Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.bitter erscheint, wenn man eben jetzt den Sonnenknaben verwirft und an ihrem Wert zweifelt ...! Es will mir ja auch nicht recht in den Kopf, daß da persönliche Konflikte eine solche Rolle spielen können. Aber ich sehe wohl nicht tief genug, um zu verstehen, warum die Zinnsoldaten ihre Seele auslöschen, und warum es molochitisch war, daß Konstantin mit des Indianers Weib buhlte. Tags darauf sprach ich auch noch mit Willy darüber. Immer von neuem versuche ich, mir ein Bild von diesem Hallwig zu machen, und stets zerrinnt es wieder an Unbegreiflichkeiten. Wie ein zürnender Gott scheint er über Wahnmoching zu walten, aber immer aus der Ferne, immer in Nebel gehüllt. Und ich, der Belanglose, bin vielleicht verurteilt, ihn niemals kennen zu lernen -- wenn nicht der Zufall oder eine innere Notwendigkeit es so fügt. Aus eigener Initiative werde ich wohl niemals den ersten Schritt wagen -- gerade jetzt, wo selbst die Nächsten sich nicht trauen, seine Zauberkreise zu stören, und ganz Wahnmoching in ahnungsvollem Abwarten verharrt, wer auserwählt und wer verworfen wird. Ich fühle heimliche Eifersucht auf den Panther, er ist so groß, blond und gewaltig, -- das ist wohl die Wikingersubstanz, durch die er Susannas Herz gewonnen und sich bei den Enormen die Zugehörigkeit erworben hat. bitter erscheint, wenn man eben jetzt den Sonnenknaben verwirft und an ihrem Wert zweifelt …! Es will mir ja auch nicht recht in den Kopf, daß da persönliche Konflikte eine solche Rolle spielen können. Aber ich sehe wohl nicht tief genug, um zu verstehen, warum die Zinnsoldaten ihre Seele auslöschen, und warum es molochitisch war, daß Konstantin mit des Indianers Weib buhlte. Tags darauf sprach ich auch noch mit Willy darüber. Immer von neuem versuche ich, mir ein Bild von diesem Hallwig zu machen, und stets zerrinnt es wieder an Unbegreiflichkeiten. Wie ein zürnender Gott scheint er über Wahnmoching zu walten, aber immer aus der Ferne, immer in Nebel gehüllt. Und ich, der Belanglose, bin vielleicht verurteilt, ihn niemals kennen zu lernen — wenn nicht der Zufall oder eine innere Notwendigkeit es so fügt. Aus eigener Initiative werde ich wohl niemals den ersten Schritt wagen — gerade jetzt, wo selbst die Nächsten sich nicht trauen, seine Zauberkreise zu stören, und ganz Wahnmoching in ahnungsvollem Abwarten verharrt, wer auserwählt und wer verworfen wird. Ich fühle heimliche Eifersucht auf den Panther, er ist so groß, blond und gewaltig, — das ist wohl die Wikingersubstanz, durch die er Susannas Herz gewonnen und sich bei den Enormen die Zugehörigkeit erworben hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0157" n="153"/> bitter erscheint, wenn man eben jetzt den Sonnenknaben verwirft und an ihrem Wert zweifelt …! Es will mir ja auch nicht recht in den Kopf, daß da persönliche Konflikte eine solche Rolle spielen können. Aber ich sehe wohl nicht tief genug, um zu verstehen, warum die Zinnsoldaten ihre Seele auslöschen, und warum es molochitisch war, daß Konstantin mit des Indianers Weib buhlte.</p> <p>Tags darauf sprach ich auch noch mit Willy darüber. Immer von neuem versuche ich, mir ein Bild von diesem Hallwig zu machen, und stets zerrinnt es wieder an Unbegreiflichkeiten. Wie ein zürnender Gott scheint er über Wahnmoching zu walten, aber immer aus der Ferne, immer in Nebel gehüllt.</p> <p>Und ich, der Belanglose, bin vielleicht verurteilt, ihn niemals kennen zu lernen — wenn nicht der Zufall oder eine innere Notwendigkeit es so fügt. Aus eigener Initiative werde ich wohl niemals den ersten Schritt wagen — gerade jetzt, wo selbst die Nächsten sich nicht trauen, seine Zauberkreise zu stören, und ganz Wahnmoching in ahnungsvollem Abwarten verharrt, wer auserwählt und wer verworfen wird.</p> <p>Ich fühle heimliche Eifersucht auf den Panther, er ist so groß, blond und gewaltig, — das ist wohl die Wikingersubstanz, durch die er Susannas Herz gewonnen und sich bei den Enormen die Zugehörigkeit erworben hat.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0157]
bitter erscheint, wenn man eben jetzt den Sonnenknaben verwirft und an ihrem Wert zweifelt …! Es will mir ja auch nicht recht in den Kopf, daß da persönliche Konflikte eine solche Rolle spielen können. Aber ich sehe wohl nicht tief genug, um zu verstehen, warum die Zinnsoldaten ihre Seele auslöschen, und warum es molochitisch war, daß Konstantin mit des Indianers Weib buhlte.
Tags darauf sprach ich auch noch mit Willy darüber. Immer von neuem versuche ich, mir ein Bild von diesem Hallwig zu machen, und stets zerrinnt es wieder an Unbegreiflichkeiten. Wie ein zürnender Gott scheint er über Wahnmoching zu walten, aber immer aus der Ferne, immer in Nebel gehüllt.
Und ich, der Belanglose, bin vielleicht verurteilt, ihn niemals kennen zu lernen — wenn nicht der Zufall oder eine innere Notwendigkeit es so fügt. Aus eigener Initiative werde ich wohl niemals den ersten Schritt wagen — gerade jetzt, wo selbst die Nächsten sich nicht trauen, seine Zauberkreise zu stören, und ganz Wahnmoching in ahnungsvollem Abwarten verharrt, wer auserwählt und wer verworfen wird.
Ich fühle heimliche Eifersucht auf den Panther, er ist so groß, blond und gewaltig, — das ist wohl die Wikingersubstanz, durch die er Susannas Herz gewonnen und sich bei den Enormen die Zugehörigkeit erworben hat.
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Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/157>, abgerufen am 26.07.2024. |