mit grösserm Recht einen Zweifel in meine Ver- schwiegenheit setzen. Sie werden aber keins von beyden Nahmen haben wollen, und ich hoffe auch nicht, daß Sie Ursache zu einem solchem Mis- trauen haben.
Belieben Sie sich zu erinnern, daß so oft ich eine solche Art von Spaß in meine Briefe habe einfliessen lassen, dadurch Sie wie es scheint ver- unruhigt sind, ohngeachtet Jhre Umstände einer Freundin die das grösseste Mitleyden mit Jhnen hat ernsthaft zu seyn befehlen; ich nicht über die- jenigen Stellen Jhrer Briefe gespaasset habe, in denen Sie sich vielleicht aus Verschen so deutlich erklären, (werden Sie hierüber nicht abermahls unruhig) daß fast kein Zweiffel übrig zu bleiben scheint, sondern über die Stellen, in denen Sie zurück halten wollen; wenn Sie z E. bekannten Dingen neue Nahmen geben, oder von Neugier, von bedungener Zuneigung, von Vorsichtigkeit bey einer Leydenschaft die jedermann unvorsichtig macht, reden wollen. Jch sehe alles dieses für einen offenbahren Bruch des heiligen Bandes der Freundschaft an, die wir uns einander zugesagt haben.
Erinnern Sie sich, daß ich Jhnen meine Schwä- che nicht einen Augenblick verheelen konnte. Sie befragten mich: und ich gestand Jhnen aufrichtig, daß ich gegen meinen Liebhaber keine andere Ein- wendung hätte, als die, so mein Hochmuth mach- te: denn es schien mir zu verächtlich zu seyn, daß ein lebendiger Mensch es in seiner Gewalt haben sollte, mich einen Augenblick unruhig zu machen.
Mein
D d 5
der Clariſſa.
mit groͤſſerm Recht einen Zweifel in meine Ver- ſchwiegenheit ſetzen. Sie werden aber keins von beyden Nahmen haben wollen, und ich hoffe auch nicht, daß Sie Urſache zu einem ſolchem Mis- trauen haben.
Belieben Sie ſich zu erinnern, daß ſo oft ich eine ſolche Art von Spaß in meine Briefe habe einflieſſen laſſen, dadurch Sie wie es ſcheint ver- unruhigt ſind, ohngeachtet Jhre Umſtaͤnde einer Freundin die das groͤſſeſte Mitleyden mit Jhnen hat ernſthaft zu ſeyn befehlen; ich nicht uͤber die- jenigen Stellen Jhrer Briefe geſpaaſſet habe, in denen Sie ſich vielleicht aus Verſchen ſo deutlich erklaͤren, (werden Sie hieruͤber nicht abermahls unruhig) daß faſt kein Zweiffel uͤbrig zu bleiben ſcheint, ſondern uͤber die Stellen, in denen Sie zuruͤck halten wollen; wenn Sie z E. bekannten Dingen neue Nahmen geben, oder von Neugier, von bedungener Zuneigung, von Vorſichtigkeit bey einer Leydenſchaft die jedermann unvorſichtig macht, reden wollen. Jch ſehe alles dieſes fuͤr einen offenbahren Bruch des heiligen Bandes der Freundſchaft an, die wir uns einander zugeſagt haben.
Eriñern Sie ſich, daß ich Jhnen meine Schwaͤ- che nicht einen Augenblick verheelen konnte. Sie befragten mich: und ich geſtand Jhnen aufrichtig, daß ich gegen meinen Liebhaber keine andere Ein- wendung haͤtte, als die, ſo mein Hochmuth mach- te: denn es ſchien mir zu veraͤchtlich zu ſeyn, daß ein lebendiger Menſch es in ſeiner Gewalt haben ſollte, mich einen Augenblick unruhig zu machen.
Mein
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der Clariſſa.
mit groͤſſerm Recht einen Zweifel in meine Ver-
ſchwiegenheit ſetzen. Sie werden aber keins von
beyden Nahmen haben wollen, und ich hoffe auch
nicht, daß Sie Urſache zu einem ſolchem Mis-
trauen haben.
Belieben Sie ſich zu erinnern, daß ſo oft ich
eine ſolche Art von Spaß in meine Briefe habe
einflieſſen laſſen, dadurch Sie wie es ſcheint ver-
unruhigt ſind, ohngeachtet Jhre Umſtaͤnde einer
Freundin die das groͤſſeſte Mitleyden mit Jhnen
hat ernſthaft zu ſeyn befehlen; ich nicht uͤber die-
jenigen Stellen Jhrer Briefe geſpaaſſet habe, in
denen Sie ſich vielleicht aus Verſchen ſo deutlich
erklaͤren, (werden Sie hieruͤber nicht abermahls
unruhig) daß faſt kein Zweiffel uͤbrig zu bleiben
ſcheint, ſondern uͤber die Stellen, in denen Sie
zuruͤck halten wollen; wenn Sie z E. bekannten
Dingen neue Nahmen geben, oder von Neugier,
von bedungener Zuneigung, von Vorſichtigkeit
bey einer Leydenſchaft die jedermann unvorſichtig
macht, reden wollen. Jch ſehe alles dieſes fuͤr einen
offenbahren Bruch des heiligen Bandes der
Freundſchaft an, die wir uns einander zugeſagt
haben.
Eriñern Sie ſich, daß ich Jhnen meine Schwaͤ-
che nicht einen Augenblick verheelen konnte. Sie
befragten mich: und ich geſtand Jhnen aufrichtig,
daß ich gegen meinen Liebhaber keine andere Ein-
wendung haͤtte, als die, ſo mein Hochmuth mach-
te: denn es ſchien mir zu veraͤchtlich zu ſeyn, daß
ein lebendiger Menſch es in ſeiner Gewalt haben
ſollte, mich einen Augenblick unruhig zu machen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/445>, abgerufen am 23.11.2024.
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