Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Langweilig -- diese Wintertage -- -- --

Ich habe nach Hause geschrieben und ein paar offizielle Besuche gemacht. Man nahm mich überall liebenswürdig auf und stellte die obligaten Fragen, -- wo ich wohne, wie ich mir mein Leben einzurichten gedenke und was ich studiere. Der alte Hofrat schien es etwas bedenklich zu finden, daß ich kein bestimmtes Studium ergreifen will und so wenig fixierte Interessen habe, -- ich solle mich vorsehen, nicht in schlechte Gesellschaft zu geraten. -- Das war sicher sehr wohlgemeint, aber es fällt mir auf die Nerven, wenn die Leute glauben, ich sei nur hier, um mir "die Hörner abzulaufen" und mich nebenbei auf irgendeinen Beruf vorzubereiten.

Es war eine Erholung, nachher Dr. Gerhard im Cafe zu treffen. Ich erzählte ihm von meinen Familienbesuchen, er räusperte sich ein paarmal und sah mich prüfend an. Dann meinte er, das mit dem Hörnerablaufen sei wohl eine veraltete studentische Schablone,

Langweilig — diese Wintertage — — —

Ich habe nach Hause geschrieben und ein paar offizielle Besuche gemacht. Man nahm mich überall liebenswürdig auf und stellte die obligaten Fragen, — wo ich wohne, wie ich mir mein Leben einzurichten gedenke und was ich studiere. Der alte Hofrat schien es etwas bedenklich zu finden, daß ich kein bestimmtes Studium ergreifen will und so wenig fixierte Interessen habe, — ich solle mich vorsehen, nicht in schlechte Gesellschaft zu geraten. — Das war sicher sehr wohlgemeint, aber es fällt mir auf die Nerven, wenn die Leute glauben, ich sei nur hier, um mir „die Hörner abzulaufen“ und mich nebenbei auf irgendeinen Beruf vorzubereiten.

Es war eine Erholung, nachher Dr. Gerhard im Café zu treffen. Ich erzählte ihm von meinen Familienbesuchen, er räusperte sich ein paarmal und sah mich prüfend an. Dann meinte er, das mit dem Hörnerablaufen sei wohl eine veraltete studentische Schablone,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="11"/>
        <div type="letter" n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#right">Dezember</hi> </dateline>
          </opener>
          <p>Langweilig &#x2014; diese Wintertage &#x2014; &#x2014; &#x2014;</p>
          <p>Ich habe nach Hause geschrieben und ein paar offizielle Besuche gemacht. Man nahm mich überall liebenswürdig auf und stellte die obligaten Fragen, &#x2014; wo ich wohne, wie ich mir mein Leben einzurichten gedenke und was ich studiere. Der alte Hofrat schien es etwas bedenklich zu finden, daß ich kein bestimmtes Studium ergreifen will und so wenig fixierte Interessen habe, &#x2014; ich solle mich vorsehen, nicht in schlechte Gesellschaft zu geraten. &#x2014; Das war sicher sehr wohlgemeint, aber es fällt mir auf die Nerven, wenn die Leute glauben, ich sei nur hier, um mir &#x201E;die Hörner abzulaufen&#x201C; und mich nebenbei auf irgendeinen Beruf vorzubereiten.</p>
          <p>Es war eine Erholung, nachher <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Gerhard im Café zu treffen. Ich erzählte ihm von meinen Familienbesuchen, er räusperte sich ein paarmal und sah mich prüfend an. Dann meinte er, das mit dem Hörnerablaufen sei wohl eine veraltete studentische Schablone,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0015] Dezember Langweilig — diese Wintertage — — — Ich habe nach Hause geschrieben und ein paar offizielle Besuche gemacht. Man nahm mich überall liebenswürdig auf und stellte die obligaten Fragen, — wo ich wohne, wie ich mir mein Leben einzurichten gedenke und was ich studiere. Der alte Hofrat schien es etwas bedenklich zu finden, daß ich kein bestimmtes Studium ergreifen will und so wenig fixierte Interessen habe, — ich solle mich vorsehen, nicht in schlechte Gesellschaft zu geraten. — Das war sicher sehr wohlgemeint, aber es fällt mir auf die Nerven, wenn die Leute glauben, ich sei nur hier, um mir „die Hörner abzulaufen“ und mich nebenbei auf irgendeinen Beruf vorzubereiten. Es war eine Erholung, nachher Dr. Gerhard im Café zu treffen. Ich erzählte ihm von meinen Familienbesuchen, er räusperte sich ein paarmal und sah mich prüfend an. Dann meinte er, das mit dem Hörnerablaufen sei wohl eine veraltete studentische Schablone,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/15
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/15>, abgerufen am 03.12.2024.