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Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

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man auf das Zustandekommen einer neuen heidnischen Blutleuchte, die natürlich für die Zauberhoffnungen sehr wesentlich ist und alles ungemein erleichtern würde. (Die letzte ist gewesen, als Hofmann, Delius und Hallwig sich kennen lernten und der Meister sein erstes Buch schrieb, -- in demselben Jahr hat Maria ihr Baby bekommen, -- deshalb legt man auch so viel Wert auf die Erhaltung ihrer heidnischen Substanz.) So trifft sich abends alles bei den letzten Festen oder Redouten, und Wahnmochings bacchantisches Toben reißt manchmal auch die Menge mit fort. Und in den müden Tagesstunden findet man sich im Cafe oder bei Hofmanns und im Eckhaus zusammen.

Der Professor entdeckt unermüdlich wundervolle Menschen und fabelhafte Frauen, die sich zu Mänaden eignen und, wenn er es ihnen sagt, auch sofort zu rasen beginnen. Maria beunruhigt sich um Hallwig, der all dieses Treiben meidet, aber ihre Zinnsoldaten haben gute Tage. Susanna liebt den Mann im Pantherfell -- und ich selbst folge ihr nur noch als verurteilter Schatten, der erst viel Blut trinken müßte, um zum Leben zu erwachen. In dieser wilden Zeit gibt man mir ja auch manchmal Blut zu trinken und dann, -- schweig still, mein Herz.

man auf das Zustandekommen einer neuen heidnischen Blutleuchte, die natürlich für die Zauberhoffnungen sehr wesentlich ist und alles ungemein erleichtern würde. (Die letzte ist gewesen, als Hofmann, Delius und Hallwig sich kennen lernten und der Meister sein erstes Buch schrieb, — in demselben Jahr hat Maria ihr Baby bekommen, — deshalb legt man auch so viel Wert auf die Erhaltung ihrer heidnischen Substanz.) So trifft sich abends alles bei den letzten Festen oder Redouten, und Wahnmochings bacchantisches Toben reißt manchmal auch die Menge mit fort. Und in den müden Tagesstunden findet man sich im Café oder bei Hofmanns und im Eckhaus zusammen.

Der Professor entdeckt unermüdlich wundervolle Menschen und fabelhafte Frauen, die sich zu Mänaden eignen und, wenn er es ihnen sagt, auch sofort zu rasen beginnen. Maria beunruhigt sich um Hallwig, der all dieses Treiben meidet, aber ihre Zinnsoldaten haben gute Tage. Susanna liebt den Mann im Pantherfell — und ich selbst folge ihr nur noch als verurteilter Schatten, der erst viel Blut trinken müßte, um zum Leben zu erwachen. In dieser wilden Zeit gibt man mir ja auch manchmal Blut zu trinken und dann, — schweig still, mein Herz.

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[145/0149] man auf das Zustandekommen einer neuen heidnischen Blutleuchte, die natürlich für die Zauberhoffnungen sehr wesentlich ist und alles ungemein erleichtern würde. (Die letzte ist gewesen, als Hofmann, Delius und Hallwig sich kennen lernten und der Meister sein erstes Buch schrieb, — in demselben Jahr hat Maria ihr Baby bekommen, — deshalb legt man auch so viel Wert auf die Erhaltung ihrer heidnischen Substanz.) So trifft sich abends alles bei den letzten Festen oder Redouten, und Wahnmochings bacchantisches Toben reißt manchmal auch die Menge mit fort. Und in den müden Tagesstunden findet man sich im Café oder bei Hofmanns und im Eckhaus zusammen. Der Professor entdeckt unermüdlich wundervolle Menschen und fabelhafte Frauen, die sich zu Mänaden eignen und, wenn er es ihnen sagt, auch sofort zu rasen beginnen. Maria beunruhigt sich um Hallwig, der all dieses Treiben meidet, aber ihre Zinnsoldaten haben gute Tage. Susanna liebt den Mann im Pantherfell — und ich selbst folge ihr nur noch als verurteilter Schatten, der erst viel Blut trinken müßte, um zum Leben zu erwachen. In dieser wilden Zeit gibt man mir ja auch manchmal Blut zu trinken und dann, — schweig still, mein Herz.

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Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/149>, abgerufen am 02.05.2024.