Jch antwortete: dergleichen sey in diesem Falle nicht zu befürchten. Denn obgleich die Manns-Person so viel Artigkeit an sich hätte, daß man nicht leicht ihres gleichen unter Manns-Leu- ten finden würde, so sey ihr doch dieses Frauen- zimmer so wohi in Absicht auf die Bildung des Leibes, als wegen ihres Gemüths und Verstan- des allzu sehr überlegen.
Es ist meiner Mutter unerträglich, wenn ich jemand anders lobe, als Herrn Hickman: und sie macht mir diesen durch ihr allzu vieles Lob verächtlicher, als er mir sonst seyn würde, wenn sie das wenige Gute, das er an sich hat nicht da- durch herunter setzte, daß sie es bey aller Gele- genheit vergrössern will, und ihn mit andern ver- gleicht, in deren Vergleichung er noch schlechter scheint als er würcklich ist. Diesesmahl gieng ihre wunderliche Partheylichkeit so weit, daß sie behauptete, Herr Hickmann sey alle Tage so gut als Herr Lovelace, ausgenommen, daß sein Gesicht nicht so schmeichelnd wäre, und er nicht so viel lebhafte Farbe hätte, und weniger Hoch- muth und Dreistigkeit besässe: welches aber ein sitsames Frauenzimmer für keinen Fehler halten würde.
Damit ich nichts mehr von solchen ungleichen Vergleichungen hören möchte, sagte ich: ich glaubte, Sie würden nie daran gedacht haben, diesem so verhasseten Mann einige Hofnung zu geben, wenn man wohl mit Jhnen umgegangen
wäre,
der Clariſſa.
Jch antwortete: dergleichen ſey in dieſem Falle nicht zu befuͤrchten. Denn obgleich die Manns-Perſon ſo viel Artigkeit an ſich haͤtte, daß man nicht leicht ihres gleichen unter Manns-Leu- ten finden wuͤrde, ſo ſey ihr doch dieſes Frauen- zimmer ſo wohi in Abſicht auf die Bildung des Leibes, als wegen ihres Gemuͤths und Verſtan- des allzu ſehr uͤberlegen.
Es iſt meiner Mutter unertraͤglich, wenn ich jemand anders lobe, als Herrn Hickman: und ſie macht mir dieſen durch ihr allzu vieles Lob veraͤchtlicher, als er mir ſonſt ſeyn wuͤrde, wenn ſie das wenige Gute, das er an ſich hat nicht da- durch herunter ſetzte, daß ſie es bey aller Gele- genheit vergroͤſſern will, und ihn mit andern ver- gleicht, in deren Vergleichung er noch ſchlechter ſcheint als er wuͤrcklich iſt. Dieſesmahl gieng ihre wunderliche Partheylichkeit ſo weit, daß ſie behauptete, Herr Hickmann ſey alle Tage ſo gut als Herr Lovelace, ausgenommen, daß ſein Geſicht nicht ſo ſchmeichelnd waͤre, und er nicht ſo viel lebhafte Farbe haͤtte, und weniger Hoch- muth und Dreiſtigkeit beſaͤſſe: welches aber ein ſitſames Frauenzimmer fuͤr keinen Fehler halten wuͤrde.
Damit ich nichts mehr von ſolchen ungleichen Vergleichungen hoͤren moͤchte, ſagte ich: ich glaubte, Sie wuͤrden nie daran gedacht haben, dieſem ſo verhaſſeten Mann einige Hofnung zu geben, wenn man wohl mit Jhnen umgegangen
waͤre,
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der Clariſſa.
Jch antwortete: dergleichen ſey in dieſem
Falle nicht zu befuͤrchten. Denn obgleich die
Manns-Perſon ſo viel Artigkeit an ſich haͤtte, daß
man nicht leicht ihres gleichen unter Manns-Leu-
ten finden wuͤrde, ſo ſey ihr doch dieſes Frauen-
zimmer ſo wohi in Abſicht auf die Bildung des
Leibes, als wegen ihres Gemuͤths und Verſtan-
des allzu ſehr uͤberlegen.
Es iſt meiner Mutter unertraͤglich, wenn ich
jemand anders lobe, als Herrn Hickman: und
ſie macht mir dieſen durch ihr allzu vieles Lob
veraͤchtlicher, als er mir ſonſt ſeyn wuͤrde, wenn
ſie das wenige Gute, das er an ſich hat nicht da-
durch herunter ſetzte, daß ſie es bey aller Gele-
genheit vergroͤſſern will, und ihn mit andern ver-
gleicht, in deren Vergleichung er noch ſchlechter
ſcheint als er wuͤrcklich iſt. Dieſesmahl gieng
ihre wunderliche Partheylichkeit ſo weit, daß ſie
behauptete, Herr Hickmann ſey alle Tage ſo
gut als Herr Lovelace, ausgenommen, daß ſein
Geſicht nicht ſo ſchmeichelnd waͤre, und er nicht
ſo viel lebhafte Farbe haͤtte, und weniger Hoch-
muth und Dreiſtigkeit beſaͤſſe: welches aber ein
ſitſames Frauenzimmer fuͤr keinen Fehler halten
wuͤrde.
Damit ich nichts mehr von ſolchen ungleichen
Vergleichungen hoͤren moͤchte, ſagte ich: ich
glaubte, Sie wuͤrden nie daran gedacht haben,
dieſem ſo verhaſſeten Mann einige Hofnung zu
geben, wenn man wohl mit Jhnen umgegangen
waͤre,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/133>, abgerufen am 24.11.2024.
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