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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Babylon brennen und löschen nicht? Warum schläfft und schlummert immerhin bey solchem Aufruhr der Simon zu Rom in seiner gewöhnlichen Schlaff-Sucht? Im übrigen auf deu obangezogenen Einwurff kurtz zu antworten: der angeführte Spruch Joh. 20. beweiset nicht das geringste von Einsatzung einiges Sacraments: sondern zielet nur auf das kräftige Predig-Ampt der Aposteln. Die obbenennte Concilia aber seynd bey uns in keinem Ansehen: sondern GOtt und sein Wort ist die eintzige Richtschnur unsers Glaubens. Summa weilen die päbstische Kirch wegen ihres treulosen Abwichs von GOttes Wort mit lauter Irrthümeren ist überschwemmets/ so hat sie auch den Articul von der Buß mit ihren Irrthümeren besudelt: Wie diß ordentlich allhie soll erwiesen werden. Ist demnach

Der erste Irrthum der Papisten

Wegen der Krafft der Buß die Sünde zu vertilgen.

DEr erste Irrthum so der Römische Pabst in dem Articul von der Buß wider Gottes Wort hat eingeflickt/ ist dieser: daß nemlich von den Papisten erfodert wird nicht allein die Reue bloß als nöhtig zur Buß/ sondern auch der Werth und Verdienst der Reue so hoch wird gesteigert/ daß man ihr die Krafft zumisset die Sünee auszutilgen und zu versöhnen. So sie nennen Meritum de congruo.

Dis letztere aber halten wir billig für unrecht und Gottslästerisch/ und schreiben Christo bloß und allein zu die Vertilgung und Versöhnung unsrer Sünden/ als welchen unsere Missethat getragen hat/ und um unser Sünden willen geschlagen ist. Esa. 35. Er hat die Kelter allein getreten. Es. 63 v. 3. Dessen Verdienst durch den Glauben ergriffen uns wird zugerechnet zur Gerechtigkeit/ wie schon daroben in dem Articul von der Rechtfertigung des Menschen ausführlicher ist erwiesen worden. Ist also und bleibt die Lehr der Papisten von der Krafft der Reue/ die Sünde zu vertilgen und zu versöhnen/ ein gefährlicher Abwich so wohl von der Warheit/ als reinem und aufrichtigen Vertrauen auf die Verdiensten Christi.

Zweyter Irrthum.

Wegen gewisser Vollkommenheit der Buß.

ES setzen auch die Papisten der Reu ihr gewisses Ziel und Maaß/ und bestimmte Vollkommenheit/ nach welcher Vollkommenheit die Vergebung der Sünden von GOtt abgemessen werde.

Wir aber und Gottes Wort wissen von solcher vermeinter Vollkommenheit nichts: Sintemal wann eine gewisse Vollkommenheit zu der Reue solte erfordert werden/ so müste ja ein armer Sünder/ wegen Ungewißheit/ ob er die erforderte Vollkommenheit der Reue erreicht habe/ immerdar wancken in ungewissem Zweifelmuht/ und sich immerhin martyren lassen auf der Gewissens-Pfolter. Ja hierdurch erwüchse nur Anlaß und Verzweifflung/ weilen der Sünder nicht gewiesen wird auf die einige vollkommene Gnugthuung Christi: sondern vielmehr auf seine eigene ungewisse/ ja nichtige vermeinte vollkommene Reu und Leyd seiner Sünden / und also dem beängstigten Gewissen immerhin der so gütige GOtt und liebreichster Vatter als ein tyrannischer Stockmeister für Augen schweben muß. Ist demnach diese Irr-Lehr der Papisten nur ein gefährlicher Fall-strick der Seelen.

Babylon brennen und löschen nicht? Warum schläfft und schlummert immerhin bey solchem Aufruhr der Simon zu Rom in seiner gewöhnlichen Schlaff-Sucht? Im übrigen auf deu obangezogenen Einwurff kurtz zu antworten: der angeführte Spruch Joh. 20. beweiset nicht das geringste von Einsatzung einiges Sacraments: sondern zielet nur auf das kräftige Predig-Ampt der Aposteln. Die obbenennte Concilia aber seynd bey uns in keinem Ansehen: sondern GOtt und sein Wort ist die eintzige Richtschnur unsers Glaubens. Summa weilen die päbstische Kirch wegen ihres treulosen Abwichs von GOttes Wort mit lauter Irrthümeren ist überschwemmets/ so hat sie auch den Articul von der Buß mit ihren Irrthümeren besudelt: Wie diß ordentlich allhie soll erwiesen werden. Ist demnach

Der erste Irrthum der Papisten

Wegen der Krafft der Buß die Sünde zu vertilgen.

DEr erste Irrthum so der Römische Pabst in dem Articul von der Buß wider Gottes Wort hat eingeflickt/ ist dieser: daß nemlich von den Papisten erfodert wird nicht allein die Reue bloß als nöhtig zur Buß/ sondern auch der Werth und Verdienst der Reue so hoch wird gesteigert/ daß man ihr die Krafft zumisset die Sünee auszutilgen und zu versöhnen. So sie nennen Meritum de congruo.

Dis letztere aber halten wir billig für unrecht und Gottslästerisch/ und schreiben Christo bloß und allein zu die Vertilgung und Versöhnung unsrer Sünden/ als welchen unsere Missethat getragen hat/ und um unser Sünden willen geschlagen ist. Esa. 35. Er hat die Kelter allein getreten. Es. 63 v. 3. Dessen Verdienst durch den Glauben ergriffen uns wird zugerechnet zur Gerechtigkeit/ wie schon daroben in dem Articul von der Rechtfertigung des Menschen ausführlicher ist erwiesen worden. Ist also und bleibt die Lehr der Papisten von der Krafft der Reue/ die Sünde zu vertilgen und zu versöhnen/ ein gefährlicher Abwich so wohl von der Warheit/ als reinem und aufrichtigen Vertrauen auf die Verdiensten Christi.

Zweyter Irrthum.

Wegen gewisser Vollkommenheit der Buß.

ES setzen auch die Papisten der Reu ihr gewisses Ziel und Maaß/ und bestimmte Vollkommenheit/ nach welcher Vollkommenheit die Vergebung der Sünden von GOtt abgemessen werde.

Wir aber und Gottes Wort wissen von solcher vermeinter Vollkommenheit nichts: Sintemal wann eine gewisse Vollkommenheit zu der Reue solte erfordert werden/ so müste ja ein armer Sünder/ wegen Ungewißheit/ ob er die erforderte Vollkommenheit der Reue erreicht habe/ immerdar wancken in ungewissem Zweifelmuht/ und sich immerhin martyren lassen auf der Gewissens-Pfolter. Ja hierdurch erwüchse nur Anlaß und Verzweifflung/ weilen der Sünder nicht gewiesen wird auf die einige vollkommene Gnugthuung Christi: sondern vielmehr auf seine eigene ungewisse/ ja nichtige vermeinte vollkommene Reu und Leyd seiner Sünden / und also dem beängstigten Gewissen immerhin der so gütige GOtt und liebreichster Vatter als ein tyrannischer Stockmeister für Augen schweben muß. Ist demnach diese Irr-Lehr der Papisten nur ein gefährlicher Fall-strick der Seelen.

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        <p>Zweyter Irrthum.</p>
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[37/0337] Babylon brennen und löschen nicht? Warum schläfft und schlummert immerhin bey solchem Aufruhr der Simon zu Rom in seiner gewöhnlichen Schlaff-Sucht? Im übrigen auf deu obangezogenen Einwurff kurtz zu antworten: der angeführte Spruch Joh. 20. beweiset nicht das geringste von Einsatzung einiges Sacraments: sondern zielet nur auf das kräftige Predig-Ampt der Aposteln. Die obbenennte Concilia aber seynd bey uns in keinem Ansehen: sondern GOtt und sein Wort ist die eintzige Richtschnur unsers Glaubens. Summa weilen die päbstische Kirch wegen ihres treulosen Abwichs von GOttes Wort mit lauter Irrthümeren ist überschwemmets/ so hat sie auch den Articul von der Buß mit ihren Irrthümeren besudelt: Wie diß ordentlich allhie soll erwiesen werden. Ist demnach Der erste Irrthum der Papisten Wegen der Krafft der Buß die Sünde zu vertilgen. DEr erste Irrthum so der Römische Pabst in dem Articul von der Buß wider Gottes Wort hat eingeflickt/ ist dieser: daß nemlich von den Papisten erfodert wird nicht allein die Reue bloß als nöhtig zur Buß/ sondern auch der Werth und Verdienst der Reue so hoch wird gesteigert/ daß man ihr die Krafft zumisset die Sünee auszutilgen und zu versöhnen. So sie nennen Meritum de congruo. Dis letztere aber halten wir billig für unrecht und Gottslästerisch/ und schreiben Christo bloß und allein zu die Vertilgung und Versöhnung unsrer Sünden/ als welchen unsere Missethat getragen hat/ und um unser Sünden willen geschlagen ist. Esa. 35. Er hat die Kelter allein getreten. Es. 63 v. 3. Dessen Verdienst durch den Glauben ergriffen uns wird zugerechnet zur Gerechtigkeit/ wie schon daroben in dem Articul von der Rechtfertigung des Menschen ausführlicher ist erwiesen worden. Ist also und bleibt die Lehr der Papisten von der Krafft der Reue/ die Sünde zu vertilgen und zu versöhnen/ ein gefährlicher Abwich so wohl von der Warheit/ als reinem und aufrichtigen Vertrauen auf die Verdiensten Christi. Zweyter Irrthum. Wegen gewisser Vollkommenheit der Buß. ES setzen auch die Papisten der Reu ihr gewisses Ziel und Maaß/ und bestimmte Vollkommenheit/ nach welcher Vollkommenheit die Vergebung der Sünden von GOtt abgemessen werde. Wir aber und Gottes Wort wissen von solcher vermeinter Vollkommenheit nichts: Sintemal wann eine gewisse Vollkommenheit zu der Reue solte erfordert werden/ so müste ja ein armer Sünder/ wegen Ungewißheit/ ob er die erforderte Vollkommenheit der Reue erreicht habe/ immerdar wancken in ungewissem Zweifelmuht/ und sich immerhin martyren lassen auf der Gewissens-Pfolter. Ja hierdurch erwüchse nur Anlaß und Verzweifflung/ weilen der Sünder nicht gewiesen wird auf die einige vollkommene Gnugthuung Christi: sondern vielmehr auf seine eigene ungewisse/ ja nichtige vermeinte vollkommene Reu und Leyd seiner Sünden / und also dem beängstigten Gewissen immerhin der so gütige GOtt und liebreichster Vatter als ein tyrannischer Stockmeister für Augen schweben muß. Ist demnach diese Irr-Lehr der Papisten nur ein gefährlicher Fall-strick der Seelen.

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/337>, abgerufen am 27.11.2024.