Schelm! dachte ich bey mir selbst, und machte mich davon. Mein Rosen-Knöspchen trat bald so frölich in das Haus herein, als wenn es mit dem stummen Ansehen schon vergnügt wäre, und nichts weiter wünschete.
Jch habe ihr kleines Hertzchen erforschet; sie hat mich zu ihrem Vertrauten erwählt. Sie ge- steht mir, sie möchte Hänschen Bartons recht gern leyden: und Hänschen Bartons hätte ihr auch gesagt, er möchte kein Mädchen so gern ley- den, als sie. Allein es sey nicht daran zu dencken. - - - Warum denn nicht daran zu dencken? fragte ich. - - Ach, sie wüste es nicht: und mit dem Worte kam ein Seufzer. Der junge Barton hätte eine alte Base, die wollte ihm hundert Pfund schen- cken, wenn er ausgelernt hätte. Jhr Vater aber könnte ihr weiter nichts mitgeben, als einige Klei- nigkeiten von Hausgeräthe zur Ausstattung. Hänschens Mutter sagte zwar, sie wüßte keine hübschere und artigere Frau für Hänschen. Aber (ein neuer Seufzer) was hilft das sagen? Jch wollte nicht, daß Hänschen um meinetwillen un- glücklich und dürftig würde. Das würde mir anch nichts nützen.
Was wollte ich darum geben, daß ich ein so aufrichtiges und unschuldiges Hertz hätte als mein Rosen-Knöspchen und ihr Hänschen? Bey meiner Seele, mein Engel bekehrt mich noch, wenn uns nicht der unversöhnliche Unverstand der thörichten Familie beyde unglücklich macht.
Jch glaube, ich habe selbst von Natur ein ver-
wor-
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der Clariſſa.
Schelm! dachte ich bey mir ſelbſt, und machte mich davon. Mein Roſen-Knoͤſpchen trat bald ſo froͤlich in das Haus herein, als wenn es mit dem ſtummen Anſehen ſchon vergnuͤgt waͤre, und nichts weiter wuͤnſchete.
Jch habe ihr kleines Hertzchen erforſchet; ſie hat mich zu ihrem Vertrauten erwaͤhlt. Sie ge- ſteht mir, ſie moͤchte Haͤnschen Bartons recht gern leyden: und Haͤnschen Bartons haͤtte ihr auch geſagt, er moͤchte kein Maͤdchen ſo gern ley- den, als ſie. Allein es ſey nicht daran zu dencken. ‒ ‒ ‒ Warum denn nicht daran zu dencken? fragte ich. ‒ ‒ Ach, ſie wuͤſte es nicht: und mit dem Worte kam ein Seufzer. Der junge Barton haͤtte eine alte Baſe, die wollte ihm hundert Pfund ſchen- cken, wenn er ausgelernt haͤtte. Jhr Vater aber koͤnnte ihr weiter nichts mitgeben, als einige Klei- nigkeiten von Hausgeraͤthe zur Ausſtattung. Haͤnschens Mutter ſagte zwar, ſie wuͤßte keine huͤbſchere und artigere Frau fuͤr Haͤnschen. Aber (ein neuer Seufzer) was hilft das ſagen? Jch wollte nicht, daß Haͤnschen um meinetwillen un- gluͤcklich und duͤrftig wuͤrde. Das wuͤrde mir anch nichts nuͤtzen.
Was wollte ich darum geben, daß ich ein ſo aufrichtiges und unſchuldiges Hertz haͤtte als mein Roſen-Knoͤſpchen und ihr Haͤnschen? Bey meiner Seele, mein Engel bekehrt mich noch, wenn uns nicht der unverſoͤhnliche Unverſtand der thoͤrichten Familie beyde ungluͤcklich macht.
Jch glaube, ich habe ſelbſt von Natur ein ver-
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der Clariſſa.
Schelm! dachte ich bey mir ſelbſt, und machte
mich davon. Mein Roſen-Knoͤſpchen trat bald
ſo froͤlich in das Haus herein, als wenn es mit
dem ſtummen Anſehen ſchon vergnuͤgt waͤre, und
nichts weiter wuͤnſchete.
Jch habe ihr kleines Hertzchen erforſchet; ſie
hat mich zu ihrem Vertrauten erwaͤhlt. Sie ge-
ſteht mir, ſie moͤchte Haͤnschen Bartons recht
gern leyden: und Haͤnschen Bartons haͤtte ihr
auch geſagt, er moͤchte kein Maͤdchen ſo gern ley-
den, als ſie. Allein es ſey nicht daran zu dencken.
‒ ‒ ‒ Warum denn nicht daran zu dencken? fragte
ich. ‒ ‒ Ach, ſie wuͤſte es nicht: und mit dem Worte
kam ein Seufzer. Der junge Barton haͤtte eine
alte Baſe, die wollte ihm hundert Pfund ſchen-
cken, wenn er ausgelernt haͤtte. Jhr Vater aber
koͤnnte ihr weiter nichts mitgeben, als einige Klei-
nigkeiten von Hausgeraͤthe zur Ausſtattung.
Haͤnschens Mutter ſagte zwar, ſie wuͤßte keine
huͤbſchere und artigere Frau fuͤr Haͤnschen. Aber
(ein neuer Seufzer) was hilft das ſagen? Jch
wollte nicht, daß Haͤnschen um meinetwillen un-
gluͤcklich und duͤrftig wuͤrde. Das wuͤrde mir
anch nichts nuͤtzen.
Was wollte ich darum geben, daß ich ein ſo
aufrichtiges und unſchuldiges Hertz haͤtte als
mein Roſen-Knoͤſpchen und ihr Haͤnschen? Bey
meiner Seele, mein Engel bekehrt mich noch,
wenn uns nicht der unverſoͤhnliche Unverſtand
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/409>, abgerufen am 23.11.2024.
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