn anders recht kenne. Wenn er sich einen Ring kauft, und eine alberne Per- son in unserer Nachbarschafft heyrathet, so wer- den wir über das Jahr wünschen, daß er diese Wohlthat nie bekommen hätte.
Sie begehren, daß ich Sie hierin nach Jhrem eigenen Kopfe handeln lassen soll: und ich weiß ohnehin wohl, daß Sie sich nicht einreden lassen. Denn Sie haben immer die Dienste, die Jhnen erzeiget werden, zu hoch in Anschlag gebracht, und die wichtigeren Gefälligkeiten zu tieff her- unter gesetzt, welche sie andern erwiesen. Jch ge-
stehe
* Jn England pflegt ein Diener so wohl als eine Magd jährlich 8 Pfund, d. i. 44. Rthlr. Lohn zu bekommen. Weil aber der Fräulein Hove Mut- ter Jhrem Character nach genau war, so scheint sie nur 6 Pfund, oder 33 Rthlr. gegeben zu haben. Guinea ist eine Gold-Muntze, und beträgt 7 Gro- schen mehr als ein Pfund.
Zweyter Theil. S
der Clariſſa.
Jch kan es Jhnen nicht vergeben, daß Sie die Bezahlung eines Bedienten meiner Mutter uͤbernehmen wollen, und ihn noch dazu ſo theuer bezahlen. Jch bin deswegen ungehalten, und ich will deswegen ungehalten ſeyn. Es iſt bey nahe der Lohn von einem gantzen Jahre, den Sie ihm geben,* wenn ich nicht das was an dem Lohn fehlte meiner Mutter Bedienten ohne ihr Wiſſen verguͤtete, wenn ſie es werth ſind. Wie erſtaunt ſahe der Menſch aus, als ich ihm die fuͤnf Guineas gab! Es kan ſein Ungluͤck ſeyn, wenn ich ihn anders recht kenne. Wenn er ſich einen Ring kauft, und eine alberne Per- ſon in unſerer Nachbarſchafft heyrathet, ſo wer- den wir uͤber das Jahr wuͤnſchen, daß er dieſe Wohlthat nie bekommen haͤtte.
Sie begehren, daß ich Sie hierin nach Jhrem eigenen Kopfe handeln laſſen ſoll: und ich weiß ohnehin wohl, daß Sie ſich nicht einreden laſſen. Denn Sie haben immer die Dienſte, die Jhnen erzeiget werden, zu hoch in Anſchlag gebracht, und die wichtigeren Gefaͤlligkeiten zu tieff her- unter geſetzt, welche ſie andern erwieſen. Jch ge-
ſtehe
* Jn England pflegt ein Diener ſo wohl als eine Magd jaͤhrlich 8 Pfund, d. i. 44. Rthlr. Lohn zu bekommen. Weil aber der Fraͤulein Hove Mut- ter Jhrem Character nach genau war, ſo ſcheint ſie nur 6 Pfund, oder 33 Rthlr. gegeben zu haben. Guinea iſt eine Gold-Muntze, und betraͤgt 7 Gro- ſchen mehr als ein Pfund.
Zweyter Theil. S
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der Clariſſa.
Jch kan es Jhnen nicht vergeben, daß Sie
die Bezahlung eines Bedienten meiner Mutter
uͤbernehmen wollen, und ihn noch dazu ſo theuer
bezahlen. Jch bin deswegen ungehalten, und
ich will deswegen ungehalten ſeyn. Es iſt bey
nahe der Lohn von einem gantzen Jahre, den
Sie ihm geben, * wenn ich nicht das was an
dem Lohn fehlte meiner Mutter Bedienten ohne
ihr Wiſſen verguͤtete, wenn ſie es werth ſind.
Wie erſtaunt ſahe der Menſch aus, als ich ihm
die fuͤnf Guineas gab! Es kan ſein Ungluͤck
ſeyn, wenn ich ihn anders recht kenne. Wenn
er ſich einen Ring kauft, und eine alberne Per-
ſon in unſerer Nachbarſchafft heyrathet, ſo wer-
den wir uͤber das Jahr wuͤnſchen, daß er dieſe
Wohlthat nie bekommen haͤtte.
Sie begehren, daß ich Sie hierin nach Jhrem
eigenen Kopfe handeln laſſen ſoll: und ich weiß
ohnehin wohl, daß Sie ſich nicht einreden laſſen.
Denn Sie haben immer die Dienſte, die Jhnen
erzeiget werden, zu hoch in Anſchlag gebracht,
und die wichtigeren Gefaͤlligkeiten zu tieff her-
unter geſetzt, welche ſie andern erwieſen. Jch ge-
ſtehe
* Jn England pflegt ein Diener ſo wohl als eine
Magd jaͤhrlich 8 Pfund, d. i. 44. Rthlr. Lohn zu
bekommen. Weil aber der Fraͤulein Hove Mut-
ter Jhrem Character nach genau war, ſo ſcheint
ſie nur 6 Pfund, oder 33 Rthlr. gegeben zu haben.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/279>, abgerufen am 29.11.2024.
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