Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.te, die ich nahm und fortging. Sie sahen mir nach, aber ich that, als ob ich darauf nicht ach- tete. Als ich eine Strecke weg war, verliessen einige den Haufen und liefen mir nach, bis etli- che funfzig Schritte von meiner Höhle, wo sie mich hineingehn sahen. Jch beobachtete sie ebenfals mit meinem Glase. Nachdem sie die Bäume be- zeichnet hatten, liefen sie geschwind wieder zurück. Aus Furcht vor einem Ueberfall setzt' ich mich in Vertheidigungsstand, unwillig über mich selbst, daß ich mich diesen Bockmenschen gezeigt hatte. Doch wollt' ich meine Gattin nicht erschrecken. Den andern Morgen sah' ich einige um meine Woh- nung herumstreichen; gleichwohl ging' ich wohlbe- wafnet auf den Fischfang. Sie sahen zu und schienen mit meinem Betragen sehr zufrieden, weil sie glaubten, ich ahmte sie nach. Um die Art mei- nes Fischfanges und meine Angel zu sehn, traten sie näher und bezeigten viel Verwunderung. Es war nämlich eine Schiffsangel, ganz verschieden von der ihrigen und weit bequemer. Als ich nach Hause ging, begaben sie sich ebenfals weg: ka- men aber, ob ich ihnen gleich Fische anbot, nicht heran. Um die nämliche Zeit langte mein kleiner reien O 4
te, die ich nahm und fortging. Sie ſahen mir nach, aber ich that, als ob ich darauf nicht ach- tete. Als ich eine Strecke weg war, verlieſſen einige den Haufen und liefen mir nach, bis etli- che funfzig Schritte von meiner Hoͤhle, wo ſie mich hineingehn ſahen. Jch beobachtete ſie ebenfals mit meinem Glaſe. Nachdem ſie die Baͤume be- zeichnet hatten, liefen ſie geſchwind wieder zuruͤck. Aus Furcht vor einem Ueberfall ſetzt’ ich mich in Vertheidigungsſtand, unwillig uͤber mich ſelbſt, daß ich mich dieſen Bockmenſchen gezeigt hatte. Doch wollt’ ich meine Gattin nicht erſchrecken. Den andern Morgen ſah’ ich einige um meine Woh- nung herumſtreichen; gleichwohl ging’ ich wohlbe- wafnet auf den Fiſchfang. Sie ſahen zu und ſchienen mit meinem Betragen ſehr zufrieden, weil ſie glaubten, ich ahmte ſie nach. Um die Art mei- nes Fiſchfanges und meine Angel zu ſehn, traten ſie naͤher und bezeigten viel Verwunderung. Es war naͤmlich eine Schiffsangel, ganz verſchieden von der ihrigen und weit bequemer. Als ich nach Hauſe ging, begaben ſie ſich ebenfals weg: ka- men aber, ob ich ihnen gleich Fiſche anbot, nicht heran. Um die naͤmliche Zeit langte mein kleiner reien O 4
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te, die ich nahm und fortging. Sie ſahen mir
nach, aber ich that, als ob ich darauf nicht ach-
tete. Als ich eine Strecke weg war, verlieſſen
einige den Haufen und liefen mir nach, bis etli-
che funfzig Schritte von meiner Hoͤhle, wo ſie mich
hineingehn ſahen. Jch beobachtete ſie ebenfals
mit meinem Glaſe. Nachdem ſie die Baͤume be-
zeichnet hatten, liefen ſie geſchwind wieder zuruͤck.
Aus Furcht vor einem Ueberfall ſetzt’ ich mich in
Vertheidigungsſtand, unwillig uͤber mich ſelbſt, daß
ich mich dieſen Bockmenſchen gezeigt hatte. Doch
wollt’ ich meine Gattin nicht erſchrecken. Den
andern Morgen ſah’ ich einige um meine Woh-
nung herumſtreichen; gleichwohl ging’ ich wohlbe-
wafnet auf den Fiſchfang. Sie ſahen zu und
ſchienen mit meinem Betragen ſehr zufrieden, weil
ſie glaubten, ich ahmte ſie nach. Um die Art mei-
nes Fiſchfanges und meine Angel zu ſehn, traten
ſie naͤher und bezeigten viel Verwunderung. Es
war naͤmlich eine Schiffsangel, ganz verſchieden
von der ihrigen und weit bequemer. Als ich nach
Hauſe ging, begaben ſie ſich ebenfals weg: ka-
men aber, ob ich ihnen gleich Fiſche anbot, nicht
heran.
Um die naͤmliche Zeit langte mein kleiner
Schifferknabe an. So ſehr ich auch ſein Un-
gluͤck bedauerte, ſo war es doch ein groſſer Troſt
fuͤr mich ihn zu beſitzen. Jch bildete ſeinen Ver-
ſtand, ſo viel es mir moͤglich war, aus; und
es gluͤckte mir einen fuͤrtreflichen Mann aus ihm
zu ziehn. Er begleitete mich auf meinen Fiſche-
reien
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