Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
5

Ich werde doch wohl anfangen einen Roman zu schreiben. Als erstes Kapitel könnte ich gleich den gestrigen Abend nehmen.

Der junge Mann im Pelzmantel ist Herr Dame. Etwas müde und nachdenklich geht er durch die Straßen. Chamotte, sein Diener, folgt ihm, mit Maskenkostümen beladen. Er ist verurteilt, heute abend auf ein Fest zu gehen -- eine Frau hat ihn dazu verurteilt.

Große Schneeflocken fallen vom Himmel -- der heimliche Traum seines Lebens ist, einmal, nur einmal der Frau zu begegnen, die ihn -- ach Gott, wie soll man das sagen -- die ihn mit Liebe und zur Liebe verurteilt -- gütig und doch. -- Nein, das geht nicht, das muß noch anders gesagt werden.

Sie kommen in eine Nebenstraße, an der Ecke steht ein altes Haus mit großem grünem Tor und einer altmodischen Glocke. Chamotte zieht die Glocke -- dreimal -- denn nur auf dieses Zeichen wird man eingelassen. Man geht durch einen Laubengang und über

5

Ich werde doch wohl anfangen einen Roman zu schreiben. Als erstes Kapitel könnte ich gleich den gestrigen Abend nehmen.

Der junge Mann im Pelzmantel ist Herr Dame. Etwas müde und nachdenklich geht er durch die Straßen. Chamotte, sein Diener, folgt ihm, mit Maskenkostümen beladen. Er ist verurteilt, heute abend auf ein Fest zu gehen — eine Frau hat ihn dazu verurteilt.

Große Schneeflocken fallen vom Himmel — der heimliche Traum seines Lebens ist, einmal, nur einmal der Frau zu begegnen, die ihn — ach Gott, wie soll man das sagen — die ihn mit Liebe und zur Liebe verurteilt — gütig und doch. — Nein, das geht nicht, das muß noch anders gesagt werden.

Sie kommen in eine Nebenstraße, an der Ecke steht ein altes Haus mit großem grünem Tor und einer altmodischen Glocke. Chamotte zieht die Glocke — dreimal — denn nur auf dieses Zeichen wird man eingelassen. Man geht durch einen Laubengang und über

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0047" n="43"/>
      <div n="1">
        <head>5</head>
        <div type="letter" n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#right">10. Januar</hi> </dateline>
          </opener>
          <p>Ich werde doch wohl anfangen einen Roman zu schreiben. Als erstes Kapitel könnte ich gleich den gestrigen Abend nehmen.</p>
          <p>Der junge Mann im Pelzmantel ist Herr Dame. Etwas müde und nachdenklich geht er durch die Straßen. Chamotte, sein Diener, folgt ihm, mit Maskenkostümen beladen. Er ist verurteilt, heute abend auf ein Fest zu gehen &#x2014; eine Frau hat ihn dazu verurteilt.</p>
          <p>Große Schneeflocken fallen vom Himmel &#x2014; der heimliche Traum seines Lebens ist, einmal, nur einmal der Frau zu begegnen, die ihn &#x2014; ach Gott, wie soll man das sagen &#x2014; die ihn <hi rendition="#g">mit</hi> Liebe und <hi rendition="#g">zur</hi> Liebe verurteilt &#x2014; gütig und doch. &#x2014; Nein, das geht nicht, das muß noch anders gesagt werden.</p>
          <p>Sie kommen in eine Nebenstraße, an der Ecke steht ein altes Haus mit großem grünem Tor und einer altmodischen Glocke. Chamotte zieht die Glocke &#x2014; dreimal &#x2014; denn nur auf dieses Zeichen wird man eingelassen. Man geht durch einen Laubengang und über
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0047] 5 10. Januar Ich werde doch wohl anfangen einen Roman zu schreiben. Als erstes Kapitel könnte ich gleich den gestrigen Abend nehmen. Der junge Mann im Pelzmantel ist Herr Dame. Etwas müde und nachdenklich geht er durch die Straßen. Chamotte, sein Diener, folgt ihm, mit Maskenkostümen beladen. Er ist verurteilt, heute abend auf ein Fest zu gehen — eine Frau hat ihn dazu verurteilt. Große Schneeflocken fallen vom Himmel — der heimliche Traum seines Lebens ist, einmal, nur einmal der Frau zu begegnen, die ihn — ach Gott, wie soll man das sagen — die ihn mit Liebe und zur Liebe verurteilt — gütig und doch. — Nein, das geht nicht, das muß noch anders gesagt werden. Sie kommen in eine Nebenstraße, an der Ecke steht ein altes Haus mit großem grünem Tor und einer altmodischen Glocke. Chamotte zieht die Glocke — dreimal — denn nur auf dieses Zeichen wird man eingelassen. Man geht durch einen Laubengang und über

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/47
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/47>, abgerufen am 27.11.2024.