Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Gentleman durch und durch. -- Er treibt alle Sportarten, die es überhaupt gibt, mit Vollendung und kocht vorzüglich -- die Frauen läßt er überhaupt nicht an den Herd, und behauptet, sie verständen nichts davon. Man pflegt deshalb andächtig mit den Mahlzeiten zu warten, bis er kommt. Er bereitete uns denn auch an diesem Morgen ein ausgezeichnetes englisches Frühstück. Susannas Jugendfreund beobachtet ihn stumm, dann läßt er sein Monokel fallen und beugt sich zu Susanna hinüber:

"Großartig, das ist ja das reinste Familienleben -- dein Onkel in Berlin erzählte mir -- ja sag mal -- Susi, und was tust denn du hier eigentlich?"

"Aber das siehst du doch, -- ich führe ihnen den Haushalt," sagte sie lässig und zufrieden.

Ich dachte, sie würden alle etwas ruhebedürftig sein, aber nach dem Frühstück wurden sie wieder sehr lebendig und berieten, was nun mit diesem angebrochenen Tag zu beginnen sei. Orlonski ordnete schließlich an, wir sollten alle aufs Land fahren. Er nahm den Leutnant mit auf den Speicher, und sie förderten eine Anzahl Rodelschlitten und Schneeschuhe zutage. Ich schickte Chamotte in meine Wohnung und ließ ihn holen, was ich an Sportgarderobe besitze -- einiges fand sich auch im Eckhaus vor. Orlonski musterte erst die vorhandenen Kleidungsstücke, dann jeden seiner Gäste mit Kennerblicken,

Gentleman durch und durch. — Er treibt alle Sportarten, die es überhaupt gibt, mit Vollendung und kocht vorzüglich — die Frauen läßt er überhaupt nicht an den Herd, und behauptet, sie verständen nichts davon. Man pflegt deshalb andächtig mit den Mahlzeiten zu warten, bis er kommt. Er bereitete uns denn auch an diesem Morgen ein ausgezeichnetes englisches Frühstück. Susannas Jugendfreund beobachtet ihn stumm, dann läßt er sein Monokel fallen und beugt sich zu Susanna hinüber:

„Großartig, das ist ja das reinste Familienleben — dein Onkel in Berlin erzählte mir — ja sag mal — Susi, und was tust denn du hier eigentlich?“

„Aber das siehst du doch, — ich führe ihnen den Haushalt,“ sagte sie lässig und zufrieden.

Ich dachte, sie würden alle etwas ruhebedürftig sein, aber nach dem Frühstück wurden sie wieder sehr lebendig und berieten, was nun mit diesem angebrochenen Tag zu beginnen sei. Orlonski ordnete schließlich an, wir sollten alle aufs Land fahren. Er nahm den Leutnant mit auf den Speicher, und sie förderten eine Anzahl Rodelschlitten und Schneeschuhe zutage. Ich schickte Chamotte in meine Wohnung und ließ ihn holen, was ich an Sportgarderobe besitze — einiges fand sich auch im Eckhaus vor. Orlonski musterte erst die vorhandenen Kleidungsstücke, dann jeden seiner Gäste mit Kennerblicken,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="92"/>
Gentleman durch und durch. &#x2014; Er treibt alle Sportarten, die es überhaupt gibt, mit Vollendung und kocht vorzüglich &#x2014; die Frauen läßt er überhaupt nicht an den Herd, und behauptet, sie verständen nichts davon. Man pflegt deshalb andächtig mit den Mahlzeiten zu warten, bis er kommt. Er bereitete uns denn auch an diesem Morgen ein ausgezeichnetes englisches Frühstück. Susannas Jugendfreund beobachtet ihn stumm, dann läßt er sein Monokel fallen und beugt sich zu Susanna hinüber:</p>
          <p>&#x201E;Großartig, das ist ja das reinste Familienleben &#x2014; dein Onkel in Berlin erzählte mir &#x2014; ja sag mal &#x2014; Susi, und was tust denn <hi rendition="#g">du</hi> hier eigentlich?&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Aber das siehst du doch, &#x2014; ich führe ihnen den Haushalt,&#x201C; sagte sie lässig und zufrieden.</p>
          <p>Ich dachte, sie würden alle etwas ruhebedürftig sein, aber nach dem Frühstück wurden sie wieder sehr lebendig und berieten, was nun mit diesem angebrochenen Tag zu beginnen sei. Orlonski ordnete schließlich an, wir sollten alle aufs Land fahren. Er nahm den Leutnant mit auf den Speicher, und sie förderten eine Anzahl Rodelschlitten und Schneeschuhe zutage. Ich schickte Chamotte in meine Wohnung und ließ ihn holen, was ich an Sportgarderobe besitze &#x2014; einiges fand sich auch im Eckhaus vor. Orlonski musterte erst die vorhandenen Kleidungsstücke, dann jeden seiner Gäste mit Kennerblicken,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0096] Gentleman durch und durch. — Er treibt alle Sportarten, die es überhaupt gibt, mit Vollendung und kocht vorzüglich — die Frauen läßt er überhaupt nicht an den Herd, und behauptet, sie verständen nichts davon. Man pflegt deshalb andächtig mit den Mahlzeiten zu warten, bis er kommt. Er bereitete uns denn auch an diesem Morgen ein ausgezeichnetes englisches Frühstück. Susannas Jugendfreund beobachtet ihn stumm, dann läßt er sein Monokel fallen und beugt sich zu Susanna hinüber: „Großartig, das ist ja das reinste Familienleben — dein Onkel in Berlin erzählte mir — ja sag mal — Susi, und was tust denn du hier eigentlich?“ „Aber das siehst du doch, — ich führe ihnen den Haushalt,“ sagte sie lässig und zufrieden. Ich dachte, sie würden alle etwas ruhebedürftig sein, aber nach dem Frühstück wurden sie wieder sehr lebendig und berieten, was nun mit diesem angebrochenen Tag zu beginnen sei. Orlonski ordnete schließlich an, wir sollten alle aufs Land fahren. Er nahm den Leutnant mit auf den Speicher, und sie förderten eine Anzahl Rodelschlitten und Schneeschuhe zutage. Ich schickte Chamotte in meine Wohnung und ließ ihn holen, was ich an Sportgarderobe besitze — einiges fand sich auch im Eckhaus vor. Orlonski musterte erst die vorhandenen Kleidungsstücke, dann jeden seiner Gäste mit Kennerblicken,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/96
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/96>, abgerufen am 05.12.2024.