Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.gewalt/ hohe Botmäßigkeit/ und völlige Herrschafft über sein Geschöpff zu erzeigen: und ob schon Scotus, Marsilius, Arriaga, Maurus, Thomas von Aquino q. 87. &c. solches nicht wollen zugeben/ so gestehen sie doch/ daß GOtt auch einen Unschuldigen könne heimsuchen mit zeitlicher Straffe: wie dann GOtt selbst spricht: Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer/ der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern bis in das dritte und vierdte Glied Exod. 20. v. 5. So geschicht dann mannigmahl die Straffe an den Kindern/ da die Eltern/ so die Sünde begangen/ schon der ewigen Freuden im Himmel geniessen: und lehren demnach auch die päbstische Theologi, daß diese Züchtigung Gottes keines weges seye eine Straffe/ dardurch der Mensch solle dem erzürnten GOtt eine Gnugthuung und Gnügen leisten: sondern es seye nur eine heylsahme Medicin Unschuldigen / eine Abhaltung und Abschrecken von weiteren Sünden/ und Väterliche Warnung: eine Hinwegräumung der gegebenen Aergernüsse so durch die Sünde geschehen/ eine Bezeugung der hohen Obergewalts in GOtt/ eine Erinnerung des Menschlichen Elends/ und Bedürfftigkeit der Hülff und des Beystands GOttes sc. Und also reden wir auch von der Straffe/ die einem büssenden Sünder aus Verhängnis GOttes rückständig bleibet/ nach dem ihm die Sünde aus lauter Gnaden durch die Verdienste Christi seynd verziehen und nachgelassen. III. Man findet doch viele Exempel in H. Schrifft/ da GOtt nach abgelegtem Zorn die schon verziehene Sünde hat abgestraffet: also wurde Adam/ wie auch dessen Nachkommlinge annoch heutiges Tages mit vielen Armseligkeiten wegen der begangenen Erb-Sünde von GOtt heimgesucht: also wurden Moyses und Aaron wegen ihres Mißtrauens von GOtt gestraffet/ daß sie nicht solten das Volck Israel hinein führen ins versprochene Land Num. 10. v. 12. so befahl so gar Gott dem Moyses/ er solte wegen dieses sein Verbrechen hinauf steigen auf den Berg Nebo und sterben/ wie sein Bruder Aaron gestorben war auf dem Berg Hor Deut. 32. v. 48. Und dannoch ware der Zorn Gottes schon gestillet/ und die Sünde beyden nachgelassen. So wurde auch David nach schon von GOtt verziehenem Ehebruch und Todtschlag dannoch gestraffet mit dem Tod seines Sohns 2. Reg. 12. v. II. Wiederum nach dem David durch einen Ubermuht sein Volck hatte lassen zehlen/ und ihm dieses sein Verbrechen schon von GOtt ware gnädigst nach gesehen und erlassen/ bliebe doch die Straffe rückständig / und wurde ihm von GOtt die Willkuhr und freye Wahl gestattet/ aus den dreyen Straffen / Hunger/ Krieg/ Pestilentz/ eine zu erwehlen 2. Reg. 24. v. 13. dergleichen Exempel man auch findet Exod. 33. Num. 14. und 26. 3. Reg. 12. &c. Antwort. Daß GOtt unterweilen auch nach Vergebung der Sünden den Menschen heimsuche mit Creutz und Elend/ solches laugnen wir nicht: daß aber diß eine Straffe seye/ dardurch GOTT solle versöhnet werden/ und wodurch der Mensch für GOtt solle oder könne gnug thuen / das können wir euch nicht gestehen/ dieweil es nachtheilig ist dem unendlichen Verdienst Christi/ welcher allein hierzu befugt ist/ und alle unsre Schuld mit der Straffe auf seinen unschuldigen Rücken genommen hat Esa 53. v. 6. Drum bleibt nur mit euren Exempeln fein stille zu Haus: dann sie dienen euch nicht das geringste zu eurem Vortheil. IV. Hat doch GOtt Mariä der Schwester Moysis/ weilen sie wieder ihren Bruder gemurmelt / auch nach dem sie von ihrem Aussatz wiederum ware gereiniget/ dannoch zur Buß und Straffe auferlegt/ daß sie solte vom Volck Israel abgesondert werden/ mit diesen Worten: Wann ihr Vater ihr ins Angesicht gespeyet hätte/ solte sie nicht sieben Tag sich schämen? Laß sie absondern sieben Tag aus dem Lager/ darnach soll sie wieder beruffen werden/ Num. 12, v. 14. gewalt/ hohe Botmäßigkeit/ und völlige Herrschafft über sein Geschöpff zu erzeigen: und ob schon Scotus, Marsilius, Arriaga, Maurus, Thomas von Aquino q. 87. &c. solches nicht wollen zugeben/ so gestehen sie doch/ daß GOtt auch einen Unschuldigen könne heimsuchen mit zeitlicher Straffe: wie dann GOtt selbst spricht: Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer/ der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern bis in das dritte und vierdte Glied Exod. 20. v. 5. So geschicht dann mannigmahl die Straffe an den Kindern/ da die Eltern/ so die Sünde begangen/ schon der ewigen Freuden im Himmel geniessen: und lehren demnach auch die päbstische Theologi, daß diese Züchtigung Gottes keines weges seye eine Straffe/ dardurch der Mensch solle dem erzürnten GOtt eine Gnugthuung und Gnügen leisten: sondern es seye nur eine heylsahme Medicin Unschuldigen / eine Abhaltung und Abschrecken von weiteren Sünden/ und Väterliche Warnung: eine Hinwegräumung der gegebenen Aergernüsse so durch die Sünde geschehen/ eine Bezeugung der hohen Obergewalts in GOtt/ eine Erinnerung des Menschlichen Elends/ und Bedürfftigkeit der Hülff und des Beystands GOttes sc. Und also reden wir auch von der Straffe/ die einem büssenden Sünder aus Verhängnis GOttes rückständig bleibet/ nach dem ihm die Sünde aus lauter Gnaden durch die Verdienste Christi seynd verziehen und nachgelassen. III. Man findet doch viele Exempel in H. Schrifft/ da GOtt nach abgelegtem Zorn die schon verziehene Sünde hat abgestraffet: also wurde Adam/ wie auch dessen Nachkommlinge annoch heutiges Tages mit vielen Armseligkeiten wegen der begangenen Erb-Sünde von GOtt heimgesucht: also wurden Moyses und Aaron wegen ihres Mißtrauens von GOtt gestraffet/ daß sie nicht solten das Volck Israel hinein führen ins versprochene Land Num. 10. v. 12. so befahl so gar Gott dem Moyses/ er solte wegen dieses sein Verbrechen hinauf steigen auf den Berg Nebo und sterben/ wie sein Bruder Aaron gestorben war auf dem Berg Hor Deut. 32. v. 48. Und dannoch ware der Zorn Gottes schon gestillet/ und die Sünde beyden nachgelassen. So wurde auch David nach schon von GOtt verziehenem Ehebruch und Todtschlag dannoch gestraffet mit dem Tod seines Sohns 2. Reg. 12. v. II. Wiederum nach dem David durch einen Ubermuht sein Volck hatte lassen zehlen/ und ihm dieses sein Verbrechen schon von GOtt ware gnädigst nach gesehen und erlassen/ bliebe doch die Straffe rückständig / und wurde ihm von GOtt die Willkuhr und freye Wahl gestattet/ aus den dreyen Straffen / Hunger/ Krieg/ Pestilentz/ eine zu erwehlen 2. Reg. 24. v. 13. dergleichen Exempel man auch findet Exod. 33. Num. 14. und 26. 3. Reg. 12. &c. Antwort. Daß GOtt unterweilen auch nach Vergebung der Sünden den Menschen heimsuche mit Creutz und Elend/ solches laugnen wir nicht: daß aber diß eine Straffe seye/ dardurch GOTT solle versöhnet werden/ und wodurch der Mensch für GOtt solle oder könne gnug thuen / das können wir euch nicht gestehen/ dieweil es nachtheilig ist dem unendlichen Verdienst Christi/ welcher allein hierzu befugt ist/ und alle unsre Schuld mit der Straffe auf seinen unschuldigen Rücken genommen hat Esa 53. v. 6. Drum bleibt nur mit euren Exempeln fein stille zu Haus: dann sie dienen euch nicht das geringste zu eurem Vortheil. IV. Hat doch GOtt Mariä der Schwester Moysis/ weilen sie wieder ihren Bruder gemurmelt / auch nach dem sie von ihrem Aussatz wiederum ware gereiniget/ dannoch zur Buß und Straffe auferlegt/ daß sie solte vom Volck Israel abgesondert werden/ mit diesen Worten: Wann ihr Vater ihr ins Angesicht gespeyet hätte/ solte sie nicht sieben Tag sich schämen? Laß sie absondern sieben Tag aus dem Lager/ darnach soll sie wieder beruffen werden/ Num. 12, v. 14. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0339" n="39"/> gewalt/ hohe Botmäßigkeit/ und völlige Herrschafft über sein Geschöpff zu erzeigen: und ob schon Scotus, Marsilius, Arriaga, Maurus, Thomas von Aquino q. 87. &c. solches nicht wollen zugeben/ so gestehen sie doch/ daß GOtt auch einen Unschuldigen könne heimsuchen mit zeitlicher Straffe: wie dann GOtt selbst spricht: Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer/ der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern bis in das dritte und vierdte Glied Exod. 20. v. 5. So geschicht dann mannigmahl die Straffe an den Kindern/ da die Eltern/ so die Sünde begangen/ schon der ewigen Freuden im Himmel geniessen: und lehren demnach auch die päbstische Theologi, daß diese Züchtigung Gottes keines weges seye eine Straffe/ dardurch der Mensch solle dem erzürnten GOtt eine Gnugthuung und Gnügen leisten: sondern es seye nur eine heylsahme Medicin Unschuldigen / eine Abhaltung und Abschrecken von weiteren Sünden/ und Väterliche Warnung: eine Hinwegräumung der gegebenen Aergernüsse so durch die Sünde geschehen/ eine Bezeugung der hohen Obergewalts in GOtt/ eine Erinnerung des Menschlichen Elends/ und Bedürfftigkeit der Hülff und des Beystands GOttes sc. Und also reden wir auch von der Straffe/ die einem büssenden Sünder aus Verhängnis GOttes rückständig bleibet/ nach dem ihm die Sünde aus lauter Gnaden durch die Verdienste Christi seynd verziehen und nachgelassen.</p> <p>III. Man findet doch viele Exempel in H. Schrifft/ da GOtt nach abgelegtem Zorn die schon verziehene Sünde hat abgestraffet: also wurde Adam/ wie auch dessen Nachkommlinge annoch heutiges Tages mit vielen Armseligkeiten wegen der begangenen Erb-Sünde von GOtt heimgesucht: also wurden Moyses und Aaron wegen ihres Mißtrauens von GOtt gestraffet/ daß sie nicht solten das Volck Israel hinein führen ins versprochene Land Num. 10. v. 12. so befahl so gar Gott dem Moyses/ er solte wegen dieses sein Verbrechen hinauf steigen auf den Berg Nebo und sterben/ wie sein Bruder Aaron gestorben war auf dem Berg Hor Deut. 32. v. 48. Und dannoch ware der Zorn Gottes schon gestillet/ und die Sünde beyden nachgelassen. So wurde auch David nach schon von GOtt verziehenem Ehebruch und Todtschlag dannoch gestraffet mit dem Tod seines Sohns 2. Reg. 12. v. II. Wiederum nach dem David durch einen Ubermuht sein Volck hatte lassen zehlen/ und ihm dieses sein Verbrechen schon von GOtt ware gnädigst nach gesehen und erlassen/ bliebe doch die Straffe rückständig / und wurde ihm von GOtt die Willkuhr und freye Wahl gestattet/ aus den dreyen Straffen / Hunger/ Krieg/ Pestilentz/ eine zu erwehlen 2. Reg. 24. v. 13. dergleichen Exempel man auch findet Exod. 33. Num. 14. und 26. 3. Reg. 12. &c.</p> <p>Antwort. Daß GOtt unterweilen auch nach Vergebung der Sünden den Menschen heimsuche mit Creutz und Elend/ solches laugnen wir nicht: daß aber diß eine Straffe seye/ dardurch GOTT solle versöhnet werden/ und wodurch der Mensch für GOtt solle oder könne gnug thuen / das können wir euch nicht gestehen/ dieweil es nachtheilig ist dem unendlichen Verdienst Christi/ welcher allein hierzu befugt ist/ und alle unsre Schuld mit der Straffe auf seinen unschuldigen Rücken genommen hat Esa 53. v. 6. Drum bleibt nur mit euren Exempeln fein stille zu Haus: dann sie dienen euch nicht das geringste zu eurem Vortheil.</p> <p>IV. Hat doch GOtt Mariä der Schwester Moysis/ weilen sie wieder ihren Bruder gemurmelt / auch nach dem sie von ihrem Aussatz wiederum ware gereiniget/ dannoch zur Buß und Straffe auferlegt/ daß sie solte vom Volck Israel abgesondert werden/ mit diesen Worten: Wann ihr Vater ihr ins Angesicht gespeyet hätte/ solte sie nicht sieben Tag sich schämen? Laß sie absondern sieben Tag aus dem Lager/ darnach soll sie wieder beruffen werden/ Num. 12, v. 14. </p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0339]
gewalt/ hohe Botmäßigkeit/ und völlige Herrschafft über sein Geschöpff zu erzeigen: und ob schon Scotus, Marsilius, Arriaga, Maurus, Thomas von Aquino q. 87. &c. solches nicht wollen zugeben/ so gestehen sie doch/ daß GOtt auch einen Unschuldigen könne heimsuchen mit zeitlicher Straffe: wie dann GOtt selbst spricht: Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer/ der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern bis in das dritte und vierdte Glied Exod. 20. v. 5. So geschicht dann mannigmahl die Straffe an den Kindern/ da die Eltern/ so die Sünde begangen/ schon der ewigen Freuden im Himmel geniessen: und lehren demnach auch die päbstische Theologi, daß diese Züchtigung Gottes keines weges seye eine Straffe/ dardurch der Mensch solle dem erzürnten GOtt eine Gnugthuung und Gnügen leisten: sondern es seye nur eine heylsahme Medicin Unschuldigen / eine Abhaltung und Abschrecken von weiteren Sünden/ und Väterliche Warnung: eine Hinwegräumung der gegebenen Aergernüsse so durch die Sünde geschehen/ eine Bezeugung der hohen Obergewalts in GOtt/ eine Erinnerung des Menschlichen Elends/ und Bedürfftigkeit der Hülff und des Beystands GOttes sc. Und also reden wir auch von der Straffe/ die einem büssenden Sünder aus Verhängnis GOttes rückständig bleibet/ nach dem ihm die Sünde aus lauter Gnaden durch die Verdienste Christi seynd verziehen und nachgelassen.
III. Man findet doch viele Exempel in H. Schrifft/ da GOtt nach abgelegtem Zorn die schon verziehene Sünde hat abgestraffet: also wurde Adam/ wie auch dessen Nachkommlinge annoch heutiges Tages mit vielen Armseligkeiten wegen der begangenen Erb-Sünde von GOtt heimgesucht: also wurden Moyses und Aaron wegen ihres Mißtrauens von GOtt gestraffet/ daß sie nicht solten das Volck Israel hinein führen ins versprochene Land Num. 10. v. 12. so befahl so gar Gott dem Moyses/ er solte wegen dieses sein Verbrechen hinauf steigen auf den Berg Nebo und sterben/ wie sein Bruder Aaron gestorben war auf dem Berg Hor Deut. 32. v. 48. Und dannoch ware der Zorn Gottes schon gestillet/ und die Sünde beyden nachgelassen. So wurde auch David nach schon von GOtt verziehenem Ehebruch und Todtschlag dannoch gestraffet mit dem Tod seines Sohns 2. Reg. 12. v. II. Wiederum nach dem David durch einen Ubermuht sein Volck hatte lassen zehlen/ und ihm dieses sein Verbrechen schon von GOtt ware gnädigst nach gesehen und erlassen/ bliebe doch die Straffe rückständig / und wurde ihm von GOtt die Willkuhr und freye Wahl gestattet/ aus den dreyen Straffen / Hunger/ Krieg/ Pestilentz/ eine zu erwehlen 2. Reg. 24. v. 13. dergleichen Exempel man auch findet Exod. 33. Num. 14. und 26. 3. Reg. 12. &c.
Antwort. Daß GOtt unterweilen auch nach Vergebung der Sünden den Menschen heimsuche mit Creutz und Elend/ solches laugnen wir nicht: daß aber diß eine Straffe seye/ dardurch GOTT solle versöhnet werden/ und wodurch der Mensch für GOtt solle oder könne gnug thuen / das können wir euch nicht gestehen/ dieweil es nachtheilig ist dem unendlichen Verdienst Christi/ welcher allein hierzu befugt ist/ und alle unsre Schuld mit der Straffe auf seinen unschuldigen Rücken genommen hat Esa 53. v. 6. Drum bleibt nur mit euren Exempeln fein stille zu Haus: dann sie dienen euch nicht das geringste zu eurem Vortheil.
IV. Hat doch GOtt Mariä der Schwester Moysis/ weilen sie wieder ihren Bruder gemurmelt / auch nach dem sie von ihrem Aussatz wiederum ware gereiniget/ dannoch zur Buß und Straffe auferlegt/ daß sie solte vom Volck Israel abgesondert werden/ mit diesen Worten: Wann ihr Vater ihr ins Angesicht gespeyet hätte/ solte sie nicht sieben Tag sich schämen? Laß sie absondern sieben Tag aus dem Lager/ darnach soll sie wieder beruffen werden/ Num. 12, v. 14.
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/339>, abgerufen am 31.07.2024. |