Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
"alles für Euch versprach, als andere schon daran
"verzweifelten, daß Jhr Euch würdet lencken
"lassen, weil Jhr so sonderbar zu Wercke gin-
"get. Wie verkehrt muß Eur Sinn seyn, wenn
"er eine solche Mutter zwinget, Euch fahren
"zu lassen! Sie glaubt, daß sie recht hieran
"thue: und sie will Euch nicht wieder anneh-
"men, bis Jhr durch Gehorsam den ersten
"Schritt zu ihr thut.

"Von mir mögt Jhr vielleicht die schlimmste
"Meinung haben; und ich tröste mich, daß Jhr
"diese schlimmen Meinungen von mir mit einer
"andern Person gemein habt. Jch habe indessen
"den Rath gegeben: man solte Euch vergönnen,
"daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen dürftet, (wel-
"ches für einige Leute die grösseste Straffe ist,)
"und daß man das Haus nicht durch eine Person
"belästigen solte, die uns desto mehr Mühe macht,
"weil sie uns in die Nothwendigkeit gesetzt hat,
"ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit
"ihr unter einem Dache sind.

"Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart
"vorkommt, so habt Jhr es noch in Eurer
"Macht, allem was Euch beschwerlich ist durch
"ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß
"nicht, ob Jhr dieses immer in Eurer Macht ha-
"ben werdet.

"Elisabeth Barnes hat Befehl, Euch in
"allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh-
"rer
so wohl als mit Eurer Pflicht streiten.

Jacob Harlowe.
An
R 2

der Clariſſa.
„alles fuͤr Euch verſprach, als andere ſchon daran
„verzweifelten, daß Jhr Euch wuͤrdet lencken
„laſſen, weil Jhr ſo ſonderbar zu Wercke gin-
„get. Wie verkehrt muß Eur Sinn ſeyn, wenn
„er eine ſolche Mutter zwinget, Euch fahren
„zu laſſen! Sie glaubt, daß ſie recht hieran
„thue: und ſie will Euch nicht wieder anneh-
„men, bis Jhr durch Gehorſam den erſten
„Schritt zu ihr thut.

„Von mir moͤgt Jhr vielleicht die ſchlimmſte
„Meinung haben; und ich troͤſte mich, daß Jhr
„dieſe ſchlimmen Meinungen von mir mit einer
„andern Perſon gemein habt. Jch habe indeſſen
„den Rath gegeben: man ſolte Euch vergoͤnnen,
„daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen duͤrftet, (wel-
„ches fuͤr einige Leute die groͤſſeſte Straffe iſt,)
„und daß man das Haus nicht durch eine Perſon
„belaͤſtigen ſolte, die uns deſto mehr Muͤhe macht,
„weil ſie uns in die Nothwendigkeit geſetzt hat,
„ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit
„ihr unter einem Dache ſind.

„Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart
„vorkommt, ſo habt Jhr es noch in Eurer
„Macht, allem was Euch beſchwerlich iſt durch
„ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß
„nicht, ob Jhr dieſes immer in Eurer Macht ha-
„ben werdet.

Eliſabeth Barnes hat Befehl, Euch in
„allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh-
„rer
ſo wohl als mit Eurer Pflicht ſtreiten.

Jacob Harlowe.
An
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <floatingText>
          <body>
            <p><pb facs="#f0279" n="259"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi></hi></fw><lb/>
&#x201E;alles fu&#x0364;r Euch ver&#x017F;prach, als andere &#x017F;chon daran<lb/>
&#x201E;verzweifelten, daß Jhr Euch wu&#x0364;rdet lencken<lb/>
&#x201E;la&#x017F;&#x017F;en, weil Jhr &#x017F;o &#x017F;onderbar zu Wercke gin-<lb/>
&#x201E;get. Wie verkehrt muß Eur Sinn &#x017F;eyn, wenn<lb/>
&#x201E;er eine &#x017F;olche Mutter zwinget, Euch fahren<lb/>
&#x201E;zu la&#x017F;&#x017F;en! Sie glaubt, daß &#x017F;ie recht hieran<lb/>
&#x201E;thue: und &#x017F;ie will Euch nicht wieder anneh-<lb/>
&#x201E;men, bis Jhr durch Gehor&#x017F;am den er&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;Schritt zu ihr thut.</p><lb/>
            <p>&#x201E;Von mir mo&#x0364;gt Jhr vielleicht die &#x017F;chlimm&#x017F;te<lb/>
&#x201E;Meinung haben; und ich tro&#x0364;&#x017F;te mich, daß Jhr<lb/>
&#x201E;die&#x017F;e &#x017F;chlimmen Meinungen von mir mit einer<lb/>
&#x201E;andern Per&#x017F;on gemein habt. Jch habe inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;den Rath gegeben: man &#x017F;olte Euch vergo&#x0364;nnen,<lb/>
&#x201E;daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen du&#x0364;rftet, (wel-<lb/>
&#x201E;ches fu&#x0364;r einige Leute die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Straffe i&#x017F;t,)<lb/>
&#x201E;und daß man das Haus nicht durch eine Per&#x017F;on<lb/>
&#x201E;bela&#x0364;&#x017F;tigen &#x017F;olte, die uns de&#x017F;to mehr Mu&#x0364;he macht,<lb/>
&#x201E;weil &#x017F;ie uns in die Nothwendigkeit ge&#x017F;etzt hat,<lb/>
&#x201E;ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit<lb/>
&#x201E;ihr unter einem Dache &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>&#x201E;Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart<lb/>
&#x201E;vorkommt, &#x017F;o habt Jhr es noch in Eurer<lb/>
&#x201E;Macht, allem was Euch be&#x017F;chwerlich i&#x017F;t durch<lb/>
&#x201E;ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß<lb/>
&#x201E;nicht, ob Jhr die&#x017F;es immer in Eurer Macht ha-<lb/>
&#x201E;ben werdet.</p><lb/>
            <p>&#x201E;<hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth Barnes</hi> hat Befehl, Euch in<lb/>
&#x201E;allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit <hi rendition="#fr">Jh-<lb/>
&#x201E;rer</hi> &#x017F;o wohl als mit Eurer Pflicht &#x017F;treiten.</p><lb/>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Jacob Harlowe.</hi> </hi> </salute>
            </closer>
          </body>
        </floatingText><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">R 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">An</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0279] der Clariſſa. „alles fuͤr Euch verſprach, als andere ſchon daran „verzweifelten, daß Jhr Euch wuͤrdet lencken „laſſen, weil Jhr ſo ſonderbar zu Wercke gin- „get. Wie verkehrt muß Eur Sinn ſeyn, wenn „er eine ſolche Mutter zwinget, Euch fahren „zu laſſen! Sie glaubt, daß ſie recht hieran „thue: und ſie will Euch nicht wieder anneh- „men, bis Jhr durch Gehorſam den erſten „Schritt zu ihr thut. „Von mir moͤgt Jhr vielleicht die ſchlimmſte „Meinung haben; und ich troͤſte mich, daß Jhr „dieſe ſchlimmen Meinungen von mir mit einer „andern Perſon gemein habt. Jch habe indeſſen „den Rath gegeben: man ſolte Euch vergoͤnnen, „daß Jhr Eurem eigen Kopfe folgen duͤrftet, (wel- „ches fuͤr einige Leute die groͤſſeſte Straffe iſt,) „und daß man das Haus nicht durch eine Perſon „belaͤſtigen ſolte, die uns deſto mehr Muͤhe macht, „weil ſie uns in die Nothwendigkeit geſetzt hat, „ihr aus dem Wege zu gehen, ob wir gleich mit „ihr unter einem Dache ſind. „Wenn Euch der Jnhalt meines Briefes hart „vorkommt, ſo habt Jhr es noch in Eurer „Macht, allem was Euch beſchwerlich iſt durch „ein eintziges Wort abzuhelfen. Allein ich weiß „nicht, ob Jhr dieſes immer in Eurer Macht ha- „ben werdet. „Eliſabeth Barnes hat Befehl, Euch in „allen Dingen zu gehorchen, die nicht mit Jh- „rer ſo wohl als mit Eurer Pflicht ſtreiten. Jacob Harlowe. An R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/279
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/279>, abgerufen am 24.11.2024.