Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.wußte mir ein sonderbares Instrument zu verschaffen, das zur Not eine phrygische Hirtenflöte darstellen konnte, und ich saß viele Stunden allein zu Hause, um mich darauf einzuüben. Dazwischen mußte ich wieder Chamotte trösten, daß ich ihn diesmal wohl nicht gut mitnehmen könnte. Einen Abend waren wir bei Hofmanns und halfen ein wenig bei den Zurüstungen. Dabei ging es heiter und lebendig her, es wurden keine dunkeln Gespräche geführt, und beide waren von einer wirklich herzlichen, zwanglosen Liebenswürdigkeit, so daß ich mich recht wohl fühlte. (Das dritte Zimmer stand an diesem Tage offen, aber es war niemand darin.) Die Mädchen sprachen halb im Scherz davon, wie ich mich mit dem Flötenblasen abmühe, man neckte mich damit und fand es sehr anerkennenswert. Bei diesem Gespräch sah der Professor mich zum erstenmal richtig an, und ich hatte einen Moment das Gefühl, als verstände er vielleicht etwas von dem, was in mir lebt, anstatt wie bisher mich einfach mit dem Vermerk abzutun, ich sei ein wundervoller Mensch. Dann war schließlich der Tag herangekommen, -- ich saß noch bis zur Dämmerung zu Hause am Fenster und blies auf meiner Flöte. Dabei kam eine ganz verträumte Stimmung über mich, ich meinte wirklich ein Hirt zu sein, der eine antike Landschaft mit seinem Spiel erfüllte, vielleicht auch ein geliebtes Mädchen wußte mir ein sonderbares Instrument zu verschaffen, das zur Not eine phrygische Hirtenflöte darstellen konnte, und ich saß viele Stunden allein zu Hause, um mich darauf einzuüben. Dazwischen mußte ich wieder Chamotte trösten, daß ich ihn diesmal wohl nicht gut mitnehmen könnte. Einen Abend waren wir bei Hofmanns und halfen ein wenig bei den Zurüstungen. Dabei ging es heiter und lebendig her, es wurden keine dunkeln Gespräche geführt, und beide waren von einer wirklich herzlichen, zwanglosen Liebenswürdigkeit, so daß ich mich recht wohl fühlte. (Das dritte Zimmer stand an diesem Tage offen, aber es war niemand darin.) Die Mädchen sprachen halb im Scherz davon, wie ich mich mit dem Flötenblasen abmühe, man neckte mich damit und fand es sehr anerkennenswert. Bei diesem Gespräch sah der Professor mich zum erstenmal richtig an, und ich hatte einen Moment das Gefühl, als verstände er vielleicht etwas von dem, was in mir lebt, anstatt wie bisher mich einfach mit dem Vermerk abzutun, ich sei ein wundervoller Mensch. Dann war schließlich der Tag herangekommen, — ich saß noch bis zur Dämmerung zu Hause am Fenster und blies auf meiner Flöte. Dabei kam eine ganz verträumte Stimmung über mich, ich meinte wirklich ein Hirt zu sein, der eine antike Landschaft mit seinem Spiel erfüllte, vielleicht auch ein geliebtes Mädchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="119"/> wußte mir ein sonderbares Instrument zu verschaffen, das zur Not eine phrygische Hirtenflöte darstellen konnte, und ich saß viele Stunden allein zu Hause, um mich darauf einzuüben. Dazwischen mußte ich wieder Chamotte trösten, daß ich ihn diesmal wohl nicht gut mitnehmen könnte.</p> <p>Einen Abend waren wir bei Hofmanns und halfen ein wenig bei den Zurüstungen. Dabei ging es heiter und lebendig her, es wurden keine dunkeln Gespräche geführt, und beide waren von einer wirklich herzlichen, zwanglosen Liebenswürdigkeit, so daß ich mich recht wohl fühlte. (Das dritte Zimmer stand an diesem Tage offen, aber es war niemand darin.) Die Mädchen sprachen halb im Scherz davon, wie ich mich mit dem Flötenblasen abmühe, man neckte mich damit und fand es sehr anerkennenswert. Bei diesem Gespräch sah der Professor mich zum erstenmal richtig an, und ich hatte einen Moment das Gefühl, als verstände er vielleicht etwas von dem, was in mir lebt, anstatt wie bisher mich einfach mit dem Vermerk abzutun, ich sei ein wundervoller Mensch.</p> <p>Dann war schließlich der Tag herangekommen, — ich saß noch bis zur Dämmerung zu Hause am Fenster und blies auf meiner Flöte. Dabei kam eine ganz verträumte Stimmung über mich, ich meinte wirklich ein Hirt zu sein, der eine antike Landschaft mit seinem Spiel erfüllte, vielleicht auch ein geliebtes Mädchen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0123]
wußte mir ein sonderbares Instrument zu verschaffen, das zur Not eine phrygische Hirtenflöte darstellen konnte, und ich saß viele Stunden allein zu Hause, um mich darauf einzuüben. Dazwischen mußte ich wieder Chamotte trösten, daß ich ihn diesmal wohl nicht gut mitnehmen könnte.
Einen Abend waren wir bei Hofmanns und halfen ein wenig bei den Zurüstungen. Dabei ging es heiter und lebendig her, es wurden keine dunkeln Gespräche geführt, und beide waren von einer wirklich herzlichen, zwanglosen Liebenswürdigkeit, so daß ich mich recht wohl fühlte. (Das dritte Zimmer stand an diesem Tage offen, aber es war niemand darin.) Die Mädchen sprachen halb im Scherz davon, wie ich mich mit dem Flötenblasen abmühe, man neckte mich damit und fand es sehr anerkennenswert. Bei diesem Gespräch sah der Professor mich zum erstenmal richtig an, und ich hatte einen Moment das Gefühl, als verstände er vielleicht etwas von dem, was in mir lebt, anstatt wie bisher mich einfach mit dem Vermerk abzutun, ich sei ein wundervoller Mensch.
Dann war schließlich der Tag herangekommen, — ich saß noch bis zur Dämmerung zu Hause am Fenster und blies auf meiner Flöte. Dabei kam eine ganz verträumte Stimmung über mich, ich meinte wirklich ein Hirt zu sein, der eine antike Landschaft mit seinem Spiel erfüllte, vielleicht auch ein geliebtes Mädchen
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Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/123>, abgerufen am 03.07.2024. |