[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.Die Geschichte "Wenn aber auch die meinigen auf seiner Seite"gewesen wären, und ich hätte meine Neigung "zu dem unverehlichten Stande, den ich so sehr "vorziehe, überwindeu können; so würde ich doch "gegen ihn noch sehr viel einzuwenden gehabt "haben. Jch würde ihm auch dieses gewiß ge- "sagt haben, wenn ich seinen Besuch für etwas "mehr als einen ordentlichen und gewöhnlichen "Besuch gehalten hätte. Jn Betrachtung alles "dieses bitte ich ihn, daß das der letzte Brief seyn "möge, den er als eine Antwort auf diesen Brief "an den gewöhnlichen Ort bringen möchte, um "mich darin zu versichern, daß er sich bey mei- "ner gefasseten Entschliessung wenigstens so "lange beruhigen wolte, bis sich die Zeiten än- "derten." Dieses letzte habe ich deswegen einfliessen las- Jch habe Jhnen versprochen, Jhnen alle seine Ha-
Die Geſchichte „Wenn aber auch die meinigen auf ſeiner Seite„geweſen waͤren, und ich haͤtte meine Neigung „zu dem unverehlichten Stande, den ich ſo ſehr „vorziehe, uͤberwindeu koͤnnen; ſo wuͤrde ich doch „gegen ihn noch ſehr viel einzuwenden gehabt „haben. Jch wuͤrde ihm auch dieſes gewiß ge- „ſagt haben, wenn ich ſeinen Beſuch fuͤr etwas „mehr als einen ordentlichen und gewoͤhnlichen „Beſuch gehalten haͤtte. Jn Betrachtung alles „dieſes bitte ich ihn, daß das der letzte Brief ſeyn „moͤge, den er als eine Antwort auf dieſen Brief „an den gewoͤhnlichen Ort bringen moͤchte, um „mich darin zu verſichern, daß er ſich bey mei- „ner gefaſſeten Entſchlieſſung wenigſtens ſo „lange beruhigen wolte, bis ſich die Zeiten aͤn- „derten.„ Dieſes letzte habe ich deswegen einflieſſen laſ- Jch habe Jhnen verſprochen, Jhnen alle ſeine Ha-
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Die Geſchichte
„Wenn aber auch die meinigen auf ſeiner Seite
„geweſen waͤren, und ich haͤtte meine Neigung
„zu dem unverehlichten Stande, den ich ſo ſehr
„vorziehe, uͤberwindeu koͤnnen; ſo wuͤrde ich doch
„gegen ihn noch ſehr viel einzuwenden gehabt
„haben. Jch wuͤrde ihm auch dieſes gewiß ge-
„ſagt haben, wenn ich ſeinen Beſuch fuͤr etwas
„mehr als einen ordentlichen und gewoͤhnlichen
„Beſuch gehalten haͤtte. Jn Betrachtung alles
„dieſes bitte ich ihn, daß das der letzte Brief ſeyn
„moͤge, den er als eine Antwort auf dieſen Brief
„an den gewoͤhnlichen Ort bringen moͤchte, um
„mich darin zu verſichern, daß er ſich bey mei-
„ner gefaſſeten Entſchlieſſung wenigſtens ſo
„lange beruhigen wolte, bis ſich die Zeiten aͤn-
„derten.„
Dieſes letzte habe ich deswegen einflieſſen laſ-
ſen, damit er nicht gantz deſperat werden moͤchte.
Wenn er mich aber bey meinem Worte haͤlt,
ſo bin ich einer Qual los geworden.
Jch habe Jhnen verſprochen, Jhnen alle ſeine
Briefe nebſt meiner Antwort vorzulegen, und ich
widerhole dieſes Verſprechen, und bin eben des-
halb in meinen Auszuͤgen aus dieſen Briefen kuͤr-
tzer. Allein ich kan nicht oft genug mein Un-
gluͤck bejammern, daß die Auffuͤhrung der meini-
gen mich zwinget, Briefe zu beantworten die vol-
ler Liebes-Erklaͤrungen und voller Hoffnung ſind,
und von einem Manne kommen, gegen den ich ſo
wichtige Einwendungen habe, daß ich ihm nie die
geringſte Hoffnung zu geben geneigt geweſen bin.
Ha-
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