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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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in Wuth. Aber zum Glück hat eben diese ihn geret-
tet. Man dachte bald darauf auch auf mich. Und
da ich nicht hier und bey meinem Vater zugleich seyn
kann, so hielt man mich meiner Abwesenheit wegen
für ihren Entführer. Der Herr von B-m-t ließ
mir daher den Prozeß machen und ich hänge jetzt im
Bildniße auf dem Markte zu Grenobel am Galgen.
Dieß hinderte mich, vor ihrem Vater zu erscheinen,
und ihn von ihrem Schicksal zu unterrichten. Jch
habe die nöthigen Schreibematerialien mitgebracht;
schreiben sie also dieser Tage einen Brief, den ich ihm
bey der ersten schicklichen Gelegenheit bringen, und
auf dem großen Balcon des Schloßes legen will,
daß er ihn, wenn er nach gewöhnlicher Art seine
Morgenpfeife Taback allda rauchen will, finde. Doch
darf ich nicht so zeitig von hier weggehn, denn ich
habe sichre Spuren, daß der Großvogel sich noch
hierum aufhält, denn als ich mich auf unsern Berg
niederließ, ward ich einen neuen Einwohner gewahr,
der durch niemand anders als durch ihn hieher ge-
bracht worden seyn kann; es ist ein artiger Pur-
sche, -- hier warf Victorin einen Blick auf die Kam-
merfrau -- der wie ich glaube, sich für die Kokete
gut schicken würde, -- wenn es der Herr Großvo-
gel auch für gut fände einen Priester her zu bringen,
der sie mit diesem neuen Ankömmling traute. ...
Aber ich entferne mich von dem was Mamsell mit so
heftigem Verlangen wissen wollen. -- Jhr Herr Va-
ter befindet sich wohl; es wird hinlänglich seyn ihm
einen Brief zu schreiben, um allen seinen Argwohn
zu zernichten, und ihm die völlige Wahrheit um-

ständlich



in Wuth. Aber zum Gluͤck hat eben dieſe ihn geret-
tet. Man dachte bald darauf auch auf mich. Und
da ich nicht hier und bey meinem Vater zugleich ſeyn
kann, ſo hielt man mich meiner Abweſenheit wegen
fuͤr ihren Entfuͤhrer. Der Herr von B-m-t ließ
mir daher den Prozeß machen und ich haͤnge jetzt im
Bildniße auf dem Markte zu Grenobel am Galgen.
Dieß hinderte mich, vor ihrem Vater zu erſcheinen,
und ihn von ihrem Schickſal zu unterrichten. Jch
habe die noͤthigen Schreibematerialien mitgebracht;
ſchreiben ſie alſo dieſer Tage einen Brief, den ich ihm
bey der erſten ſchicklichen Gelegenheit bringen, und
auf dem großen Balcon des Schloßes legen will,
daß er ihn, wenn er nach gewoͤhnlicher Art ſeine
Morgenpfeife Taback allda rauchen will, finde. Doch
darf ich nicht ſo zeitig von hier weggehn, denn ich
habe ſichre Spuren, daß der Großvogel ſich noch
hierum aufhaͤlt, denn als ich mich auf unſern Berg
niederließ, ward ich einen neuen Einwohner gewahr,
der durch niemand anders als durch ihn hieher ge-
bracht worden ſeyn kann; es iſt ein artiger Pur-
ſche, — hier warf Victorin einen Blick auf die Kam-
merfrau — der wie ich glaube, ſich fuͤr die Kokete
gut ſchicken wuͤrde, — wenn es der Herr Großvo-
gel auch fuͤr gut faͤnde einen Prieſter her zu bringen,
der ſie mit dieſem neuen Ankoͤmmling traute. …
Aber ich entferne mich von dem was Mamſell mit ſo
heftigem Verlangen wiſſen wollen. — Jhr Herr Va-
ter befindet ſich wohl; es wird hinlaͤnglich ſeyn ihm
einen Brief zu ſchreiben, um allen ſeinen Argwohn
zu zernichten, und ihm die voͤllige Wahrheit um-

ſtaͤndlich
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[66/0074] in Wuth. Aber zum Gluͤck hat eben dieſe ihn geret- tet. Man dachte bald darauf auch auf mich. Und da ich nicht hier und bey meinem Vater zugleich ſeyn kann, ſo hielt man mich meiner Abweſenheit wegen fuͤr ihren Entfuͤhrer. Der Herr von B-m-t ließ mir daher den Prozeß machen und ich haͤnge jetzt im Bildniße auf dem Markte zu Grenobel am Galgen. Dieß hinderte mich, vor ihrem Vater zu erſcheinen, und ihn von ihrem Schickſal zu unterrichten. Jch habe die noͤthigen Schreibematerialien mitgebracht; ſchreiben ſie alſo dieſer Tage einen Brief, den ich ihm bey der erſten ſchicklichen Gelegenheit bringen, und auf dem großen Balcon des Schloßes legen will, daß er ihn, wenn er nach gewoͤhnlicher Art ſeine Morgenpfeife Taback allda rauchen will, finde. Doch darf ich nicht ſo zeitig von hier weggehn, denn ich habe ſichre Spuren, daß der Großvogel ſich noch hierum aufhaͤlt, denn als ich mich auf unſern Berg niederließ, ward ich einen neuen Einwohner gewahr, der durch niemand anders als durch ihn hieher ge- bracht worden ſeyn kann; es iſt ein artiger Pur- ſche, — hier warf Victorin einen Blick auf die Kam- merfrau — der wie ich glaube, ſich fuͤr die Kokete gut ſchicken wuͤrde, — wenn es der Herr Großvo- gel auch fuͤr gut faͤnde einen Prieſter her zu bringen, der ſie mit dieſem neuen Ankoͤmmling traute. … Aber ich entferne mich von dem was Mamſell mit ſo heftigem Verlangen wiſſen wollen. — Jhr Herr Va- ter befindet ſich wohl; es wird hinlaͤnglich ſeyn ihm einen Brief zu ſchreiben, um allen ſeinen Argwohn zu zernichten, und ihm die voͤllige Wahrheit um- ſtaͤndlich

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/74>, abgerufen am 07.05.2024.