Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913."Aber ich bitte Sie -- die matriarchale Zeit ist sicher von ungemeiner Wichtigkeit, wie Delius sagen würde. Waren Sie dabei, Dame, wie Frau Hofmann neulich proklamierte, wir gingen zweifellos wieder matriarchalen Zeiten entgegen? Man sprach nämlich von einem Mädchen, das unberechtigterweise ein Baby bekommen hatte, und irgend jemand nahm Anstoß daran -- ich glaube, es war an dem Festabend." Ich sah zufällig Maria an und bemerkte, daß sie ganz rot geworden war. Warum nur? -- Nein, die erwähnte Äußerung hatte ich nicht gehört oder jedenfalls nicht verstanden. "Aber darüber müssen Sie Bescheid wissen," nahm Sendt wieder das Wort, "sonst wird man Sie niemals für voll nehmen. Merken Sie sich überhaupt, daß alle mit der Vorsilbe Ur beginnenden Worte hierzulande einen bedeutungsvollen Klang haben: Urzeit -- Urnacht -- Urkräfte -- Urschauer -- und so weiter. Des Ferneren: Den Unterschied zwischen kosmisch und molochitisch hat man auch auf die matriarchale und patriarchale Weltanschauung übertragen (vergessen Sie nie, daß ,man' stets Wahnmoching bedeutet, denn an allen anderen Orten der zivilisierten Welt pflegt man diese Sachen nur vom wissenschaftlichen oder historischen Standpunkt und ohne starke innere Beteiligung zu beurteilen). Notieren Sie sich also bitte, folgendes: in der matriarchalischen Urzeit folgte die „Aber ich bitte Sie — die matriarchale Zeit ist sicher von ungemeiner Wichtigkeit, wie Delius sagen würde. Waren Sie dabei, Dame, wie Frau Hofmann neulich proklamierte, wir gingen zweifellos wieder matriarchalen Zeiten entgegen? Man sprach nämlich von einem Mädchen, das unberechtigterweise ein Baby bekommen hatte, und irgend jemand nahm Anstoß daran — ich glaube, es war an dem Festabend.“ Ich sah zufällig Maria an und bemerkte, daß sie ganz rot geworden war. Warum nur? — Nein, die erwähnte Äußerung hatte ich nicht gehört oder jedenfalls nicht verstanden. „Aber darüber müssen Sie Bescheid wissen,“ nahm Sendt wieder das Wort, „sonst wird man Sie niemals für voll nehmen. Merken Sie sich überhaupt, daß alle mit der Vorsilbe Ur beginnenden Worte hierzulande einen bedeutungsvollen Klang haben: Urzeit — Urnacht — Urkräfte — Urschauer — und so weiter. Des Ferneren: Den Unterschied zwischen kosmisch und molochitisch hat man auch auf die matriarchale und patriarchale Weltanschauung übertragen (vergessen Sie nie, daß ‚man‘ stets Wahnmoching bedeutet, denn an allen anderen Orten der zivilisierten Welt pflegt man diese Sachen nur vom wissenschaftlichen oder historischen Standpunkt und ohne starke innere Beteiligung zu beurteilen). Notieren Sie sich also bitte, folgendes: in der matriarchalischen Urzeit folgte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0077" n="73"/> <p>„Aber ich bitte Sie — die matriarchale Zeit ist sicher von ungemeiner Wichtigkeit, wie Delius sagen würde. Waren Sie dabei, Dame, wie Frau Hofmann neulich proklamierte, wir gingen zweifellos wieder matriarchalen Zeiten entgegen? Man sprach nämlich von einem Mädchen, das unberechtigterweise ein Baby bekommen hatte, und irgend jemand nahm Anstoß daran — ich glaube, es war an dem Festabend.“</p> <p>Ich sah zufällig Maria an und bemerkte, daß sie ganz rot geworden war. Warum nur? — Nein, die erwähnte Äußerung hatte ich nicht gehört oder jedenfalls nicht verstanden.</p> <p>„Aber darüber müssen Sie Bescheid wissen,“ nahm Sendt wieder das Wort, „sonst wird man Sie niemals für voll nehmen. Merken Sie sich überhaupt, daß alle mit der Vorsilbe Ur beginnenden Worte hierzulande einen bedeutungsvollen Klang haben: Urzeit — Urnacht — Urkräfte — Urschauer — und so weiter. Des Ferneren: Den Unterschied zwischen kosmisch und molochitisch hat man auch auf die matriarchale und patriarchale Weltanschauung übertragen (vergessen Sie nie, daß ‚man‘ stets Wahnmoching bedeutet, denn an allen anderen Orten der zivilisierten Welt pflegt man diese Sachen nur vom wissenschaftlichen oder historischen Standpunkt und ohne starke innere Beteiligung zu beurteilen). Notieren Sie sich also bitte, folgendes: in der matriarchalischen Urzeit folgte die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0077]
„Aber ich bitte Sie — die matriarchale Zeit ist sicher von ungemeiner Wichtigkeit, wie Delius sagen würde. Waren Sie dabei, Dame, wie Frau Hofmann neulich proklamierte, wir gingen zweifellos wieder matriarchalen Zeiten entgegen? Man sprach nämlich von einem Mädchen, das unberechtigterweise ein Baby bekommen hatte, und irgend jemand nahm Anstoß daran — ich glaube, es war an dem Festabend.“
Ich sah zufällig Maria an und bemerkte, daß sie ganz rot geworden war. Warum nur? — Nein, die erwähnte Äußerung hatte ich nicht gehört oder jedenfalls nicht verstanden.
„Aber darüber müssen Sie Bescheid wissen,“ nahm Sendt wieder das Wort, „sonst wird man Sie niemals für voll nehmen. Merken Sie sich überhaupt, daß alle mit der Vorsilbe Ur beginnenden Worte hierzulande einen bedeutungsvollen Klang haben: Urzeit — Urnacht — Urkräfte — Urschauer — und so weiter. Des Ferneren: Den Unterschied zwischen kosmisch und molochitisch hat man auch auf die matriarchale und patriarchale Weltanschauung übertragen (vergessen Sie nie, daß ‚man‘ stets Wahnmoching bedeutet, denn an allen anderen Orten der zivilisierten Welt pflegt man diese Sachen nur vom wissenschaftlichen oder historischen Standpunkt und ohne starke innere Beteiligung zu beurteilen). Notieren Sie sich also bitte, folgendes: in der matriarchalischen Urzeit folgte die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |