"alles für Euch versprach, als andere schon daran "verzweifelten, daß Jhr Euch würdet lencken "lassen, weil Jhr so sonderbar zu Wercke gin- "get. Wie verkehrt muß Eur Sinn seyn, wenn "er eine solche Mutter zwinget, Euch fahren "zu lassen! Sie glaubt, daß sie recht hieran "thue: und sie will Euch nicht wieder anneh- "men, bis Jhr durch Gehorsam den ersten "Schritt zu ihr thut.
"Von mir mögt Jhr vielleicht die schlimmste "Meinung haben; und ich tröste mich, daß Jhr "diese schlimmen Meinungen von mir mit einer "andern Person gemein habt. Jch habe indessen "den Rath gegeben: man solte Euch vergönnen, "daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen dürftet, (wel- "ches für einige Leute die grösseste Straffe ist,) "und daß man das Haus nicht durch eine Person "belästigen solte, die uns desto mehr Mühe macht, "weil sie uns in die Nothwendigkeit gesetzt hat, "ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit "ihr unter einem Dache sind.
"Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart "vorkommt, so habt Jhr es noch in Eurer "Macht, allem was Euch beschwerlich ist durch "ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß "nicht, ob Jhr dieses immer in Eurer Macht ha- "ben werdet.
"Elisabeth Barnes hat Befehl, Euch in "allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh- "rer so wohl als mit Eurer Pflicht streiten.
Jacob Harlowe.
An
R 2
der Clariſſa.
„alles fuͤr Euch verſprach, als andere ſchon daran „verzweifelten, daß Jhr Euch wuͤrdet lencken „laſſen, weil Jhr ſo ſonderbar zu Wercke gin- „get. Wie verkehrt muß Eur Sinn ſeyn, wenn „er eine ſolche Mutter zwinget, Euch fahren „zu laſſen! Sie glaubt, daß ſie recht hieran „thue: und ſie will Euch nicht wieder anneh- „men, bis Jhr durch Gehorſam den erſten „Schritt zu ihr thut.
„Von mir moͤgt Jhr vielleicht die ſchlimmſte „Meinung haben; und ich troͤſte mich, daß Jhr „dieſe ſchlimmen Meinungen von mir mit einer „andern Perſon gemein habt. Jch habe indeſſen „den Rath gegeben: man ſolte Euch vergoͤnnen, „daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen duͤrftet, (wel- „ches fuͤr einige Leute die groͤſſeſte Straffe iſt,) „und daß man das Haus nicht durch eine Perſon „belaͤſtigen ſolte, die uns deſto mehr Muͤhe macht, „weil ſie uns in die Nothwendigkeit geſetzt hat, „ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit „ihr unter einem Dache ſind.
„Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart „vorkommt, ſo habt Jhr es noch in Eurer „Macht, allem was Euch beſchwerlich iſt durch „ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß „nicht, ob Jhr dieſes immer in Eurer Macht ha- „ben werdet.
„Eliſabeth Barnes hat Befehl, Euch in „allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh- „rer ſo wohl als mit Eurer Pflicht ſtreiten.
Jacob Harlowe.
An
R 2
<TEI><text><body><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0279"n="259"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa.</hi></hi></fw><lb/>„alles fuͤr Euch verſprach, als andere ſchon daran<lb/>„verzweifelten, daß Jhr Euch wuͤrdet lencken<lb/>„laſſen, weil Jhr ſo ſonderbar zu Wercke gin-<lb/>„get. Wie verkehrt muß Eur Sinn ſeyn, wenn<lb/>„er eine ſolche Mutter zwinget, Euch fahren<lb/>„zu laſſen! Sie glaubt, daß ſie recht hieran<lb/>„thue: und ſie will Euch nicht wieder anneh-<lb/>„men, bis Jhr durch Gehorſam den erſten<lb/>„Schritt zu ihr thut.</p><lb/><p>„Von mir moͤgt Jhr vielleicht die ſchlimmſte<lb/>„Meinung haben; und ich troͤſte mich, daß Jhr<lb/>„dieſe ſchlimmen Meinungen von mir mit einer<lb/>„andern Perſon gemein habt. Jch habe indeſſen<lb/>„den Rath gegeben: man ſolte Euch vergoͤnnen,<lb/>„daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen duͤrftet, (wel-<lb/>„ches fuͤr einige Leute die groͤſſeſte Straffe iſt,)<lb/>„und daß man das Haus nicht durch eine Perſon<lb/>„belaͤſtigen ſolte, die uns deſto mehr Muͤhe macht,<lb/>„weil ſie uns in die Nothwendigkeit geſetzt hat,<lb/>„ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit<lb/>„ihr unter einem Dache ſind.</p><lb/><p>„Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart<lb/>„vorkommt, ſo habt Jhr es noch in Eurer<lb/>„Macht, allem was Euch beſchwerlich iſt durch<lb/>„ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß<lb/>„nicht, ob Jhr dieſes immer in Eurer Macht ha-<lb/>„ben werdet.</p><lb/><p>„<hirendition="#fr">Eliſabeth Barnes</hi> hat Befehl, Euch in<lb/>„allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit <hirendition="#fr">Jh-<lb/>„rer</hi>ſo wohl als mit Eurer Pflicht ſtreiten.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Jacob Harlowe.</hi></hi></salute></closer></body></floatingText><lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 2</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">An</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[259/0279]
der Clariſſa.
„alles fuͤr Euch verſprach, als andere ſchon daran
„verzweifelten, daß Jhr Euch wuͤrdet lencken
„laſſen, weil Jhr ſo ſonderbar zu Wercke gin-
„get. Wie verkehrt muß Eur Sinn ſeyn, wenn
„er eine ſolche Mutter zwinget, Euch fahren
„zu laſſen! Sie glaubt, daß ſie recht hieran
„thue: und ſie will Euch nicht wieder anneh-
„men, bis Jhr durch Gehorſam den erſten
„Schritt zu ihr thut.
„Von mir moͤgt Jhr vielleicht die ſchlimmſte
„Meinung haben; und ich troͤſte mich, daß Jhr
„dieſe ſchlimmen Meinungen von mir mit einer
„andern Perſon gemein habt. Jch habe indeſſen
„den Rath gegeben: man ſolte Euch vergoͤnnen,
„daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen duͤrftet, (wel-
„ches fuͤr einige Leute die groͤſſeſte Straffe iſt,)
„und daß man das Haus nicht durch eine Perſon
„belaͤſtigen ſolte, die uns deſto mehr Muͤhe macht,
„weil ſie uns in die Nothwendigkeit geſetzt hat,
„ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit
„ihr unter einem Dache ſind.
„Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart
„vorkommt, ſo habt Jhr es noch in Eurer
„Macht, allem was Euch beſchwerlich iſt durch
„ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß
„nicht, ob Jhr dieſes immer in Eurer Macht ha-
„ben werdet.
„Eliſabeth Barnes hat Befehl, Euch in
„allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh-
„rer ſo wohl als mit Eurer Pflicht ſtreiten.
Jacob Harlowe.
An
R 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/279>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.