Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.obgleich ich ihn in seiner Wohnung und im Cafe verschiedentlich aufzufinden suchte. Er pflegt sich auch sonst hier und da im Eckhaus sehen zu lassen. Ich machte mir schon allerhand Gedanken darüber, -- sollte er mich vermeiden, weil ich zu viel frage? Aber es war kaum anzunehmen, denn seine Langmut ist groß, und er hatte uns ja aus freiem Antrieb noch ein theoretisches Souper in Aussicht gestellt. Da kam nun gestern Adrian ins Eckhaus und berichtete, der Philosoph sei allem Anschein nach wirklich verschwunden. Er hätte ihn vor zirka zehn Tagen, in ein langes Cape gehüllt, das er sonst niemals trägt, in der Richtung auf die Stadt zu gehen sehen -- und Sendt ging ganz gegen seine Gewohnheit so rasch, daß man ihn unmöglich einholen konnte. Aber seitdem habe ihn niemand mehr erblickt. "Wer weiß," sagte Adrian achselzuckend, "wer weiß, ob da nicht schon magische Einwirkungen im Spiel sind; das lange Cape war gar zu auffallend, und der Philosoph ist ihnen immer etwas unbequem gewesen. Wir wissen ja doch alle nicht, wann es anfangen soll. Der Professor tut in letzter Zeit ganz besonders geheimnisvoll und will selbst die harmlosesten Fragen nicht mehr beantworten. Er ist öfters mit Hallwig zusammen -- vielleicht können sie es schon -- --" er brach ab und räusperte sich bedeutungsvoll, "übrigens, Monsieur Dame -- es hat mich sehr gefreut, Sie obgleich ich ihn in seiner Wohnung und im Café verschiedentlich aufzufinden suchte. Er pflegt sich auch sonst hier und da im Eckhaus sehen zu lassen. Ich machte mir schon allerhand Gedanken darüber, — sollte er mich vermeiden, weil ich zu viel frage? Aber es war kaum anzunehmen, denn seine Langmut ist groß, und er hatte uns ja aus freiem Antrieb noch ein theoretisches Souper in Aussicht gestellt. Da kam nun gestern Adrian ins Eckhaus und berichtete, der Philosoph sei allem Anschein nach wirklich verschwunden. Er hätte ihn vor zirka zehn Tagen, in ein langes Cape gehüllt, das er sonst niemals trägt, in der Richtung auf die Stadt zu gehen sehen — und Sendt ging ganz gegen seine Gewohnheit so rasch, daß man ihn unmöglich einholen konnte. Aber seitdem habe ihn niemand mehr erblickt. „Wer weiß,“ sagte Adrian achselzuckend, „wer weiß, ob da nicht schon magische Einwirkungen im Spiel sind; das lange Cape war gar zu auffallend, und der Philosoph ist ihnen immer etwas unbequem gewesen. Wir wissen ja doch alle nicht, wann es anfangen soll. Der Professor tut in letzter Zeit ganz besonders geheimnisvoll und will selbst die harmlosesten Fragen nicht mehr beantworten. Er ist öfters mit Hallwig zusammen — vielleicht können sie es schon — —“ er brach ab und räusperte sich bedeutungsvoll, „übrigens, Monsieur Dame — es hat mich sehr gefreut, Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0172" n="168"/> obgleich ich ihn in seiner Wohnung und im Café verschiedentlich aufzufinden suchte. Er pflegt sich auch sonst hier und da im Eckhaus sehen zu lassen.</p> <p>Ich machte mir schon allerhand Gedanken darüber, — sollte er mich vermeiden, weil ich zu viel frage? Aber es war kaum anzunehmen, denn seine Langmut ist groß, und er hatte uns ja aus freiem Antrieb noch ein theoretisches Souper in Aussicht gestellt.</p> <p>Da kam nun gestern Adrian ins Eckhaus und berichtete, der Philosoph sei allem Anschein nach wirklich verschwunden. Er hätte ihn vor zirka zehn Tagen, in ein langes Cape gehüllt, das er sonst niemals trägt, in der Richtung auf die Stadt zu gehen sehen — und Sendt ging ganz gegen seine Gewohnheit so rasch, daß man ihn unmöglich einholen konnte. Aber seitdem habe ihn niemand mehr erblickt.</p> <p>„Wer weiß,“ sagte Adrian achselzuckend, „wer weiß, ob da nicht schon magische Einwirkungen im Spiel sind; das lange Cape war gar zu auffallend, und der Philosoph ist ihnen immer etwas unbequem gewesen. Wir wissen ja doch alle nicht, wann es anfangen soll. Der Professor tut in letzter Zeit ganz besonders geheimnisvoll und will selbst die harmlosesten Fragen nicht mehr beantworten. Er ist öfters mit Hallwig zusammen — vielleicht können sie es schon — —“ er brach ab und räusperte sich bedeutungsvoll, „übrigens, Monsieur Dame — es hat mich sehr gefreut, Sie </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0172]
obgleich ich ihn in seiner Wohnung und im Café verschiedentlich aufzufinden suchte. Er pflegt sich auch sonst hier und da im Eckhaus sehen zu lassen.
Ich machte mir schon allerhand Gedanken darüber, — sollte er mich vermeiden, weil ich zu viel frage? Aber es war kaum anzunehmen, denn seine Langmut ist groß, und er hatte uns ja aus freiem Antrieb noch ein theoretisches Souper in Aussicht gestellt.
Da kam nun gestern Adrian ins Eckhaus und berichtete, der Philosoph sei allem Anschein nach wirklich verschwunden. Er hätte ihn vor zirka zehn Tagen, in ein langes Cape gehüllt, das er sonst niemals trägt, in der Richtung auf die Stadt zu gehen sehen — und Sendt ging ganz gegen seine Gewohnheit so rasch, daß man ihn unmöglich einholen konnte. Aber seitdem habe ihn niemand mehr erblickt.
„Wer weiß,“ sagte Adrian achselzuckend, „wer weiß, ob da nicht schon magische Einwirkungen im Spiel sind; das lange Cape war gar zu auffallend, und der Philosoph ist ihnen immer etwas unbequem gewesen. Wir wissen ja doch alle nicht, wann es anfangen soll. Der Professor tut in letzter Zeit ganz besonders geheimnisvoll und will selbst die harmlosesten Fragen nicht mehr beantworten. Er ist öfters mit Hallwig zusammen — vielleicht können sie es schon — —“ er brach ab und räusperte sich bedeutungsvoll, „übrigens, Monsieur Dame — es hat mich sehr gefreut, Sie
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