Alles was Sie mir mitzutheilen haben, das meine Ehre betreffen soll, kan eben so gut schrifft- lich als mündlich ausgerichtet werden. Wenn Herr Lovelace mich angehet, so sehe ich doch keine Ursache, die Sie dringen könnte, sich des- halb um ihn zu bekümmern: denn das, was er Jhrentwegen erdulden muß, und niemand anders als Jhnen zuschreiben kan, ist so uner- träglich, daß wenn auch kein Lovelace in der Welt wäre, ich doch Herrn Solmes auf die Weise, wie Sie mich zu sprechen begehren, nicht gern eine halbe Stunde bey mir sehen wollte. Jch kan wegen des Herrn Lovelace in keiner Gefahr seyn; es gehen mich also die Nach- richten, die Sie geben wollen, gar nicht an, wenn der Vorschlag angenommen wird, den ich gethan habe. Jch zweiffele nicht daran, daß Jhnen dieser Vorschlag bekannt seyn wird. Wenn man sich noch nicht entschlossen hat, ihn anzunehmen, so ersuche ich Sie, die Meinigen zu bedeuten, daß ich sie von aller Furcht, wegen dieses Herrn, befreyen will, wenn sie mich eben- falls von meiner Furcht, wegen eines andern Herrn, befreyen wollen: und was geht es als- denn mich oder die Meinigen an, ob Herr Lo- velace tugendhaft oder lasterhaft ist? Wenn es uns aber nichts angehet, so brauchen Sie sich noch viel weniger deshalb zu bemühen. Sind Sie aber dem ohngenchtet, seinetwegen beküm-
mert
Die Geſchichte
Mein Herr
Alles was Sie mir mitzutheilen haben, das meine Ehre betreffen ſoll, kan eben ſo gut ſchrifft- lich als muͤndlich ausgerichtet werden. Wenn Herr Lovelace mich angehet, ſo ſehe ich doch keine Urſache, die Sie dringen koͤnnte, ſich des- halb um ihn zu bekuͤmmern: denn das, was er Jhrentwegen erdulden muß, und niemand anders als Jhnen zuſchreiben kan, iſt ſo uner- traͤglich, daß wenn auch kein Lovelace in der Welt waͤre, ich doch Herrn Solmes auf die Weiſe, wie Sie mich zu ſprechen begehren, nicht gern eine halbe Stunde bey mir ſehen wollte. Jch kan wegen des Herrn Lovelace in keiner Gefahr ſeyn; es gehen mich alſo die Nach- richten, die Sie geben wollen, gar nicht an, wenn der Vorſchlag angenommen wird, den ich gethan habe. Jch zweiffele nicht daran, daß Jhnen dieſer Vorſchlag bekannt ſeyn wird. Wenn man ſich noch nicht entſchloſſen hat, ihn anzunehmen, ſo erſuche ich Sie, die Meinigen zu bedeuten, daß ich ſie von aller Furcht, wegen dieſes Herrn, befreyen will, wenn ſie mich eben- falls von meiner Furcht, wegen eines andern Herrn, befreyen wollen: und was geht es als- denn mich oder die Meinigen an, ob Herr Lo- velace tugendhaft oder laſterhaft iſt? Wenn es uns aber nichts angehet, ſo brauchen Sie ſich noch viel weniger deshalb zu bemuͤhen. Sind Sie aber dem ohngenchtet, ſeinetwegen bekuͤm-
mert
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Die Geſchichte
Mein Herr
Alles was Sie mir mitzutheilen haben, das
meine Ehre betreffen ſoll, kan eben ſo gut ſchrifft-
lich als muͤndlich ausgerichtet werden. Wenn
Herr Lovelace mich angehet, ſo ſehe ich doch
keine Urſache, die Sie dringen koͤnnte, ſich des-
halb um ihn zu bekuͤmmern: denn das, was
er Jhrentwegen erdulden muß, und niemand
anders als Jhnen zuſchreiben kan, iſt ſo uner-
traͤglich, daß wenn auch kein Lovelace in der
Welt waͤre, ich doch Herrn Solmes auf die
Weiſe, wie Sie mich zu ſprechen begehren, nicht
gern eine halbe Stunde bey mir ſehen wollte.
Jch kan wegen des Herrn Lovelace in keiner
Gefahr ſeyn; es gehen mich alſo die Nach-
richten, die Sie geben wollen, gar nicht an,
wenn der Vorſchlag angenommen wird, den ich
gethan habe. Jch zweiffele nicht daran, daß
Jhnen dieſer Vorſchlag bekannt ſeyn wird.
Wenn man ſich noch nicht entſchloſſen hat, ihn
anzunehmen, ſo erſuche ich Sie, die Meinigen
zu bedeuten, daß ich ſie von aller Furcht, wegen
dieſes Herrn, befreyen will, wenn ſie mich eben-
falls von meiner Furcht, wegen eines andern
Herrn, befreyen wollen: und was geht es als-
denn mich oder die Meinigen an, ob Herr Lo-
velace tugendhaft oder laſterhaft iſt? Wenn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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