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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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ben. Er ließ sich von seiner außerordentlichen Hö-
he ein wenig nieder, doch so, daß er von den
Menschen nicht erkant werden konte, und sahe, daß
man diese armen Leute verbrennen wollte. Ob er sie
schon für Verbrecher hielt, so nahm er sich demun-
geachtet vor, sie zu befreien, und sie auf eine von den
wüsten Jnseln der christinischen Republik zu versezzen:
aber in kurzem ward er von diesem abscheulichen Opfer
unterrichtet. Hermantin wüthete. Er hielt einen
Augenblick auf dem Pallast des Jnquisitors und seiner
Gefährten und näherte sich dann allein dem Scheiter-
haufen. Man muß wissen, daß die christinischen Prin-
zen auf langen Reisen unter policirten Völkern einen
Panzer von Platina gegen die Kugeln tragen. Alle
Portugiesen hielten ihn bei seiner Ankunft für einen
Engel, machten das Kreuz und fielen auf die Knie.
Der Prinz konte die vornehmsten europäischen Spra-
chen: er band die Unglücklichen ohne Widerstand ab,
befahl ihnen den angewiesenen Weg zu folgen und ließ
sie nach dem Thore gehn, wo die andern Prinzen sie
aufs Schiff bringen solten: Alles dieses geschah in
der grösten Geschwindigkeit. Als sie in Sicherheit
waren, stieg Hermantin auf einen Scheiterhaufen und
hielt ihnen in portugiesischer Sprache eine Rede ange-
fült mit den heftigsten Vorwürfen.

"Unglückliche! die ihr eine sanfte und freiwillige
Religion bekent, welche Raserei treibt euch an, der
Gottheit solche abscheuliche Opfer zu bringen? Wel-
ches Ungeheur hat euch eingegeben den gemeinschaftli-
chen Vater der Wesen durch menschliche Opfer zu eh-

ren?
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ben. Er ließ ſich von ſeiner außerordentlichen Hoͤ-
he ein wenig nieder, doch ſo, daß er von den
Menſchen nicht erkant werden konte, und ſahe, daß
man dieſe armen Leute verbrennen wollte. Ob er ſie
ſchon fuͤr Verbrecher hielt, ſo nahm er ſich demun-
geachtet vor, ſie zu befreien, und ſie auf eine von den
wuͤſten Jnſeln der chriſtiniſchen Republik zu verſezzen:
aber in kurzem ward er von dieſem abſcheulichen Opfer
unterrichtet. Hermantin wuͤthete. Er hielt einen
Augenblick auf dem Pallaſt des Jnquiſitors und ſeiner
Gefaͤhrten und naͤherte ſich dann allein dem Scheiter-
haufen. Man muß wiſſen, daß die chriſtiniſchen Prin-
zen auf langen Reiſen unter policirten Voͤlkern einen
Panzer von Platina gegen die Kugeln tragen. Alle
Portugieſen hielten ihn bei ſeiner Ankunft fuͤr einen
Engel, machten das Kreuz und fielen auf die Knie.
Der Prinz konte die vornehmſten europaͤiſchen Spra-
chen: er band die Ungluͤcklichen ohne Widerſtand ab,
befahl ihnen den angewieſenen Weg zu folgen und ließ
ſie nach dem Thore gehn, wo die andern Prinzen ſie
aufs Schiff bringen ſolten: Alles dieſes geſchah in
der groͤſten Geſchwindigkeit. Als ſie in Sicherheit
waren, ſtieg Hermantin auf einen Scheiterhaufen und
hielt ihnen in portugieſiſcher Sprache eine Rede ange-
fuͤlt mit den heftigſten Vorwuͤrfen.

„Ungluͤckliche! die ihr eine ſanfte und freiwillige
Religion bekent, welche Raſerei treibt euch an, der
Gottheit ſolche abſcheuliche Opfer zu bringen? Wel-
ches Ungeheur hat euch eingegeben den gemeinſchaftli-
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[375/0383] ben. Er ließ ſich von ſeiner außerordentlichen Hoͤ- he ein wenig nieder, doch ſo, daß er von den Menſchen nicht erkant werden konte, und ſahe, daß man dieſe armen Leute verbrennen wollte. Ob er ſie ſchon fuͤr Verbrecher hielt, ſo nahm er ſich demun- geachtet vor, ſie zu befreien, und ſie auf eine von den wuͤſten Jnſeln der chriſtiniſchen Republik zu verſezzen: aber in kurzem ward er von dieſem abſcheulichen Opfer unterrichtet. Hermantin wuͤthete. Er hielt einen Augenblick auf dem Pallaſt des Jnquiſitors und ſeiner Gefaͤhrten und naͤherte ſich dann allein dem Scheiter- haufen. Man muß wiſſen, daß die chriſtiniſchen Prin- zen auf langen Reiſen unter policirten Voͤlkern einen Panzer von Platina gegen die Kugeln tragen. Alle Portugieſen hielten ihn bei ſeiner Ankunft fuͤr einen Engel, machten das Kreuz und fielen auf die Knie. Der Prinz konte die vornehmſten europaͤiſchen Spra- chen: er band die Ungluͤcklichen ohne Widerſtand ab, befahl ihnen den angewieſenen Weg zu folgen und ließ ſie nach dem Thore gehn, wo die andern Prinzen ſie aufs Schiff bringen ſolten: Alles dieſes geſchah in der groͤſten Geſchwindigkeit. Als ſie in Sicherheit waren, ſtieg Hermantin auf einen Scheiterhaufen und hielt ihnen in portugieſiſcher Sprache eine Rede ange- fuͤlt mit den heftigſten Vorwuͤrfen. „Ungluͤckliche! die ihr eine ſanfte und freiwillige Religion bekent, welche Raſerei treibt euch an, der Gottheit ſolche abſcheuliche Opfer zu bringen? Wel- ches Ungeheur hat euch eingegeben den gemeinſchaftli- chen Vater der Weſen durch menſchliche Opfer zu eh- ren? A a 4

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/383>, abgerufen am 23.11.2024.