Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
Aufzug der Brüder meines Vaters, und über die
Künste welcher sie sich bedienen ihn überall schwartz
zu machen. Er erklärt sich endlich also: "weder
"seine Ehre noch die Ehre seiner Familie (welcher
"man ebenfalls nicht schonete, so oft man seiner
"im übeln gedächte, und das Andencken einer un-
"glücklichen Schlägerey erneuerte, der er gern aus
"dem Wege gegangen wäre) erlaubten ihm ei-
"nen Schimpf nach dem andern geduldig hinzu-
"nehmen. Er müsse das Betragen meines Bru-
"ders noch höher empfinden, da er gewiß ver-
"sichert sey, daß wenn ich ihm gleich nicht gün-
"stig wäre, ich doch auch gegen den in den Wurff
"gebrachten Solmes keine Neigung hätte, oder
"haben könnte. Mein Bruder gestünde seinen
"Grimm und Bosheit gegen jedermann: und
"rühmte sich öffentlich, daß er Hoffnung habe,
"durch diesen Solmes mich zu kräncken, und
"sich an ihm zu rächen. Wenn auch keine noch
"viel stärckere Ursache ihn antriebe, so würde er
"doch nicht unterlassen können, gegen einen arg-
"listigen Streich zu arbeiten, durch den man ihn
"eigentlich zu beleidigen suchte. Jch müste ihm er-
"lauben, daß er mit Hrn. Solmes selbst ein Wort
"von dieser Sache spräche. Jnsonderheit dringt
"er sehr darauf, daß ich ihm erlauben möchte,
"meine Onckels oder gar meine Eltern in Gesell-
"schafft des Lord M. zu besuchen: und ver-
"spricht mir, alle Beleidigungen, die ihm bey
"solcher Gelegenheit gegeben werden möchten, mit
"Gedult zu ertragen, wenn sie anders von der

"Art

der Clariſſa.
Aufzug der Bruͤder meines Vaters, und uͤber die
Kuͤnſte welcher ſie ſich bedienen ihn uͤberall ſchwartz
zu machen. Er erklaͤrt ſich endlich alſo: „weder
„ſeine Ehre noch die Ehre ſeiner Familie (welcher
„man ebenfalls nicht ſchonete, ſo oft man ſeiner
„im uͤbeln gedaͤchte, und das Andencken einer un-
„gluͤcklichen Schlaͤgerey erneuerte, der er gern aus
„dem Wege gegangen waͤre) erlaubten ihm ei-
„nen Schimpf nach dem andern geduldig hinzu-
„nehmen. Er muͤſſe das Betragen meines Bru-
„ders noch hoͤher empfinden, da er gewiß ver-
„ſichert ſey, daß wenn ich ihm gleich nicht guͤn-
„ſtig waͤre, ich doch auch gegen den in den Wurff
„gebrachten Solmes keine Neigung haͤtte, oder
„haben koͤnnte. Mein Bruder geſtuͤnde ſeinen
„Grimm und Bosheit gegen jedermann: und
„ruͤhmte ſich oͤffentlich, daß er Hoffnung habe,
„durch dieſen Solmes mich zu kraͤncken, und
„ſich an ihm zu raͤchen. Wenn auch keine noch
„viel ſtaͤrckere Urſache ihn antriebe, ſo wuͤrde er
„doch nicht unterlaſſen koͤnnen, gegen einen arg-
„liſtigen Streich zu arbeiten, durch den man ihn
„eigentlich zu beleidigen ſuchte. Jch muͤſte ihm er-
„lauben, daß er mit Hrn. Solmes ſelbſt ein Wort
„von dieſer Sache ſpraͤche. Jnſonderheit dringt
„er ſehr darauf, daß ich ihm erlauben moͤchte,
„meine Onckels oder gar meine Eltern in Geſell-
„ſchafft des Lord M. zu beſuchen: und ver-
„ſpricht mir, alle Beleidigungen, die ihm bey
„ſolcher Gelegenheit gegeben werden moͤchten, mit
„Gedult zu ertragen, wenn ſie anders von der

„Art
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0211" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi></hi></fw><lb/>
Aufzug der Bru&#x0364;der meines Vaters, und u&#x0364;ber die<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te welcher &#x017F;ie &#x017F;ich bedienen ihn u&#x0364;berall &#x017F;chwartz<lb/>
zu machen. Er erkla&#x0364;rt &#x017F;ich endlich al&#x017F;o: &#x201E;weder<lb/>
&#x201E;&#x017F;eine Ehre noch die Ehre &#x017F;einer Familie (welcher<lb/>
&#x201E;man ebenfalls nicht &#x017F;chonete, &#x017F;o oft man &#x017F;einer<lb/>
&#x201E;im u&#x0364;beln geda&#x0364;chte, und das Andencken einer un-<lb/>
&#x201E;glu&#x0364;cklichen Schla&#x0364;gerey erneuerte, der er gern aus<lb/>
&#x201E;dem Wege gegangen wa&#x0364;re) erlaubten ihm ei-<lb/>
&#x201E;nen Schimpf nach dem andern geduldig hinzu-<lb/>
&#x201E;nehmen. Er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e das Betragen meines Bru-<lb/>
&#x201E;ders noch ho&#x0364;her empfinden, da er gewiß ver-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ichert &#x017F;ey, daß wenn ich ihm gleich nicht gu&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;&#x017F;tig wa&#x0364;re, ich doch auch gegen den in den Wurff<lb/>
&#x201E;gebrachten <hi rendition="#fr">Solmes</hi> keine Neigung ha&#x0364;tte, oder<lb/>
&#x201E;haben ko&#x0364;nnte. Mein Bruder ge&#x017F;tu&#x0364;nde &#x017F;einen<lb/>
&#x201E;Grimm und Bosheit gegen jedermann: und<lb/>
&#x201E;ru&#x0364;hmte &#x017F;ich o&#x0364;ffentlich, daß er Hoffnung habe,<lb/>
&#x201E;durch die&#x017F;en <hi rendition="#fr">Solmes mich</hi> zu kra&#x0364;ncken, und<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich an ihm zu ra&#x0364;chen. Wenn auch keine noch<lb/>
&#x201E;viel &#x017F;ta&#x0364;rckere Ur&#x017F;ache ihn antriebe, &#x017F;o wu&#x0364;rde er<lb/>
&#x201E;doch nicht unterla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, gegen einen arg-<lb/>
&#x201E;li&#x017F;tigen Streich zu arbeiten, durch den man ihn<lb/>
&#x201E;eigentlich zu beleidigen &#x017F;uchte. Jch mu&#x0364;&#x017F;te ihm er-<lb/>
&#x201E;lauben, daß er mit Hrn. <hi rendition="#fr">Solmes</hi> &#x017F;elb&#x017F;t ein Wort<lb/>
&#x201E;von die&#x017F;er Sache &#x017F;pra&#x0364;che. Jn&#x017F;onderheit dringt<lb/>
&#x201E;er &#x017F;ehr darauf, daß ich ihm erlauben mo&#x0364;chte,<lb/>
&#x201E;meine Onckels oder gar meine Eltern in Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chafft des Lord <hi rendition="#fr">M.</hi> zu be&#x017F;uchen: und ver-<lb/>
&#x201E;&#x017F;pricht mir, alle Beleidigungen, die ihm bey<lb/>
&#x201E;&#x017F;olcher Gelegenheit gegeben werden mo&#x0364;chten, mit<lb/>
&#x201E;Gedult zu ertragen, wenn &#x017F;ie anders von der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Art</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0211] der Clariſſa. Aufzug der Bruͤder meines Vaters, und uͤber die Kuͤnſte welcher ſie ſich bedienen ihn uͤberall ſchwartz zu machen. Er erklaͤrt ſich endlich alſo: „weder „ſeine Ehre noch die Ehre ſeiner Familie (welcher „man ebenfalls nicht ſchonete, ſo oft man ſeiner „im uͤbeln gedaͤchte, und das Andencken einer un- „gluͤcklichen Schlaͤgerey erneuerte, der er gern aus „dem Wege gegangen waͤre) erlaubten ihm ei- „nen Schimpf nach dem andern geduldig hinzu- „nehmen. Er muͤſſe das Betragen meines Bru- „ders noch hoͤher empfinden, da er gewiß ver- „ſichert ſey, daß wenn ich ihm gleich nicht guͤn- „ſtig waͤre, ich doch auch gegen den in den Wurff „gebrachten Solmes keine Neigung haͤtte, oder „haben koͤnnte. Mein Bruder geſtuͤnde ſeinen „Grimm und Bosheit gegen jedermann: und „ruͤhmte ſich oͤffentlich, daß er Hoffnung habe, „durch dieſen Solmes mich zu kraͤncken, und „ſich an ihm zu raͤchen. Wenn auch keine noch „viel ſtaͤrckere Urſache ihn antriebe, ſo wuͤrde er „doch nicht unterlaſſen koͤnnen, gegen einen arg- „liſtigen Streich zu arbeiten, durch den man ihn „eigentlich zu beleidigen ſuchte. Jch muͤſte ihm er- „lauben, daß er mit Hrn. Solmes ſelbſt ein Wort „von dieſer Sache ſpraͤche. Jnſonderheit dringt „er ſehr darauf, daß ich ihm erlauben moͤchte, „meine Onckels oder gar meine Eltern in Geſell- „ſchafft des Lord M. zu beſuchen: und ver- „ſpricht mir, alle Beleidigungen, die ihm bey „ſolcher Gelegenheit gegeben werden moͤchten, mit „Gedult zu ertragen, wenn ſie anders von der „Art

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/211
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/211>, abgerufen am 04.05.2024.