Aus Besuch und Gegen-Besuch haben Sie sonst nicht viel gemacht. Die Namen werden nur genannt, um das Register der Leiden grösser zu machen. Der Schimpf ist uns eben so schmertz- lich als Jhnen. So ein artiges junges Kind! dessen wir uns sonst immer zu rühmen pflegten! Und alles dieses stehet blos bey Jhnen, ob Sie es ändern wollen oder nicht! Allein ihr Hertz empört sich, wenn Sie sich überreden wollen, Jhren El- tern zu gehorchen. Die Beschreibung ist artig: ist sie nicht? Mehr als zu wahr, wenn Sie so fort- fahren. Jch weiß aber, daß Sie ihn lieben kön- ten, wenn Sie nur wollten. Jch hätte fast Lust, Jhnen zu befehlen, daß Sie ihn hassen sollten: vielleicht würde er Jhnen denn besser gefallen. Denn ich habe bey Jhrem Geschlechte immer ei- nen solchen widersinnischen Trieb gefunden, als man ihn in den Romainen beschrieben findet. Das ist Essen und Trincken und Kleidung des Frauen- Volcks, wenn sie das thun und lieben können, was sie nicht thun und nicht lieben sollen.
Jch bin völlig einerley Meynung mit Jhrem Bruder, daß Mädchens Witz genug aber nicht wahren Verstand und Beurtheilungskraft genug zum Bücher Lesen und zum Schreiben haben. Sie stellen es sich als möglich vor, daß Sie hochmü- thig und eingebildet seyn möchten: daß sind Sie in der That, weil Jhnen dieser Herr so verächtlich vorkommt. Er kan so gut lesen und schreiben, als die meisten Edelleute. Wer hat Jhnen gesagt, daß Herr Solmes nicht lesen und nicht schreiben
könte?
Die Geſchichte
Aus Beſuch und Gegen-Beſuch haben Sie ſonſt nicht viel gemacht. Die Namen werden nur genannt, um das Regiſter der Leiden groͤſſer zu machen. Der Schimpf iſt uns eben ſo ſchmertz- lich als Jhnen. So ein artiges junges Kind! deſſen wir uns ſonſt immer zu ruͤhmen pflegten! Und alles dieſes ſtehet blos bey Jhnen, ob Sie es aͤndern wollen oder nicht! Allein ihr Hertz empoͤrt ſich, wenn Sie ſich uͤberreden wollen, Jhren El- tern zu gehorchen. Die Beſchreibung iſt artig: iſt ſie nicht? Mehr als zu wahr, wenn Sie ſo fort- fahren. Jch weiß aber, daß Sie ihn lieben koͤn- ten, wenn Sie nur wollten. Jch haͤtte faſt Luſt, Jhnen zu befehlen, daß Sie ihn haſſen ſollten: vielleicht wuͤrde er Jhnen denn beſſer gefallen. Denn ich habe bey Jhrem Geſchlechte immer ei- nen ſolchen widerſinniſchen Trieb gefunden, als man ihn in den Romainen beſchrieben findet. Das iſt Eſſen und Trincken und Kleidung des Frauen- Volcks, wenn ſie das thun und lieben koͤnnen, was ſie nicht thun und nicht lieben ſollen.
Jch bin voͤllig einerley Meynung mit Jhrem Bruder, daß Maͤdchens Witz genug aber nicht wahren Verſtand und Beurtheilungskraft genug zum Buͤcher Leſen und zum Schreiben haben. Sie ſtellen es ſich als moͤglich vor, daß Sie hochmuͤ- thig und eingebildet ſeyn moͤchten: daß ſind Sie in der That, weil Jhnen dieſer Herr ſo veraͤchtlich vorkommt. Er kan ſo gut leſen und ſchreiben, als die meiſten Edelleute. Wer hat Jhnen geſagt, daß Herr Solmes nicht leſen und nicht ſchreiben
koͤnte?
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Die Geſchichte
Aus Beſuch und Gegen-Beſuch haben Sie
ſonſt nicht viel gemacht. Die Namen werden
nur genannt, um das Regiſter der Leiden groͤſſer
zu machen. Der Schimpf iſt uns eben ſo ſchmertz-
lich als Jhnen. So ein artiges junges Kind!
deſſen wir uns ſonſt immer zu ruͤhmen pflegten!
Und alles dieſes ſtehet blos bey Jhnen, ob Sie es
aͤndern wollen oder nicht! Allein ihr Hertz empoͤrt
ſich, wenn Sie ſich uͤberreden wollen, Jhren El-
tern zu gehorchen. Die Beſchreibung iſt artig:
iſt ſie nicht? Mehr als zu wahr, wenn Sie ſo fort-
fahren. Jch weiß aber, daß Sie ihn lieben koͤn-
ten, wenn Sie nur wollten. Jch haͤtte faſt Luſt,
Jhnen zu befehlen, daß Sie ihn haſſen ſollten:
vielleicht wuͤrde er Jhnen denn beſſer gefallen.
Denn ich habe bey Jhrem Geſchlechte immer ei-
nen ſolchen widerſinniſchen Trieb gefunden, als
man ihn in den Romainen beſchrieben findet. Das
iſt Eſſen und Trincken und Kleidung des Frauen-
Volcks, wenn ſie das thun und lieben koͤnnen, was
ſie nicht thun und nicht lieben ſollen.
Jch bin voͤllig einerley Meynung mit Jhrem
Bruder, daß Maͤdchens Witz genug aber nicht
wahren Verſtand und Beurtheilungskraft genug
zum Buͤcher Leſen und zum Schreiben haben. Sie
ſtellen es ſich als moͤglich vor, daß Sie hochmuͤ-
thig und eingebildet ſeyn moͤchten: daß ſind Sie
in der That, weil Jhnen dieſer Herr ſo veraͤchtlich
vorkommt. Er kan ſo gut leſen und ſchreiben,
als die meiſten Edelleute. Wer hat Jhnen geſagt,
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koͤnte?
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/384>, abgerufen am 27.11.2024.
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