Herrn Roger Solmes aufgeopfert werden! Wie kan sich einer etwas so ungereimtes ein- fallen lassen?
Sie verlangen von mir: ich soll Jhnen nicht anrathen Herrn Solmes zu nehmen. Jch sollte fast glauben mein Schatz, daß Sie in der That zu der Familie gehören, die sich eine so abgeschmackte Parthey für Sie gefallen lassen können: sonst hätten Sie sich gar nicht vorstel- len können, gaß ich Jhnen anrathen würde, Herrn Solmes zu nehmen.
Bitten Sie mich nur einmahl, daß ich einen Abriß von ihm mache. Sie wissen ja, daß ich geschickt bin ein eckelhaftes Bild zu mahlen. Doch ich will lieber einige Zeit mit meiner Be- schreibung warten: denn wer weiß, was sich noch endlich zutragen kan, da man so viel Hef- tigkeit gebraucht, und da Sie so wenig Muth besitzen den Strom zu widerstehen.
Sie wünschen sich nur etwas von meinem Muth. Jst dis Jhr Ernst? Er würde Jhnen jetzt nichts mehr helfen, und würde Sie nicht einmahl kleiden. Sie sind Jhrer Mutter Tochter, Sie mögen davon dencken was Sie wollen, und haben es mit heftigen Gemüthern zu thun. Sie hätten früher etwas von meinem Muth annehmen sollen: nemlich damals, da Sie Jhr Gut solchen Leu- ten in die Hände spieleten, die glaubten ein nähe- res Recht daran zu haben als Sie. Was sind Sie dessen gebessert, daß der Prätendent auf Jhr Gut Jhr Vater ist? Hat er nicht zwey ältere
Kin-
Die Geſchichte
Herrn Roger Solmes aufgeopfert werden! Wie kan ſich einer etwas ſo ungereimtes ein- fallen laſſen?
Sie verlangen von mir: ich ſoll Jhnen nicht anrathen Herrn Solmes zu nehmen. Jch ſollte faſt glauben mein Schatz, daß Sie in der That zu der Familie gehoͤren, die ſich eine ſo abgeſchmackte Parthey fuͤr Sie gefallen laſſen koͤnnen: ſonſt haͤtten Sie ſich gar nicht vorſtel- len koͤnnen, gaß ich Jhnen anrathen wuͤrde, Herrn Solmes zu nehmen.
Bitten Sie mich nur einmahl, daß ich einen Abriß von ihm mache. Sie wiſſen ja, daß ich geſchickt bin ein eckelhaftes Bild zu mahlen. Doch ich will lieber einige Zeit mit meiner Be- ſchreibung warten: denn wer weiß, was ſich noch endlich zutragen kan, da man ſo viel Hef- tigkeit gebraucht, und da Sie ſo wenig Muth beſitzen den Strom zu widerſtehen.
Sie wuͤnſchen ſich nur etwas von meinem Muth. Jſt dis Jhr Ernſt? Er wuͤrde Jhnen jetzt nichts mehr helfen, und wuͤrde Sie nicht einmahl kleiden. Sie ſind Jhrer Mutter Tochter, Sie moͤgen davon dencken was Sie wollen, und haben es mit heftigen Gemuͤthern zu thun. Sie haͤtten fruͤher etwas von meinem Muth annehmen ſollen: nemlich damals, da Sie Jhr Gut ſolchen Leu- ten in die Haͤnde ſpieleten, die glaubten ein naͤhe- res Recht daran zu haben als Sie. Was ſind Sie deſſen gebeſſert, daß der Praͤtendent auf Jhr Gut Jhr Vater iſt? Hat er nicht zwey aͤltere
Kin-
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0108"n="88"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>
Herrn <hirendition="#fr">Roger Solmes</hi> aufgeopfert werden!<lb/>
Wie kan ſich einer etwas ſo ungereimtes ein-<lb/>
fallen laſſen?</p><lb/><p>Sie verlangen von mir: <hirendition="#fr">ich ſoll Jhnen<lb/>
nicht anrathen Herrn Solmes zu nehmen.</hi><lb/>
Jch ſollte faſt glauben mein Schatz, daß Sie in<lb/>
der That zu der Familie gehoͤren, die ſich eine ſo<lb/>
abgeſchmackte Parthey fuͤr Sie gefallen laſſen<lb/>
koͤnnen: ſonſt haͤtten Sie ſich gar nicht vorſtel-<lb/>
len koͤnnen, gaß ich Jhnen anrathen wuͤrde,<lb/>
Herrn <hirendition="#fr">Solmes</hi> zu nehmen.</p><lb/><p>Bitten Sie mich nur einmahl, daß ich einen<lb/>
Abriß von ihm mache. Sie wiſſen ja, daß ich<lb/>
geſchickt bin ein eckelhaftes Bild zu mahlen.<lb/>
Doch ich will lieber einige Zeit mit meiner Be-<lb/>ſchreibung warten: denn wer weiß, was ſich<lb/>
noch endlich zutragen kan, da man ſo viel Hef-<lb/>
tigkeit gebraucht, und da Sie ſo wenig Muth<lb/>
beſitzen den Strom zu widerſtehen.</p><lb/><p>Sie wuͤnſchen ſich nur etwas von meinem<lb/>
Muth. Jſt dis Jhr Ernſt? Er wuͤrde Jhnen jetzt<lb/>
nichts mehr helfen, und wuͤrde Sie nicht einmahl<lb/>
kleiden. Sie ſind Jhrer Mutter Tochter, Sie<lb/>
moͤgen davon dencken was Sie wollen, und haben<lb/>
es mit heftigen Gemuͤthern zu thun. Sie haͤtten<lb/>
fruͤher etwas von meinem Muth annehmen ſollen:<lb/>
nemlich damals, da Sie Jhr Gut ſolchen Leu-<lb/>
ten in die Haͤnde ſpieleten, die glaubten ein naͤhe-<lb/>
res Recht daran zu haben als Sie. Was ſind<lb/>
Sie deſſen gebeſſert, daß der Praͤtendent auf Jhr<lb/>
Gut Jhr Vater iſt? Hat er nicht zwey aͤltere<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Kin-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[88/0108]
Die Geſchichte
Herrn Roger Solmes aufgeopfert werden!
Wie kan ſich einer etwas ſo ungereimtes ein-
fallen laſſen?
Sie verlangen von mir: ich ſoll Jhnen
nicht anrathen Herrn Solmes zu nehmen.
Jch ſollte faſt glauben mein Schatz, daß Sie in
der That zu der Familie gehoͤren, die ſich eine ſo
abgeſchmackte Parthey fuͤr Sie gefallen laſſen
koͤnnen: ſonſt haͤtten Sie ſich gar nicht vorſtel-
len koͤnnen, gaß ich Jhnen anrathen wuͤrde,
Herrn Solmes zu nehmen.
Bitten Sie mich nur einmahl, daß ich einen
Abriß von ihm mache. Sie wiſſen ja, daß ich
geſchickt bin ein eckelhaftes Bild zu mahlen.
Doch ich will lieber einige Zeit mit meiner Be-
ſchreibung warten: denn wer weiß, was ſich
noch endlich zutragen kan, da man ſo viel Hef-
tigkeit gebraucht, und da Sie ſo wenig Muth
beſitzen den Strom zu widerſtehen.
Sie wuͤnſchen ſich nur etwas von meinem
Muth. Jſt dis Jhr Ernſt? Er wuͤrde Jhnen jetzt
nichts mehr helfen, und wuͤrde Sie nicht einmahl
kleiden. Sie ſind Jhrer Mutter Tochter, Sie
moͤgen davon dencken was Sie wollen, und haben
es mit heftigen Gemuͤthern zu thun. Sie haͤtten
fruͤher etwas von meinem Muth annehmen ſollen:
nemlich damals, da Sie Jhr Gut ſolchen Leu-
ten in die Haͤnde ſpieleten, die glaubten ein naͤhe-
res Recht daran zu haben als Sie. Was ſind
Sie deſſen gebeſſert, daß der Praͤtendent auf Jhr
Gut Jhr Vater iſt? Hat er nicht zwey aͤltere
Kin-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/108>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.