Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
meines Stillschweigens nach unserm Befinden zu
erkundigen. Jch verharre indes

Dero ergebenste und verbundenste Freundin
und Dienerin
Clarissa Harlowe.


Der sechste Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Anna Howe.

Jch will meine Erzählung fortsetzen. Da es
sich mit meinem Bruder zur Besserung an-
läst, so ist zwar seine Rachgier durch den erlitte-
nen Schimpf mehr gewachsen als verringert; aber
es fangen doch meine Freunde (nemlich mein Va-
ter und seine Brüder, nicht aber meine eigene Ge-
schwister) an, zu überlegen, daß sie mir sehr un-
freundlich begegnet sind. Meine Mutter hat die
Gütigkeit gehabt, seit Absendung meines letzteren
mir diese Nachricht zu geben.

Sie mögen zwar allem Ansehen nach glauben,
daß ich noch Briefe von Herrn Lovelace bekom-
me. Da aber der Lord M. gewiß seinem Vet-
ter nicht abfallen wird, so sind sie dergestalt in
Sorgen, daß sie mich gar nicht befragen, ob ich
mit ihm Briefe wechsele oder nicht. Man solte

fast
D 3

der Clariſſa.
meines Stillſchweigens nach unſerm Befinden zu
erkundigen. Jch verharre indes

Dero ergebenſte und verbundenſte Freundin
und Dienerin
Clariſſa Harlowe.


Der ſechſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Anna Howe.

Jch will meine Erzaͤhlung fortſetzen. Da es
ſich mit meinem Bruder zur Beſſerung an-
laͤſt, ſo iſt zwar ſeine Rachgier durch den erlitte-
nen Schimpf mehr gewachſen als verringert; aber
es fangen doch meine Freunde (nemlich mein Va-
ter und ſeine Bruͤder, nicht aber meine eigene Ge-
ſchwiſter) an, zu uͤberlegen, daß ſie mir ſehr un-
freundlich begegnet ſind. Meine Mutter hat die
Guͤtigkeit gehabt, ſeit Abſendung meines letzteren
mir dieſe Nachricht zu geben.

Sie moͤgen zwar allem Anſehen nach glauben,
daß ich noch Briefe von Herrn Lovelace bekom-
me. Da aber der Lord M. gewiß ſeinem Vet-
ter nicht abfallen wird, ſo ſind ſie dergeſtalt in
Sorgen, daß ſie mich gar nicht befragen, ob ich
mit ihm Briefe wechſele oder nicht. Man ſolte

faſt
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0073" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi></hi></fw><lb/>
meines Still&#x017F;chweigens nach un&#x017F;erm Befinden zu<lb/>
erkundigen. Jch verharre indes</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#et">Dero ergeben&#x017F;te und verbunden&#x017F;te Freundin<lb/>
und Dienerin<lb/><hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi></hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="2">
        <head><hi rendition="#fr">Der &#x017F;ech&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Anna Howe.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#et">Harlowe Burg den 20. Jan.</hi> </dateline><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>ch will meine Erza&#x0364;hlung fort&#x017F;etzen. Da es<lb/>
&#x017F;ich mit meinem Bruder zur Be&#x017F;&#x017F;erung an-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t zwar &#x017F;eine Rachgier durch den erlitte-<lb/>
nen Schimpf mehr gewach&#x017F;en als verringert; aber<lb/>
es fangen doch meine Freunde (nemlich mein Va-<lb/>
ter und &#x017F;eine Bru&#x0364;der, nicht aber meine eigene Ge-<lb/>
&#x017F;chwi&#x017F;ter) an, zu u&#x0364;berlegen, daß &#x017F;ie mir &#x017F;ehr un-<lb/>
freundlich begegnet &#x017F;ind. Meine Mutter hat die<lb/>
Gu&#x0364;tigkeit gehabt, &#x017F;eit Ab&#x017F;endung meines letzteren<lb/>
mir die&#x017F;e Nachricht zu geben.</p><lb/>
        <p>Sie mo&#x0364;gen zwar allem An&#x017F;ehen nach glauben,<lb/>
daß ich noch Briefe von Herrn <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> bekom-<lb/>
me. Da aber der Lord M. gewiß &#x017F;einem Vet-<lb/>
ter nicht abfallen wird, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie derge&#x017F;talt in<lb/>
Sorgen, daß &#x017F;ie mich gar nicht befragen, ob ich<lb/>
mit ihm Briefe wech&#x017F;ele oder nicht. Man &#x017F;olte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">fa&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0073] der Clariſſa. meines Stillſchweigens nach unſerm Befinden zu erkundigen. Jch verharre indes Dero ergebenſte und verbundenſte Freundin und Dienerin Clariſſa Harlowe. Der ſechſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Anna Howe. Harlowe Burg den 20. Jan. Jch will meine Erzaͤhlung fortſetzen. Da es ſich mit meinem Bruder zur Beſſerung an- laͤſt, ſo iſt zwar ſeine Rachgier durch den erlitte- nen Schimpf mehr gewachſen als verringert; aber es fangen doch meine Freunde (nemlich mein Va- ter und ſeine Bruͤder, nicht aber meine eigene Ge- ſchwiſter) an, zu uͤberlegen, daß ſie mir ſehr un- freundlich begegnet ſind. Meine Mutter hat die Guͤtigkeit gehabt, ſeit Abſendung meines letzteren mir dieſe Nachricht zu geben. Sie moͤgen zwar allem Anſehen nach glauben, daß ich noch Briefe von Herrn Lovelace bekom- me. Da aber der Lord M. gewiß ſeinem Vet- ter nicht abfallen wird, ſo ſind ſie dergeſtalt in Sorgen, daß ſie mich gar nicht befragen, ob ich mit ihm Briefe wechſele oder nicht. Man ſolte faſt D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/73
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/73>, abgerufen am 27.11.2024.