[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.der Clarissa. ge Sie unverheyrathet bleiben; und wir müßenimmer den Verdruß haben, wie wir ihn bisher gehabt haben, daß Sie uns plagen, wir aber Sie immer bewachen und hüten müssen, und daß er uns dabey drohet und trotzet. Dencke nur an den vorigen Sonntag, Mädchen! Was für Unglück hätte entstehen können, wenn dein Bruder mit ihm zusammen gekommen wäre? - - Mit einem solchen Kopf, als Lovelace hat, werden Sie auch nicht so auskommen können, als mit Herrn Solmes. Dieser wird vor Jhnen zittern, und vor dem an- dern müssen Sie beben. Mercken Sie sich das. Sie werden sich bey ihm weder zu rathen noch zu helffen wissen. Wenn zwischen Jhnen und Herrn Solmes einiges Mißverständniß entstehen sollte, so würden wir alle uns der Sache annehmen, und ohne Zweiffel im Stande seyn, etwas auszurich- ten: aber bey dem andern würde es heißen, wer die Wahl hat der mag auch die Qual haben: niemand würde Lust haben, ein Wort für Sie zu reden, und niemand würde es sich nur unter- stehen dürfen. Lassen Sie sich nicht durch eine Furcht vor dem Eye-Zanck und Haus-Kriegen schüch- tern machen. Die Flitter Woche währet heut zu Tage nicht lange: und, so viel ich weiß, hat noch niemand Anspruch auf die Speck-Seite gemacht, obgleich andere vorgeben, daß es einmahl gesche- hen sey. Der Ehe-Stand ist ein Zanck-Leben, die Che-Leute mögen sich einander selbst gewählt haben, oder nicht. Unter uns drey Brüdern hat nur einer das Hertz gehabt, zu heyrathen: und was Erster Theil. A a
der Clariſſa. ge Sie unverheyrathet bleiben; und wir muͤßenimmer den Verdruß haben, wie wir ihn bisher gehabt haben, daß Sie uns plagen, wir aber Sie immer bewachen und huͤten muͤſſen, und daß er uns dabey drohet und trotzet. Dencke nur an den vorigen Sonntag, Maͤdchen! Was fuͤr Ungluͤck haͤtte entſtehen koͤnnen, wenn dein Bruder mit ihm zuſammen gekommen waͤre? ‒ ‒ Mit einem ſolchen Kopf, als Lovelace hat, werden Sie auch nicht ſo auskommen koͤnnen, als mit Herrn Solmes. Dieſer wird vor Jhnen zittern, und vor dem an- dern muͤſſen Sie beben. Mercken Sie ſich das. Sie werden ſich bey ihm weder zu rathen noch zu helffen wiſſen. Wenn zwiſchen Jhnen und Herrn Solmes einiges Mißverſtaͤndniß entſtehen ſollte, ſo wuͤrden wir alle uns der Sache annehmen, und ohne Zweiffel im Stande ſeyn, etwas auszurich- ten: aber bey dem andern wuͤrde es heißen, wer die Wahl hat der mag auch die Qual haben: niemand wuͤrde Luſt haben, ein Wort fuͤr Sie zu reden, und niemand wuͤrde es ſich nur unter- ſtehen duͤꝛfen. Laſſen Sie ſich nicht durch eine Furcht vor dem Eye-Zanck und Haus-Kriegen ſchuͤch- tern machen. Die Flitter Woche waͤhret heut zu Tage nicht lange: und, ſo viel ich weiß, hat noch niemand Anſpruch auf die Speck-Seite gemacht, obgleich andere vorgeben, daß es einmahl geſche- hen ſey. Der Ehe-Stand iſt ein Zanck-Leben, die Che-Leute moͤgen ſich einander ſelbſt gewaͤhlt haben, oder nicht. Unter uns drey Bruͤdern hat nur einer das Hertz gehabt, zu heyrathen: und was Erſter Theil. A a
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der Clariſſa.
ge Sie unverheyrathet bleiben; und wir muͤßen
immer den Verdruß haben, wie wir ihn bisher
gehabt haben, daß Sie uns plagen, wir aber Sie
immer bewachen und huͤten muͤſſen, und daß er
uns dabey drohet und trotzet. Dencke nur an den
vorigen Sonntag, Maͤdchen! Was fuͤr Ungluͤck
haͤtte entſtehen koͤnnen, wenn dein Bruder mit ihm
zuſammen gekommen waͤre? ‒ ‒ Mit einem ſolchen
Kopf, als Lovelace hat, werden Sie auch nicht
ſo auskommen koͤnnen, als mit Herrn Solmes.
Dieſer wird vor Jhnen zittern, und vor dem an-
dern muͤſſen Sie beben. Mercken Sie ſich das.
Sie werden ſich bey ihm weder zu rathen noch zu
helffen wiſſen. Wenn zwiſchen Jhnen und Herrn
Solmes einiges Mißverſtaͤndniß entſtehen ſollte,
ſo wuͤrden wir alle uns der Sache annehmen, und
ohne Zweiffel im Stande ſeyn, etwas auszurich-
ten: aber bey dem andern wuͤrde es heißen, wer
die Wahl hat der mag auch die Qual haben:
niemand wuͤrde Luſt haben, ein Wort fuͤr Sie
zu reden, und niemand wuͤrde es ſich nur unter-
ſtehen duͤꝛfen. Laſſen Sie ſich nicht durch eine Furcht
vor dem Eye-Zanck und Haus-Kriegen ſchuͤch-
tern machen. Die Flitter Woche waͤhret heut zu
Tage nicht lange: und, ſo viel ich weiß, hat noch
niemand Anſpruch auf die Speck-Seite gemacht,
obgleich andere vorgeben, daß es einmahl geſche-
hen ſey. Der Ehe-Stand iſt ein Zanck-Leben,
die Che-Leute moͤgen ſich einander ſelbſt gewaͤhlt
haben, oder nicht. Unter uns drey Bruͤdern hat
nur einer das Hertz gehabt, zu heyrathen: und
was
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